Am 28.10.2024 hat Apple das Update veröffentlicht, mit dem die AirPods Pro 2 zu Hörgeräten werden. Die IT Welt.at hat sich die Lösung näher angesehen und ausprobiert. [...]
Wohlbefinden und Gesundheit ist ein riesiger Markt wie der Erfolg der Apple Watch und anderer Smart Watches und Sportarmbänder zeigt. Jetzt hat sich Apple auch an eoine Lösung für besseres Hören herangewagt. Das Marktpotenzial ist gewaltig: Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation leben etwa 1,5 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt mit eingeschränktem Hörvermögen. In den USA sollen demnach 30 Millionen Erwachsene bestimmte Töne nicht mehr hören. Allerdings: Die wenigsten davon verwenden Hörgeräte. Der Hauptgrund: Die hohen Kosten, aber auch Eitelkeit oder gesellschaftliche Stigmatisierung sowie mangelndes Bewusstsein und oder Verständnis für den Ernst eines sich schwächer werdenden Hörvermögens.
Komplettlösung für Hörgesundheit
Apropos Hörvermögen: Hier verfolgt Apple einen ganzheitlichen Ansatz, der auch auf Vorbeugung beziehungsweise Lärmvermeidung sowie Schutz des Hörvermögens und Bewusstsein dafür setzt. Erst die letzte Stufe ist die Steigerung der Hörleistung durch Verwendung der AirPods Pro 2 als Hörhilfe.
Das Wissen dafür sammelte Apple durch jahrelange Arbeit im Bereich der Hörgesundheit, darunter die Geräusche App auf der Apple Watch, Kopfhörergeräuschpegel auf dem iPhone, Bedienungshilfen fürs Hörvermögen sowie die Apple Hearing Study.
Lärmvermeidung: Laut der Hearing Study von Apple ist eine von drei Personen regelmäßig lauten Umgebungsgeräuschen ausgesetzt, etwa Straßenlärm, der Rasenmäher bei der Gartenarbeit oder ein Popkonzert beziehungsweise eine Sportveranstaltung. Ist man öfters so einem Lärm ausgesetzt, kann sich das schlecht auf das Gehör auswirken. Träger und Trägerinnen der AirPods Pro 2 werden vor lauten Umgebungsgeräuschen geschützt, indem die Silikontips eine passive Geräuschminderung ermöglichen, und der H2-Chip aktiv lautere, eher unregelmäßige Geräusche 48.000 Mal pro Sekunde reduzieren. Der Clou dabei: der typische Klang des gerade gehörten bleibt erhalten. Die Reduktion lauter Geräusche ist standardmäßig im Transparenzmodus und Adaptivem Audio aktiv. Durch einen neuen Multiband-Algorithmus mit großem Dynamikbereich sollen Sounds bei Live-Events wie Konzerten natürlich und lebendig bleiben (diese Funktion wurde von der ITWelt.at nicht getestet).
Hörtest und Hörhilfe: Mit dem iOS-Update auf iOS 18.1 stellt Apple einen auf wissenschaftlichen Forschungen beruhenden Hörtest zur Verfügung. Dazu müssen die AirPods Pro mit einem kompatiblen iPhone oder iPad verbunden und die Umgebung sehr ruhig sein. Es werden Töne in verschiedenen Tonhöhen und -lautstärken vorgespielt und man muss eine Taste drücken, wenn man sie hört. Genauso funktionieren auch Hörtests beim HNO-Arzt oder bei Anbietern von Hörgeräten, wie Hansaton oder Neuroth. Der Test ist einfach durchzuführen, dauert ein paar Minuten und nutzt ein klinisches Standardverfahren namens Reintonaudiometrie sowie neue Erkenntnisse aus der Akustik. Nach vollendetem Test erhält man eine leicht verständliche Zusammenfassung der Ergebnisse in Form eines personalisierten Hörprofils für die AirPods Pro, das laut Apple privat und sicher in der Health App gespeichert wird.
Bescheinigt einem der Test ein hervorragendes Hörvermögen, darf man sich freuen und alles bleibt wie es ist. Ist das Ergebnis aber ein bereits leichter bis mäßig eingeschränkter Hörverlust, werden mithilfe des personalisierten Hörprofils, das beim Hörtest erstellt wurde, die AirPods Pro unmittelbar in eine Hörhilfe auf klinischem Niveau verwandelt. Nach dem Einrichten ermöglicht das Feature personalisierte dynamische Anpassungen, um die umgebenden Geräusche, wie Gespräche oder Fernsehfilme in Echtzeit für die User zu verstärken. Das funktioniert erstaunlich gut und erlaubt Menschen besser Gespräche zu verfolgen und zu führen und so voll am Leben um sie herum teilnehmen zu können.
De facto werden die AirPods Pro dadurch zu Over-The-Counter-(OTC) Hörgeräten, also Hörhilfen, die ohne ärztliche Verschreibung direkt in Geschäften oder online gekauft werden können. In den USA hat die FDA (Food and Drug Administration) die OTC-Hearing-Aid-Funktion zugelassen.
Wir haben die AirPods Pro als Hörgerät ausprobiert und finden, sie funktionieren – jedenfalls bei leichtem Hörverlust – erstaunlich gut. Die Höhen werden verstärkt und leicht zu verwechselnde Laute wie „s“ oder „f“ können leicht auseinander gehalten werden. Allerdings hört man auch das Klackern der Tastatur ungewöhnlich stark.
Natürlich: Die Hörtests bei den Hörgeräte-Anbietern sind noch genauer und die Hörgeräte werden individuell auf das Hörvermögen sowie den Tragekomfort angepasst. Bei schweren Höreinschränkungen wird es zu dedizierten Hörgeräten wohl auch keine Alternative gehen. Bei leichtem Hörverlust könnte man das Verhältnis von AirPods Pro zu speziell angepassten Hörgeräten vielleicht vergleichen mit Lesebrillen, die von der Stange gekauft werden oder vom Optiker angepassten Brillen. Beide helfen, Brillen vom Optiker sind individueller und korrigieren auch einen etwaigen Astigmatismus. Der Vergleich hinkt aber insofern, da auch die AirPods Pro (im Unterschied zu Lesebrillen aus dem Drogeriemarkt) durch den Hörtest an das jeweilige Hörvermögen angepasst wurden.
Natürlich zahlt sich ein Hörtest bei einem HNO-Arzt aus, da dieser neben der Feststellung des genauen Grades des Hörverlusts auch gegebenenfalls Ursachen wie Infektionen oder Schäden im Ohr feststellen kann. Dennoch: Der von Apple zur Verfügung gestellte Hörtest steht jedenfalls auf wissenschaftlichen Beinen und funktioniert sehr gut.
Sind die AirPods Pro 2 einmal angepasst, bleiben diese Einstellungen erhalten und müssen nicht jedes Mal neu konfiguriert werden. Natürlich kann man jederzeit wieder den Hörtest machen und die AirPods Pro gegebenenfalls erneut anpasssen.
Übrigens: Die Hörhilfefunktion lässt sich auch mit einem von Hörmedizinern oder-medizinerinnen erstellten Audiogramm einrichten. Sowohl der Hörtest als auch die Hörhilfefunktionen basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und sind im Rahmen strenger wissenschaftlicher Studien validiert worden.
Kleiner Tipp: Während Hörgeräte so designed sind, dass man sie möglichst nicht sieht, fallen die Air Pods Pro durchaus auf. Wer In-Ear-Kopfhörer trägt, symbolisiert oft damit, dass er eher nicht angesprochen werden will. Deswegen bedarf es in geselliger Runde oft einer kurzen Erklärung, dass man die Kopfhörer als Hörhilfe trägt.
Nach dem Hörtest können User ihr Hörprofil außerdem dazu verwenden, das Hörerlebnis auf den AirPods Pro zu personalisieren. Davon profitieren auch Menschen, deren Gehör kaum oder überhaupt nicht eingeschränkt ist, die aber bestimmte Anpassungen in einzelnen Frequenzbereichen nutzen können. Um das beste Hörerlebnis zu ermöglichen, gibt es die neue Medienunterstützung. Dieses Feature verstärkt bei Bedarf bestimmte Bereiche von Sprache bei einem Telefonanruf oder Instrumente in einem Soundtrack.
Eines ist Apple jedenfalls gelungen: Das Thema Hörvermögen/Hörverlust hat durch die AirPods Pro eine breitere Aufmerksamkeit erfahren.
Die Apple AirPods pro 2 kosten 279 Euro. Hörgeräte sind um ein Vielfaches dieses Preise erhältlich und können einige tausend Euro kosten.
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