Toleranzgespräche: Transparenz bei KI essenziell

Welche Chancen und Risiken mit der Digitalisierung und den Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) auf Europa zukommen, diskutierte eine gut besetzte Expertenrunde im Rahmen des letzten Panel des Wirtschaftsforums bei den Europäischen Toleranzgesprächen am vergangenen Freitagnachmittag im Kärntner Bergdorf Fresach. [...]

Großen Einfluss haben KI-Anwendungen nicht zuletzt auf zwischenmenschliche Beziehungen. (c) pixabay

Zur Vorsicht vor möglicher Überwachung durch ausgeklügelte Algorithmen mahnte dabei die Technologieforscherin Petra Schaper-Rinkel vom Austrian Institute of Technology (AIT), dem könne man nur mit vermehrter Transparenz begegnen.

Die von Thomas Cik moderierte Diskussionsrunde war sich einig, dass KI großartige Entwicklungsmöglichkeiten bietet, und das nicht nur für den urbanen Raum. Vor allem in der Land- und Forstwirtschaft und im Bereich Nachhaltigkeit tun sich ganz neue Möglichkeiten auf. Potenzielle Gefahren durch die neuen Technologien sehen die Experten im leichtsinnigen Umgang vieler Menschen mit ihren Daten, Algorithmen seien gerade in autokratischen Systemen eine Bedrohung für Menschen- und Bürgerrechte.

Petra Schaper-Rinkel, Senior Scientist für Zukunftstechnologien, zeigte sich zufrieden mit den technologischen Errungenschaften Europas, kritisierte aber die Dominanz der US-Monopole bei der digitalen Infrastruktur. „Unternehmen wie Amazon und Facebook profitieren am meisten von der Vernetzung Europas. Sie benutzen KI, um alle möglichen Informationen über uns zu sammeln.“ Europa brauche eigene Algorithmen und Transparenz, damit man weiß, wohin die Daten wandern.

Mensch verlernt Freundschaft

Iris Straßer, Initiatorin und Leiterin des Unternehmensnetzwerks „Verantwortung zeigen“, stellte die Frage in den Raum, ob der einzelne Mensch bei der aktuell rasanten Digitalisierung nicht auf der Strecke bleiben könnte. „Wir müssen uns selbstverständlich fragen, wie wir mit neuen Technologien umgehen und was sie mit unserer Gesellschaft machen. Es ist essenziell, den Menschen mehr Wissen nicht nur über die Technologie selbst zu vermitteln, sondern auch über ihre möglichen Auswirkungen“, sagte Straßer.

Großen Einfluss haben KI-Anwendungen nicht zuletzt auf zwischenmenschliche Beziehungen, warnte Petra Schaper-Rinkel. „Viele fühlen sich durch Computer heute oft besser verstanden als durch Freunde. Sie verlernen dadurch, wie echte Freundschaften funktionieren, ertragen es nicht mehr, wenn das Gegenüber widerspricht“, sagte die Zukunftsforscherin. „KIs sind keine Freunde, sondern sie dienen uns. Das dürfen wir nicht miteinander verwechseln. Sie können uns aber viele Arbeitsvorgänge abnehmen und uns so mehr Zeit gerade für zwischenmenschliche Beziehungen verschaffen.“

Wachsam bleiben bei Überwachung

Der Theater und Drehbuchautor Dimitré Dinev, in seiner Jugend in Bulgarien selbst staatlicher Überwachung und Unterdrückung ausgesetzt, warnte vor dem leichtsinnigen Preisgeben von persönlichen Informationen im Netz. „Es ist erschreckend, was man anhand von Daten mit Menschen machen kann. Man kann sie auf Schritt und Tritt verfolgen und sogar erpressen. Doch wenn man eine echte Diktatur wie den Kommunismus in Bulgarien erlebt hat, ist Amazon dagegen ziemlich zahm. Solange die neuen Technologien nicht die Beziehungen zwischen Menschen zerstören, so wie das Diktaturen machen, müssen wir keine Angst vor ihnen haben. Trotzdem müssen wir wachsam bleiben.“

Auch Petra Schaper-Rinkel mahnte eindringlich zur Vorsicht vor Algorithmen. „Alexa etwa kann alle möglichen Eindrücke wie zum Beispiel Geräusche aufzeichnen und verschicken, wobei wir oft nicht einmal wissen, wohin. Besonders gefährlich ist das in undemokratischen Systemen wie in China, wo nicht nur die Privatsphäre des Einzelnen bedroht, sondern ganze Familien der Überwachung ausgesetzt sind, wenn sie in Sippenhaft kommen.“

KI hilft Region

Christian Philipp, Kommunikationschef beim Silicon Alps Cluster, zeigte sich optimistischer, was die Sammlung von Daten angeht. „Früher haben die lokalen Geschäftsleute gewusst, was unsere Präferenzen sind. Das ist keine Überwachung, sondern soziale Intelligenz. Zum Problem wird KI erst, wenn sie sich selbst entwickeln kann, aber davon sind wir noch weit entfernt. Wir müssen uns der Technologie stellen und dürfen sie nicht verteufeln.“ Philipp sieht bei KI vor allem für die Region großes Potenzial. „Kärnten könnte in Europa in diesem Bereich eine Vorreiterrolle einnehmen. Dafür brauchen wir Mut zu großen Zielen“, forderte Philipp.

Philipp Hungerländer, CEO des Kärntner Start-ups HEX, meinte, dass KI das Leben in der Region nachhaltiger gestalten könne: „Durch mathematische Algorithmen kann man zum Beispiel die Mobilität im ländlichen Raum punktgenau koordinieren. Dadurch können wir den Verkehr entlasten und – durch Sharing Economy – die Ressource Auto effizienter und nachhaltiger nutzen.“


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