Test: Smartphone Xiaomi Mi 9

Das Smartphone Mi9 von Xiaomi bietet Ähnliches wie Huaweis P30 oder Samsungs S10, kostet aber nur etwa die Hälfte. [...]

Xiaomi Mi9: das Display misst 6,39 Zoll. (c) PCTIPP

Es ist das Highend-Smartphone, kostet aber nur etwa die Hälfte von dem, was man für Geräte bekannter Smartphones von Apple, Samsung oder Huawei derzeit für ihre Spitzenmodelle hinblättern muss.

Gemeint ist das Xiaomi Mi9. Verkauft wird es, je nachdem, ob es sich um die 64-GB- oder 128-GB-Variante handelt, für einen Straßenpreis von ca. 450 bis 500 Euro. Das ist in Zeiten, in denen man für Topmodelle schnell mal 1000 Euro oder mehr bezahlen muss, ein sehr gewichtiges Argument. Zu kaufen gibt es das Gerät in verschiedenen Farben: Zum einen in Piano-Schwarz, Lavendel-Violett und Ozean-Blau. Wir haben für diesen Test das Piano-Schwarz-Modell vom Händler Digitec zum Test ausgehändigt bekommen. Ausgeliefert wurde, soviel vorweg, das Handy mit Android 9 («Pie»). Bereits beim Auspacken fällt zudem das faire Preis-Leistungsverhältnis des chinesischen Herstellers auf: Zum eigentlichen Smartphone mitgeliefert werden nämlich noch eine schicke Hülle, Stromadapter, Kabel und Beschrieb in Form eines kleinen Faltblattes.

Zuerst zu den Highlights des Gerätes, bevor in die Tiefe gegangen wird: Als Taktgeber ist einer der wohl derzeit schnellsten Prozessoren (Qualcomm Snapdragon 855) am Werk, dazu gesellt sich noch eine Triple-Kamera (verbaute Sensoren für ultraweite, Tele- und normale Weitwinkel-Aufnahmen inklusive eines zweifachen optischen Zooms). Zudem integriert der Hersteller in sein Spitzenmodell ein 20 Watt starke kabellose Schnell-Aufladefunktion. Und: Das Mi9 verfügt über einen In-screen-Fingerprint-Sensor – genauso, wie man es von den derzeitigen Spitzenmodellen von Apple, Samsung und Huawei her kennt.

Das Xiaomi hat schon etwas von einem Handschmeichler-Modell. Es ist für seine Grösse (ca. 15 × 0,7 × 7,5 cm, H × B × L) nicht nur mit einem Gewicht von 175 Gramm sehr leicht, sondern liegt dazu auch gut in der Hand. Zum Einsatz kommt ausserdem Conring Gorilla Glas der Stärke 6, sowie eine 23,4 cm grosse einteilige Saphirglas-Kameraabdeckung, so der Hersteller. Unseren Hosentaschentest absolviert es schonmal mit Bestnoten: Es fällt dank seines Gewichtes kaum auf, passt aber auch noch in kleinere Taschen. Die Ecken sind abgerundet, und vor allem sehr sauber verarbeitet.

echts oben finden sich die Laut-/Leiser-Tasten, darunter ist der Einschaltbutton. Als weiteren Button gibt es einen gegenüberliegenden, «KI»-Knopf (= Künstliche Intelligenz). Dabei handelt es sich um einen Knopf, mit dem sich das Handy etwa anhand des Google-Assistants respektive -Kontos erweitern lässt, um Termine, Wetter-Infos oder auch Verkehrsnachrichten zeitgenau und personalisiert geliefert zu bekommen. Auf der Unterseite ist, neben integrierten Stereo-Lautsprechern zudem eine USB-C-Schnittstelle, womit sich das Handy per mitgeliefertem Stromadapter via Kabel aufladen lässt. Ebenso zum Lieferumfang gehört ein USB-zu-Klinkenadapter, um einen klassischen Kopfhörer daran anzudocken zu können. Kurzum, eine wirklich runde Sache.

Die Ausstattung

Kommen wir zur Ausstattung. Das AMOLED-Display (!) löst mit 2340 × 1080 Pixeln auf. Die Punktdichte liegt bei starken 403 ppi (Pixel oper Inch). Xiaomi zieht das Display beim Mi9 bis etwa 2 Millimeter an die Gehäuseränder heran. Das Resultat ist ein Verhältnis von 90,7% von Bildschirm zum gesamten Handykörper. Der «Notch», also die Aussparung für die vordere Selfie-Kamera (Auflösung: 20 Mpx), befindet sich oben mittig und ist recht klein gehalten. Das Display selbst misst 6,39 Zoll und liegt damit auf der Höhe seiner Konkurrenz-Modelle von Huawei (P30-Pro-/P30), Samsung S10 und Apple (iPhone XS). Farben werden satt dargestellt, deren Verläufe und Präzision sind ebenso top – genauso wie man es von einem OLED-Bildschirm erwartet. Bei den rückseitig verbauten Triple-Kameras handelt es sich um einen 48 Megapixel grossen Sony-Sensor mit insgesamt drei Objektiven (Ultraweitwinkel, Teleobjektiv und normaler Weitwinkel). Gesteuert wird die Dreifachkamera per KI, womit überhaupt erst, so der Hersteller, hochpräzise, verzerrungsfreie und sogar Makrofotografie-Aufnahmen auf hohem Niveau möglich sein sollen.

Tempo, Tempo

Bei der Recheneinheit setzt Xiaomi auf eine Topneuheit: Zum Einsatz kommt der Snapdragon 855 des Herstellers Qualcomm. Und der hat es ins sich: Die Achtkern-Einheit (1 × 2,84 GHz, 3 × 2,42 GHz, 4 × 1,79 GHz) soll bei Spielen etwa 20 Prozent gegenüber anderen aktuellen Prozessoren in Front liegen. Dazu soll sie einen 45-prozentigen Zuwachs bei der reinen CPU-Leistung bieten sowie eine um bis zu 300 Prozent gesteigerte KI-Leistung ermöglichen. Starke Worte. Und was steckt tatsächlich dahinter? Viel! Der komplette 64-Bit-Chip besteht aus der CPU «Kyro 485» sowie der Grafikeinheit Adreno 640. Mit dem SoC (System on a Chip) sind sogar HDR10+-Videos in 4K-Auflösung möglich. Zudem sind als weitere Besonderheit ein 5G-Modem sowie das neue Wi-Fi-6 Bestandteil des Chips. Als Arbeitsspeicher stehen der Recheneinheit insgesamt 6 GB zur Seite.

Beim Akku, der eine Kapazität von 3300 mAh fasst, liegt das Handy deutlich hinter der Konkurrenz, was als positiven Effekt ein geringeres Gesamtgewicht ermöglicht, im Umkehrschluss aber auch ein Nachteil bezüglich der geringeren Akkulaufzeit sein kann. Hier ist sich Xiaomi, nach eigenem Bekunden, sicher, dass dies bezüglich der Akkulaufzeit kein Nachteil ist, da der verbaute Snapdragon-Chip deutlich sparsamer im Betrieb sei. Als weiteres Ausstattungshighlight gibt es zudem noch den Fingerabdrucksensor, der Teil des Bildschirms ist. Der Sicherheitssensor funktionierte im Test tadellos und vor allem sehr, sehr schnell. Die Einrichtung ist kinderleicht: Unter Einstellungen wird im Punkt Bildschirmsperre & Passwort zuerst der PIN festgelegt, danach der individuelle Fingerabdruck eingepflegt, indem dieser mehrmals (ca. 15 Mal) Stück für Stück aufgenommen wird. Das wars. Im Anschluss konnte das Telefon entweder per PIN oder Fingerabdruck entsperrt werden.

Benchmarks

Das Mi9 startet nicht nur innert 10 Sekunden (ohne SIM, PIN und Passwort-Schutz) sehr schnell. Vor allem im Betrieb zeigt sich das Gerät von der Sahneseite. Es reagiert ultraschnell, auch mehrere Apps lassen sich verzögerungsfrei öffnen.

Eines vorweg: Natürlich sind Benchmarks und Leistungsmessungen immer auch mit einer gesunden Portion Skepsis zu bewerten. Zu verführerisch sind die Möglichkeiten seitens Hersteller, ein Handy auf bekannte Leistungsapps zu optimieren. Dennoch macht der PCtipp auch hierbei ein paar wenige Stichproben, die uns in gewisser Weise über die Leistungsfähigkeit des Smartphones Aufschluss geben.

Gemessen wurden folgende Leistungswerte:

  • Antutu: 370’325 Punkte
  • 3DMark (Sling Shot Extreme – OpenGL ES): 5’503 Punkte
  • 3DMark (Shot Extreme  – Vulkan): 4’744 Punkte
  • Geekbench 4 (Single Core Score): 3’541 Punkte
  • Geekbench 4 (Multi-Core-Score): 11’250 Punkte

Damit gehört das Xiaomi Mi9 zu den schnellsten Geräten auf dem Markt. Tipp: Die detaillierten Messwerte finden Sie in der Bildergalerie.

Akkulaufzeit

Wir haben das Mi9 mit dem mitgelieferten Netzteil komplett aufgeladen. Das Mi9 unterstützt sowohl die kabelgebundene Schnellladefunktion «Quickcharge 4» wie auch die entsprechend kabellose Variante. Bezüglich der Akkulaufzeit kann das PCtipp-Testcenter, trotz des vergleichsweise «kleinen» Akkus, Entwarnung geben: Im Praxisbetrieb haben wir eine durchschnittliche Laufzeit von ca. 1 bis 1,5 Tage gemessen. Der Wert ist dabei hauptsächlich abhängig von der 4G-, WLAN- und Bluetooth-Nutzung sowie dem Streaming und Betrachten hochauflösender Videos. Unterm Strich aber auch hier ein guter Wert, dem wir dem Mi9 attestieren.

Fotos und Dound

Rückseitig verbaut sind eine 48 Mpx-Hauptlinse von Sony, ein Ultraweitwinkel-Sensor (16 Mpx) und ein 12-Mpx-Sensor, die Fotografierenden sogar ein optisches Zweifachzoom ermöglichen. Zur Seite gestellt werden ausserdem hilfreiche Fotofunktionen wie u.a. ein Laser-Autofokus oder auch ein Contrast-Detection-Focus-Mechanismus, um Schärfe und den Detailreichtum im aufgenommenen Foto zu stärken. Die Bilder machen einen guten bis sehr guten Eindruck.

Bei genügend Tageslicht sind die geschossenen Fotos respektive deren Farbübergänge, Details sowie der Kontrast auf sehr gutem Niveau. Bei eher mittelmässigen Lichtverhältnissen oder gar dunkler Umgebung lässt die Bildqualität aber sukzessive nach. Unterm Strich ist die Fotoqualität, um es im Verhältnis zu anderen Smartphone-Modellen zu stellen, immer noch auf prima Niveau. Um uns von der Qualität des zweifachen, optischen Zooms des Mi9-Modells zu überzeugen, haben wir den gleichen Gegenstand in gleicher Distanz nacheinander erst mit einem 1×-, 2×-Zoom aufgenommen, danach mit digitalem Zoom bis 10×. Auch diese Bilder finden Sie in der Bildergalerie.

Über die Soundqualtät können wir weder etwas sehr Schlechtes noch richtig Gutes aussagen. Dass man sicherlich keine Höchstleistungen von solch einem Gerät erwarten kann, liegt auf der Hand. Dazu sind die Platzverhältnisse zu eng, die Bauweise zu filigran und auch das Volumen, dass unterm Strich für einen vollen Bass benötigt wird, sucht man bei diesem Gerät vergebens. Vielmehr gruppiert sich das Gerät unter vergleichbar guten Modellen mit ähnlichen Platzverhältnissen ein. Immerhin gibt es einen Stereo-Sound.

Fazit

Tolle Leistung zum «kleinen» Preis: Mit dem Xiaomi Mi9 zeigt ein Kleiner, dass man Highend-Handys auch zu einem deutlich attraktiveren, weil günstigeren Preis bauen kann. Genau das dürfte aber auch ein Stückweit das eigentliche Problem des Mi9 sein. Xiaomi ist ein Hersteller, der in Europa nur eingefleischten Kennern etwas sagen dürfte – um es positiv auszudrücken. Das wiederum könnte sich ab diesem rassigen Smartphone allerdings auch schlagartig ändern. Punkto Design und Verarbeitung muss es den Vergleich zu der ersten Liga unter den Smartphones keineswegs scheuen. Noch besser: Die Leistungskomponenten, die der chinesische Hersteller in seinem Nobelhobel verbaut, sind erste Sahne – und lässt die ebenfalls neue Konkurrenz schon ein wenig alt aussehen.

Hauptkonkurrenten sind sicherlich das Samsung S10 (Straßenpreis: ca. 1000 Euro) sowie das P30 (Straßenpreis: ca. 900 Euro) von Huawei. Und auch beim P30 Pro dürfte Xiaomi beim einen oder anderen Anwender mit seinem Mi9 erfolgreich wildern. Die genannten Smartphones haben den Nachteil, dass sie teils deutlich teurer sind, und im Vergleich zum Xiaomi, unterm Strich, «nur» wenig mehr bieten. Was dem Mi9 allerdings im Vergleich fehlt: Samsung bietet einen tollen Nachtmodus bei der neuen S10-Serie, Huaweis P30 Pro kann mit einem 5-fachen optischen Zoom glänzen. Zudem gibt sich der Hersteller auch bezüglich der Staub- und Wasserschutzklasse für sein Mi9 bedeckt.


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