Tipps für die richtige SAP-Lizenzierung

Beim Umstieg auf S/4HANA geht es auch um Lizenzierung. Lesen Sie, was Sie in Sachen SAP-Lizenzmodelle beachten sollten. [...]

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Beim Umstieg auf S/4HANA sollten Anwenderunternehmen auch das Thema Lizenzierung genau im Blick behalten (c) pixabay.com

SAP-Anwender müssen im Rahmen ihrer künftigen SAP-Nutzung entscheiden, wie sie ihre Lösung rund um S/4HANA neu aufbauen. Dabei gilt es nicht nur die Migration und das Betriebsmodell festzulegen. Zusätzlich muss auch eine passende Lizenzstrategie definiert werden. Für On-premises-Lizenzen hat jeder SAP-Anwender die Optionen, im bestehenden Lizenzmodell zu bleiben („Product Conversion“) oder das Lizenzmodell zu wechseln („Contract Conversion“). Welche Tragweite diese Entscheidung hat, ist häufig nicht bekannt. Im Folgenden sollen verschiedene Handlungsoptionen aufgezeigt und Kriterien für eine valide Entscheidung hergeleitet werden.

Bestandskunden betreiben ihre SAP-Systeme im Rahmen bestehender Verträge. Die damit erworbenen Nutzungsrechte sind zeitlich unbegrenzt. Lediglich die Abkündigung der Wartung für das heute noch weit verbreitete ERP-System ECC ist zum Ende 2027 angekündigt. Dies erfordert auf Kundenseite zunächst einmal nur die technische Migration auf den Digital Core der neuen ERP-Generation S/4HANA zusammen mit einem Wechsel auf die damit erforderliche HANA-Datenbank.

Aus Lizenzsicht lässt sich dieser Wechsel durch eine sogenannte „Product Conversion“ lösen. Der entsprechende Vertrag beinhaltet im Minimum lediglich den Kauf der HANA Runtime Datenbank zusammen mit einer einmaligen Zahlung von aktuell 9.000 Euro (S/4HANA Enterprise Management for ERP Customers), mit der die in der Vergangenheit erworbenen SAP-User den Digital Core von S/4HANA nutzen dürfen.

Ergänzungsprodukte (Engines) müssen unter Anrechnung der ECC-basierten Engines für S/4HANA allerdings neu erworben werden. Alternativ hierzu bietet SAP seinen Kunden eine „Contract Conversion“ an. In einem solchen Vertrag werden SAP Lizenzen für alle zukünftigen S/4HANA Produkte neu erworben und der alte Lizenzbestand wird (aktuell) zu 100 Prozent angerechnet.

Nach aktuellen Berichten der SAP ist eine Product Conversion zeitlich unbegrenzt gültig. Das heißt, es gibt kein Zieldatum, zu dem ein SAP-Kunde in das S/4HANA Lizenzmodell (über eine Contract Conversion) migrieren muss. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass Lizenzmodelle nur bis zu einem definierten Release des neuen SAP Produkts verwendbar sind und dass der angerechnete Anteil des alten Vertragswertes sukzessive geschmälert wird.

Die Verunsicherung hinsichtlich einer strukturierten Entscheidung zwischen einer Product oder Contract Conversion, beziehungsweise für den richtigen Zeitpunkt einer Contract Conversion ist daher groß und hängt tatsächlich von unterschiedlichen Kriterien ab. Folgende sieben Aspekte sollten SAP-Kunden dager im Blick behalten.

S/4HANA – User-Modelle im Vergleich

Der wesentliche Unterschied zwischen einer Contract und einer Product Conversion ist das User-Modell. Während in der SAP Business Suite, also im klassischen SAP-Application-Lizenzmodell, neben dem Professional und Limited Professional User, die beide keine definierten funktionalen Einschränkungen hatten, zahlreiche funktional eingeschränkte Usertypen – zum Beispiel Employee User, Worker User, Logistic User, Industry Portfolio User, uvm. – zugelassen sind, kennt S/4HANA nur noch drei Usertypen:

  1. Professional,
  2. Functional und
  3. Productivity Use.

SAP hat in der Vergangenheit häufig kundenindividuelle Sonderusertypen erlaubt. In der neuen S/4HANA-Welt wird dies – zumindest aktuell – unterbunden.

Das Usermodell in Sachen Lizenzierung wird somit mit S/4HANA standardisierter und einfacher, lässt aber auch wenig Spielraum für Individualisierungen zu. Entscheidend bleibt die Frage, mit welchem Modell ein Betrieb das Kosten-Nutzen-Verhältnis seiner SAP-Anwendung besser optimieren kann. Die Antwort hängt unter anderem davon ab, wie gut das bestehende Usermodell bereits optimiert ist, beziehungsweise ob der Vertrag noch Spielraum für Optimierungen zum Beispiel über günstige Nachkäufe oder Rekonfigurationen zulässt.

Grundsätzlich birgt das neue Usermodell für viele SAP-Kunden durchaus einiges an Potenzial. So ist zum Beispiel der Vertriebsinnendienst mit der Definition des Functional Use abgedeckt und damit signifikant günstiger als im Business-Suite-Modell, in dem der Mitarbeiter im Vertriebsinnendienst einen Professional User benötigt. Ein weiteres Beispiel ist der klassische Rückmelder in der Produktion, für den im Business-Suite-Modell ein Worker User erforderlich ist, während im S/4HANA-Modell in aller Regel der Productivity Use aussreicht – der kostet auch nur die Hälfte.

Ein valider Vergleich beider Usermodell-Welten auf Basis der tatsächlichen Nutzung der SAP-User im System zeigt auf, ob ein Anwenderunternehmen perspektivisch unter seinem bestehenden Vertrag oder im neuen S/4HANA-Lizenzmodell unter dem Strich den günstigeren Mischpreis erzielt. Ein solcher Vergleich ist mit hoher Priorität jedem SAP-Kunden zu empfehlen.

SAP-Investitionen ohne Mehrwert

Eine Contract Conversion erfordert in jedem Fall ein zusätzliches Invest. Damit erhöht sich analog auch die Wartungsbasis. Ohne einen Zuwachs des Lizenzwertes in Höhe von mindestens zehn bis 20 Prozent ist eine Contract Conversion aus Sicht der SAP nicht möglich. Dabei ist es – offen gesagt – unerheblich, wie dieser Zuwachs im Lizenzwert erreicht wird.

Das bedeutet konkret: Hat ein SAP Kunde Bedarfe, die er kurz- oder mittelfristig decken muss (Neuinvestitionen, Nachkäufe oder ähnliches), dann kann es sich – je nach Höhe dieses Bedarfs – rechnen, diese im Rahmen einer Contract Conversion zu decken und damit zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. In der Summe kann das zu geringeren Kosten führen.

Fehlen jedoch die mittelfristigen Bedarfe an neuen SAP-Investitionen, stellt eine Contract Conversion eine Investition ohne Mehrwert bei gleichzeitiger Erhöhung der laufenden Kosten dar. Das gilt es, zu vermeiden.

Ungenutzte SAP-Produkte

Jeder Vertrag zum Lizenzkauf, der eine Anrechnung alter Lizenzbestände zulässt, bietet Anwendern die Gelegenheit, ihre Lizenzlandschaft zu bereinigen – das betrifft unproduktive Lizenzen und damit Investitionen ohne Nutzen. Eine Anrechnung bei einem Zukauf stellt in der Regel ein verhandeltes Zugeständnis des Herstellers dar. Im Fall einer Contract Conversion ist eine solche Anrechnung allerdings kein Zugeständnis, sondern ein Prinzip, welches aktuell noch eine 100-prozentige Anrechnung verspricht.

Das Potenzial an ungenutzten SAP-Produkten sollten Unternehmen daher ebenso bewerten wie die oben genannten mittelfristigen Bedarfe – je höher der Wert der anrechenbaren Produkte ist, desto stärker lässt sich der tatsächlich produktive Lizenzwert durch eine Contract Conversion bemessen. In diesem Fall ist sogar eine Verrechnung mit erst langfristig zu deckenden Bedarfen sinnvoll, da hier in der Zukunft Neuinvestitionen komplett eingespart und somit auch langfristig laufende Kosten reduziert werden können.

S/4HANA heißt Digital Access?

SAP hat mit S/4HANA angekündigt, den Digital Access verpflichtend mit dem neuen Usermodell zu verbinden. Für alle SAP-Kunden, die noch nicht in die Metrik Digital Access gewechselt sind, weil sie es nicht müssen, hätte dies erhebliche Konsequenzen.

Von dieser Position ist SAP in der jüngsten Kommunikation wieder zurückgetreten und will seinen Kunden weiter die Wahl lassen. Das heißt konkret nach aktueller Preisliste, dass eine User-bezogene indirekte Nutzung mit den neuen S/4HANA-Lizenztypen möglich ist. Lediglich die ordnerbasierte Lizenzierung wurde gestrichen, so dass eine externe Auftragsanlage nach wie vor den SAP-Kunden zum Digital Access unter S/4HANA zwingt.

Das muss jedem SAP-Kunden bewusst sein und darf in der Betrachtung einer Contract Conversion nicht ausgespart werden. Die mit dem Wechsel auf Digital Access verbundene Abwertung des Named Users (es ist nur noch der direkte Zugriff lizenziert) und die veränderten Auswirkungen von Schnittstellen auf die Kosten haben erhebliche Konsequenzen für die Entscheidung.

SAP-Vertragsgrundlagen

Wie wertvoll sind die Vertragsgrundlagen der heutigen bestehenden Verträge für den jeweiligen SAP-Kunden? Wenn diese – insbesondere mit Blick auf Compliance und/oder Sondervereinbarungen – große Vorteile bieten, so sollten diese erhalten bleiben. In einer Product Conversion gilt dies für große Teile (ausgenommen für die Engines und für die Datenbank), in der Contract Conversion gehen diese Vorteile jedoch verloren, wenn man diese nicht einzelvertraglich in den neuen Vertrag hinüber rettet.

Für eine fundierte Bewertung ist es daher essentiell, die Vorteile der bestehenden Vertragsgrundlagen im Vergleich zur aktuellen Preisliste zu kennen und diese zu gewichten.

S/4HANA Lizenzmanagement

Mit S/4HANA wird ein SAP-Kunde durchsichtiger. Sowohl in der Bewertung von zulässigen Usertypen als auch bei Compliance-Themen ist SAP nicht weiter auf die Selbstauskunft der Kunden angewiesen. Stattdessen ermittelt SAP – häufig intransparent für die Anwenderunternehmen – die SAP-Nutzung und konfrontiert seinen Kunden mit den Ergebnissen.

Eine Migration in das S/4HANA-Lizenzmodell erfordert daher ein proaktives Lizenzmanagement, um sich zukünftig zumindest auf Augenhöhe mit seinem SAP-Anbieter auseinandersetzen zu können.

S/4HANA Lizenzumstieg – der richtige Zeitpunkt

Am Ende des Tages führen die oben genannten Kriterien für die meisten SAP-Kunden in der Konsequenz dazu, dass es nicht die Frage ist, „ob“ eine Contract Conversion sinnvoll ist, sondern „wann“. Lediglich in den Fällen, in denen das SAP-System über Jahre hinweg stabil in die IT-Landschaft eingebettet ist und unverändert bleiben darf, besteht keinerlei Handlungsbedarf.

  • Der richtige Zeitpunkt ist „früh genug“, bevor die SAP die Anrechnung des Lizenzwertes senkt.
  • Der richtige Zeitpunkt ist idealer Weise „genau dann“, wenn ohnehin Investitionen in SAP-Produkte anstehen und ein Anwenderunternehmen seine SAP-Landschaft neu strukturieren möchte.
  • Der richtige Zeitpunkt ist „spät genug“, wenn ein SAP-Kunde soweit gut präpariert ist, ohne Risiko ein Audit zu überstehen.

*Michael Sandmeier ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Sandmeier Consulting GmbH mit Sitz in Oerlinghausen (Ostwestfalen) und Hamburg.


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