Test: iPad 9. Gen. (2021)

Es wirkt so unscheinbar, dass man ihm nicht viel zutraut. Doch mit seinem Preis-Leistungsverhältnis hält es die Androiden erfolgreich auf Distanz. [...]

Das iPad 9 bietet alles, was die Schule von einem Tablet abverlangen kann (c) Apple Inc.

Das iPad Pro steht an der Spitze der Tablet-Meute und bringt so viel Leistung, dass es kaum mehr adäquat zu beschreiben ist. Doch es gibt Situationen, in denen man gerne ein wenig Leistung gegen einen fetten Rabatt tauschen möchte. Und an dieser Stelle wirft sich das iPad der 9. Generation in Pose: ohne Zusatz wie «light, «Pro», «mini» oder «glutenfrei». Es richtet sich an alle, die nicht zu viel Geld für ein Tablet ausgeben möchten – aber auch nicht auf die Vorzüge von iOS und das ganze Drumherum von Apple verzichten wollen. Doch vor allem für die Schule bringt es ideale Voraussetzungen für wenig Geld mit.

Altbacken oder bewährt?

Die große Taste mit der Touch ID wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen – und dieser Eindruck setzt sich bei den breiten Rändern fort. Das Display ist im Gegensatz zu den größeren Modellen nicht laminiert und wer mit dem Pencil oder einem Fingernagel anklopft, hört ein etwas hohles Geräusch, das nicht so sehr nach einer Glasscheibe klingt.

Und damit haben wir die größten Kritikpunkte auch schon hinter uns.

Die Ränder sind breit und die Touch ID augenfällig; aber das können sogar Vorteile sein, etwa, wenn eine Maske getragen werden muss (c) Apple Inc.

Die Kameras

Auch die Kamera ist ein wenig schwächer als im iPad Pro. Sie löst nur mit 8 Mpx auf und dreht maximal Full-HD-Videos mit 30 fps. Davon abgesehen bietet sie eine Menge: Apples herausragende HDR-Funktion, schnelle Serienbilder, einen Bildstabilisator und mehr. Für ein Tablet in dieser Preisklasse ist die Kamera tadellos.

Mehr noch: Sie ist im Gegensatz zur Kamera im iPad Pro flächenbündig verbaut. Nichts kippelt oder verkratzt den Holztisch. Ich würde die deutlich bessere Kamera im iPad Pro sofort gegen dieses abgespeckte Modell tauschen, LiDAR-Scanner inklusive. Denn wenn mir der Sinn nach 4K-Videos mit 60 fps und Dolby Vision HDR steht, nehme ich nicht das iPad zur Hand, sondern das iPhone aus der Tasche.

Die Kratzer auf dem Tisch stammen ganz sicher nicht von dieser Kamera (c) PCtipp.ch

Die vordere «Selfie-Kamera» ist sogar die bessere von beiden. Das zeigt sich bereits bei der Auflösung von 12 Mpx, während das iPad 8 noch mit mickerigen 1,2 Mpx klarkommen musste. Das Sichtfeld beträgt 122 Grad, was auf eine Brennweite von 28 Millimeter hinausläuft – also auf ein deutliches Weitwinkel. Die Verzerrungen, die dabei naturgemäß entstehen können, werden durch Software eindrücklich kompensiert.

Vor allem aber bietet das Weitwinkel genügend Spielraum für die Funktion «Center Stage», die von Apple staubtrocken mit «Folgemodus» übersetzt wird. Sie passt den Ausschnitt in einer fließenden Bewegung so an, dass die Person stets zentriert wird, auch wenn sie sich frei bewegt – und das wirkt sehr überzeugend.

Und so bietet das neue iPad alles für die neue Notwendigkeit, öfters vor die Kamera zu treten, um einem Videochat abzuhalten – entweder aus dem Home Office oder beim Unterricht zuhause.

Das neue Display

Wie schon beim Vorgänger durchmisst das Display 10,2 Zoll in der Diagonale. Die Auflösung von 2160×1620 Pixeln führt zu einer angenehmen Pixeldichte von 264 ppi. Vor allem aber handelt es sich um ein True-Tone-Display, das die Farbgebung automatisch an das Umgebungslicht anpasst und zu einem sehr angenehmen, entspannten Leseerlebnis führt, vor allem in den Abendstunden. Wer True Tone einmal am eigenen Auge erlebt hat, will nichts anderes mehr – und mit dem iPad 9 ist diese herausragende Eigenschaft im untersten Preissegment angekommen.

Die Diagonale wiederum bietet einen sehr gefälligen Kompromiss: Die Größe reicht problemlos aus, um auch komplexere Arbeiten anzugehen und ist doch kompakt genug, um das iPad zum ständigen Begleiter zu machen.

Unterstützung für den Pencil 1

Das Display unterstützt den ersten Apple Pencil, aber nicht den Pencil 2 – auch das hängt direkt von der Display-Technologie ab. Der Pencil 1 wird über den Lightning-Anschluss geladen, der sich unter der Kappe verbirgt. Das funktioniert tadellos und vor allem schnell: Innerhalb einer Minute wird der Stift so weit geladen, dass die nächste Schulstunde in trockenen Tüchern ist. Der Pencil 1 kostet 99 Euro.

Der Pencil 1 ist das beste Zubehör, das man sich für die Schule nur wünschen kann (c) Apple Inc.

Tipp: Allerdings ist der Pencil 1 für meinen Geschmack etwas zu sehr auf Hochglanz poliert und fühlt sich deshalb fast ein wenig rutschig an. Eine mögliche Art, dem zu begegnen, sind Skins: dünne Hüllen, die den Stift einfassen. Dieses Modell wird auf etsy.com angeboten und sorgt fast schon für einen klassischen Look:

Jetzt wird’s klassisch (c) Screenshot/PCtipp

App-Tipp: GoodNotes

Der Pencil läuft erst mit der richtigen App zur Bestform auf – und für die Schule gibt es kaum etwas Besseres als die App GoodNotes, aktuell in der Version 5. Diese App will ein Ersatz für klassische Notizbücher sein, in denen gezeichnet, gemalt und geschrieben wird. Dazu stehen verschiedene virtuelle Papiersorten zur Auswahl, Stifte, Radierer und die unverzichtbare Fotos-Integration. Good­Notes erkennt sogar handgeschriebene Texte und macht sie durchsuchbar.

Mit GoodNotes lässt sich hervorragend zeichnen und notieren – aber auch die PDF-Verwaltung ist eine Klasse für sich (c) GoodNotes

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. GoodNotes eignet sich auch hervorragend für die Verwaltung von PDFs. Durch seine Zoom-Funktion lassen sich auch kleinste Details mit dem Pencil beschreiben und markieren – und doch bleiben die Texte stets lesbar. GoodNotes ist in der Schule eine unbezahlbare Hilfe und doch unanständig günstig: Die gemeinsame Lizenz für iPad, iOS und macOS kostet einmalig nur 8 Euro.

Leistung satt

Im Inneren des iPads wirkt Apples A13 Bionic. Dieselbe CPU kommt auch im iPhone 11 (Pro) und im iPhone SE zum Einsatz. Dabei fühlt sich die Arbeit zu jeder Zeit sehr angenehm an, mit einer durchgehend flüssigen Darstellung und der erwarteten Reaktionsfreude. Bei klassischen Anwendungen wie Surfen, Fotos betrachten und Videos schneiden ist kaum ein Unterschied zum iPad Pro zu spüren – was aber auch daran liegt, dass der große Bruder mit seinen enormen Leistungsreserven für ganz andere Arbeiten gemacht ist. Das einzige, was sich für einen iPad-Pro-Anwender bemerkbar macht, ist das fehlende 120-Hz-Display – aber das ist nun wirklich ein Jammern auf höchstem Niveau.

In der Schule und bei ganz normalen Arbeiten (inklusive Videoschnitt) kann das iPad hingegen kaum an seine Grenzen gebracht werden. Auch das umfangreichste PDF wird flüssig bearbeitet und hochauflösende Filme mit 4K butterweich geschnitten und abgespielt.

Im wirklichen Leben sind vermutlich aufwendige Spiele die härteste Kost, die dem iPad vorgesetzt wird. Ich spiele eher selten an den mobilen Apple-Geräten, aber Asphalt 9: Legends zeigt eindrücklich, dass es mehr braucht, um das iPad an seine Grenzen zu bringen. Auch das Spiel Bloons TD6, bei dem in den höheren Levels hunderte von Objekten gleichzeitig über das Display wuseln, arbeitete das iPad mit stoischer Ruhe und ohne Ruckeln ab.

Das Rennspiel «Asphalt 9» zeigt auf dem iPad eine Grafik, wie man sie vor kurzem noch einer Spielkonsole zugetraut hätte (c) PCtipp.ch

Lautsprecher: naja

Apropos Spiele: Das iPad kommt mit Stereo-Lautsprechern, die an der unteren Stirnseite angebracht sind. Der Ton ist für dieses günstige iPad in Ordnung. Der Unterschied zum iPad Pro mit seinen 4 Lautsprechern wird jedoch überdeutlich, wenn das iPad im Querformat gehalten wird und die ganze Akustik von einer Seite herkommt. Bei solchen Einsätzen sind AirPods schwer angeraten – oder kabelgebundene Kopfhörer, die sich in der immer noch vorhandenen Klinkenbuchse einstöpseln lassen.

Kaufberatung

Bei der Bestellung wartet eine angenehme Überraschung: Apple hat den Speicher unter Beibehaltung des Preises verdoppelt. Das iPad 9 ist mit mindestens 64 GB Speicher ausgestattet, was für die allermeisten Anwendungen reicht, wenn das Gerät nicht exzessiv mit Videos vollgepumpt wird; in diesem Fall führt der Griff wohl eher zur 256-GB-Version, die 170 Euro mehr kostet. Doch während man sich früher nur dann auf der sicheren Seite wähnen konnte, wenn das Speicher-Upgrade hinzugenommen wurde, kann heute auch das kleine iPad mit gutem Gewissen empfohlen werden.

Das iPad versteht sich mit nahezu allen Bluetooth-Tastaturen, doch mit Apples «Smart Keyboard» für 179 Franken wirkt die Kombo wie aus einem Guss (c) Apple Inc.

Wie bei allen anderen iPads bietet Apple die Version «Wi-Fi», die sich nur im lokalen Netz mit dem Internet verwenden lässt. Die Version «Wi-Fi + Cellular» erhöht die Rechnung um 140 Euro: Sie bietet dafür nicht nur einen Steckplatz für eine SIM-Karte, sondern auch eine integrierte eSIM, mit der sich sehr einfach und spontan Datenkontingente kaufen lassen, ohne dass dazu mit winzigen Kärtchen hantiert werden muss. Das hat uns schon in den Ferien den Tag gerettet, wenn das Wi-Fi-Netz des Hotels unterirdisch, die Mobilempfang jedoch top war.

Und noch einen Unterschied gibt es: Weil sich die eSIM und das GPS-Modul auf demselben Chip befinden, ist nur das Modell «Wi-Fi + Cellular» für eine punktgenaue Ortung geeignet; das «Wi-Fi»-Modell orientiert sich lediglich an den umgebenden Wi-Fi-Netzen, was zu einer viel schlechteren Ortung führt – oder draussen im Felde zu gar keiner.

Fazit

Das iPad 9 ist zu diesem Preis schlicht sensationell: vom True-Tone-Display über das Tempo und den Pencil bis hin zur unerschöpflichen App-Auswahl stimmt hier einfach alles. Natürlich gibt es gute Gründe, um sich ein iPad mini oder ein iPad Pro anzuschaffen; aber wenn diese speziellen Anforderungen fehlen, greifen Sie hier bedenkenlos zu: Sie können nichts falsch machen.


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