Test: Apple Arcade

Die Apple Arcade bringt all das zurück, was früher an Spielen so toll war – nur günstiger. Und besser. [...]

Der Xbox-Controller am Apple TV: Kann es noch besser werden? (c) Apple

Die Smartphones haben die Spiele-Branche umgekrempelt. Doch leider gab es zu viele Spiele, sodass die Leute nicht mehr bezahlen wollten. Die Publisher machten die Spiele deshalb gratis, schufen die In-App-Käufe und die Abos. Den Spielern blieb nichts anderes übrig, als für 20 echte Franken einen virtuellen Sack Diamanten zu kaufen, um weiterhin ihrem Hobby frönen zu können. Die Spieler hassten natürlich die Publisher für dieses Gebaren – aber das Geschäftsmodell der Publisher liess keinen Zweifel daran offen, dass sie die Spieler mindestens genauso hassten.

Apple Arcade

Doch das ist nicht das Ende der Geschichte, denn die Apple Arcade bringt all das zurück, was wir an mobilen Spielen einst so toll fanden. Allein die Eckdaten lassen erahnen, dass sich hier alles zum Guten wendet:

Preis. Die Arcade ist ein Abo-Dienst für 6 Franken im Monat.

Familie. Durch die Familienfreigabe kann die ganze Familie den Dienst ohne Aufpreis nutzen.

Auswahl. Zurzeit sind rund 100 Spiele verfügbar, Tendenz schnell steigend.

Abos. Es gibt keine Abos innerhalb der Spiele.

Werbung. Es gibt keine Werbung innerhalb der Spiele.

In-App-Käufe. Es gibt keine In-App-Käufe innerhalb der Spiele.

Verbindung. Alle Spiele lassen sich offline, also ohne Internet-Verbindung spielen.

Diskretion. Die Publisher erhalten keine Daten über Sie oder Ihre Familie.

Plattformen. Die Spiele funktionieren auf dem iPhone, iPad, iPod touch, dem Mac und dem Apple TV.

Synchronisierung. Durch die Synchronisierung via GameCenter können Sie ein Spiel im Zug auf dem iPhone spielen, zuhause das Apple TV anwerfen und dort weitermachen, wo Sie aufgehört haben.

Controller. Die Spiele unterstützen die Controller der PlayStation 4 und der Xbox One und alle bereits bisher MFi-zertifizierten Controller («Made for iPhone»).

Speicherstände. Speicherstände werden in der iCloud gesichert.

Das sollte eigentlich für die meisten Apple-Anwender reichen, um loszurennen und den Dienst zu abonnieren. Der erste Monat ist kostenlos und kann während dieser Zeit gekündigt werden, ohne dass Geld fliesst. Zur Arcade gelangen Sie, indem Sie am iOS-Gerät den App Store aufrufen und auf das entsprechende Symbol am unteren Rand tippen. Auf dem Apple TV wählen Sie hingegen das schwer zu übersehende Symbol auf der Startseite.

Exklusive Spiele

Alle Spiele in der Arcade sind gemäss Apple «exklusiv», aber das heisst nicht «einmalig». Die Spiele sind zum Beispiel nicht im regulären App Store ausserhalb der Arcade zu finden und schon gar nicht unter Android. Auch auf anderen mobilen Konsolen gibt es sie nicht. Allerdings sind einige wenige Spiele auf der Switch von Nintendo erhältlich, etwa das Spiel «Sayonara: Wild Hearts». Dort kostet der Titel im eShop 17 Franken – also fast so viel, wie die gesamte Arcade für drei Monate. Diese Beinahe-Exklusivität legt die Vermutung nahe, dass Apple die Switch nicht unbedingt als Konkurrenz betrachtet. Nintendo sieht das vermutlich anders.

Unbestritten ist die hingegen die Tatsache, dass Apple hunderte Millionen Dollar in verschiedene Entwicklerstudios gepumpt hat – entweder, um sie bei der Entwicklung zu unterstützen oder um die Titel exklusiv zu halten. Das alles zeigt, dass die Arcade weit mehr ist, als eine Sammlung bestehender Titel, die einfach im Paket noch einmal verscherbelt wird. (Ja, wir sehen in deine Richtung, GoogleGanz müder Versuch, Google!)

Was dürfen Sie erwarten?

Viel – sehr viel. Die Auswahl an Spielen ist jetzt schon fast unüberschaubar und ständig kommen neue hinzu. Natürlich sprechen nicht alle Spiele sämtliche Abonnenten an – aber bei dieser Auswahl darf man sich getrost in seine Nische zurückziehen, ohne dass die Gefahr besteht, dass man unterhaltungstechnisch verhungert. Es gibt Arcade-Spiele (war ja klar!), Simulationen, RPGs, Musikspiele, Actiontitel … bereits im kostenlosen Probemonat werden Sie nicht mehr wissen, wo Ihnen der Kopf steht.

Für Eltern kommt als Bonus hinzu, dass die Spiele nicht nur kinderfreundlich sind, sondern (wie bereits erwähnt) keine Abos oder In-App-Käufe anbieten. Deshalb können sich die Kleinen hemmungslos in der Arcade austoben, ohne dass Papi einen zweiten Job annehmen muss, um die Schulden abzustottern, die durch ganz viele Käufe von «Wagenladung Diamanten» entstanden sind.

Apple TV und die Controller

Meine liebste Eigenschaft an der Apple Arcade ist jedoch die Unterstützung für das Apple TV und für Controller. Denn Apple TV 4K war bis anhin in unserem Haushalt vor allem für zwei Aufgaben zuständig: Als Media-Center mit der hervorragenden App Infuse, die vermutlich die beste ihrer Art überhaupt ist. Und dann wurde die kleine schwarze Box natürlich verwendet, um Musik an den Receiver weiterzugeben, sowie unsere Fotos und Familienfilmchen wiederzugeben.

Für Spiele kam Apple TV hingegen nicht infrage: zu klein die Auswahl. Ausserdem unterstützten nur wenige Spiele die Verwendung eines griffigen Controllers, obwohl mit dem Nimbus von SteelSeries ein Eingabegerät dieser Art zum Einsatz kam, das ich aus eigener Erfahrung bedingungslos empfehle: Der Nimbus ist stabil, knarzt nicht, funktioniert perfekt mit dem Apple TV und liegt hervorragend in der Hand.

Mit der Arcade ist das alles Geschichte. Denn der Dienst setzt iOS 13 und tvOS 13 voraus – und diese Systeme bieten die Unterstützung für die beiden populärsten Controller auf dem Markt: den DualShock der Playstation 4 und den Controller der Xbox One. Und damit wird das Apple TV endlich zur vollwertigen Konsole für kleines Geld. Hätte Apple bloss schon 2014 auf uns gehört.

Wo hapert es sonst noch?

Das Spielerlebnis mit Apple TV und dem Xbox-Controller ist ein ungetrübtes und steht jenem einer konventionellen Konsole in nichts nach – jedenfalls fast. Wenn es zu Unstimmigkeiten kommt, sind die Entwickler der Spiele schuld.

So erklärt das Spiel «Hot Lava» die Steuerung auf dem Fernseher anhand der Apple Remote, obwohl der Spieler einen Xbox-Controller in der Hand hält. Wenn es dann losgeht, hilft nur hysterisches Knöpfedrücken um herauszufinden, welche Taste wozu gut ist. Aber wenn weiter nichts ist …

Tipp: Die Apple Remote, die dem Apple TV beiliegt, ist eine plastikgewordene Kriegserklärung an das Nervenkostüm des Benutzers. Verwenden Sie die Remote auf keinen Fall, um zu spielen. Kaufen einen richtigen Controller – sonst verpassen Sie den ganzen Spaß.

Den grössten Lapsus leistet sich ausgerechnet der grafische Vorzeigetitel «Ocean Horn 2», der unermüdlich als Zelda-Klon für die Arcade angepriesen wird: Für die Steuerung lässt sich die Y-Achse nicht umkehren, was bei vielen Spielern auf ein «Game Over» hinausläuft – nämlich bei all denen, die sich beim Umsehen fast die Finger brechen. Dabei würde diese Einstellung vermutlich etwa fünf Zeilen Code benötigen. Es bleibt nur zu hoffen, dass ein Update nachgereicht wird.

Fazit: ein Muss

Unter dem Strich ist die Arcade ein Dienst, an dem kein Weg vorbeiführt. Das gilt für Einzelkämpfer und erst recht für Familien mit Kindern, die Spiele im Akkord verschleissen: Für nur sechs Franken im Monat bekommen sie eine schnell wachsende Spielesammlung geboten, an deren Auswahl man verzweifeln möchte – und das ist durchaus positiv gemeint.

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