Aufschwung am Kryptomarkt: Das Comeback der Coin

Umfrage von KPMG und BTC-ECHO zeigt wachsendes Vertrauen der Investoren in digitale Assets. [...]

Foto: KevinSchneider/Pixabay

Vom FTX-Crash bis zur Renaissance des Bitcoin: Der Kryptomarkt hat turbulente Zeiten hinter sich. Als mit der FTX Ende 2022 eine der wichtigsten Kryptobörsen pleiteging, schien der Triumphzug digitaler Assets ein jähes Ende zu finden. Die Werte namhafter Kryptowährungen brachen ein, der Bitcoin fiel unter die 17.000-Dollar-Marke; so tief wie seit 2020 nicht mehr.

Anderthalb Jahre später hat sich der Wind gedreht. Die Kurse steigen, das Vertrauen der Anleger ist zurück. Aber wer sind die Menschen, die mit neuem Optimismus auf digitale Assets setzen? Aus Studien lässt sich diese Frage kaum beantworten. Also sind KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und BTC-ECHO ihr in einer bisher beispiellosen Befragung selbst nachgegangen. Bernd Oppold und Jens Siebert, Partner im Bereich Financial Services bei KPMG, ordnen die Ergebnisse ein.

Wären seine Haare nicht ohnehin schon wuschelig, sie hätten ihm sicher zu Berge gestanden: Zu 25 Jahren Gefängnis wurde Sam Bankman-Fried kurz vor Ostern verurteilt – unter anderem wegen Geldwäsche und Betrugs. Der Aufstieg zur zweitgrößten Kryptobörse der Welt hatte seine FTX groß und den 32-Jährigen zu einem der reichsten Menschen der Erde gemacht. Ihre Pleite dagegen trieb zahlreiche Anleger in den Ruin.

Der Fall ist ein Beispiel dafür, wie schnell es gehen kann auf dem Kryptomarkt. Bergab, aber auch wieder bergauf. Denn wer den Crash und seine Folgen für das Ende des Kryptohypes gehalten hat, gar für den Lehman-Moment der Kryptobranche, den belehren jüngste Kursentwicklungen eines Besseren. Die wohl bekannteste Kryptowährung Bitcoin, in Folge der FTX-Pleite unter die 17.000-Dollar-Marke gerutscht, hat ihren Wert seit November 2023 auf über 60.000 US-Dollar fast vervierfacht. Und trotz des enormen Anstiegs ist Konkurrent Ethereum dabei, ihr den Rang abzulaufen.

Wer auf dem Kryptomarkt unterwegs ist, erlebt turbulente Zeiten. Genau diese Zeiten haben die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und BTC-ECHO genutzt, um Anleger zum zweiten Mal in Folge ausführlich nach ihren Erfahrungen zu befragen.

Dabei herausgekommen ist die mit mehr als 2.400 Teilnehmern bisher größte Studie ihrer Art. Und sie zeichnet ein eindrucksvolles Bild jener Leute, die mit ihren Investments immer wieder für abenteuerliche Kursverläufe, spektakuläre Wertentwicklungen und spannende Geschichten sorgen. Aber wer sind diese Menschen, die mit neu gewonnenem Optimismus auf digitale Assets setzen?

Von NextGen bis Best Ager: Drei Archetypen von Investoren

Ganz grundsätzlich lassen sich die Investoren anhand der Studiendaten in drei statistisch repräsentative Archetypen einordnen: NextGen, High-Earners und Best Ager. Wie es der Name schon sagt, beschreibt NextGen die nächste Generation der Anleger. Hier finden sich also in erster Linie Schüler, Studenten und Auszubildende mit weniger als 4.000 Euro Monatseinkommen und unter einem Jahr Investitionserfahrung.

Jeweils ein Viertel der Befragten fürchtet Finanzkriminalität (26 %) und Cyberrisiken (25 %) am meisten. Vor Rezession (12 %) oder Marktmanipulation (11 %) haben die jüngsten Studienteilnehmer dagegen weniger Angst. Passend zu diesen eher geringen Werten sind fast zwei Drittel der Nachwuchsinvestoren sehr risikobereit (62 %). Außerdem suchen sie immer wieder nach alternativen Kryptowährungen (45 %) und haben eine hohe Trading-Frequenz (47 %). Auch glaubt nur knapp jeder Fünfte (19 %) von ihnen an steigende Kurse.

Bei den High-Earners sieht das schon deutlich anders aus. Unter diesem Archetyp finden sich all jene, die einen Hochschulabschluss haben, mehr als 4.000 Euro im Monat verdienen und mindestens an drei Börsen registriert sind. Sie fürchten Marktmanipulation mit 37 Prozent deutlich stärker als die NextGen und sind mit nur 37 Prozent Zuspruch auch deutlich weniger bereit, erhöhte Risiken einzugehen.

Ansonsten halten sich die Sorgen der High-Earners in Grenzen. Stattdessen zeichnet sie aus, dass sie ebenso tüchtig nach alternativen Kryptowährungen suchen (43 %) und mit 31 Prozent Zuspruch für eine hohe Trading-Frequenz stehen. Ihre Strategie haben sie nach dem Crash nicht verändert.

Während sich NextGen und High-Earners hier und da ähneln, weichen die Best Ager sehr stark von ersteren ab. Zunächst sind sie mit 45 Jahren deutlich älter, dafür aber bereits erfahren mit digitalen Assets. Trotzdem oder gerade deshalb scheuen sie das Risiko fast komplett. Gerade einmal ein Prozent der Befragten dieser Gruppe hat sich für eine erhöhte Risikobereitschaft ausgesprochen.

Auch sind sie nur zwölf Prozent auf der Suche nach alternativen Kryptrowährungen und nicht einmal jeder Vierte (22 %) spricht sich eine hohe Trading-Frequenz zu. Dafür planen 43 Prozent von ihnen Investitionserhöhungen, 70 Prozent glauben an steigende Kurse. Auf der anderen Seite fürchten sie außer Marktmanipulation (1 %) eigentlich alles: Marktpreise (95 %), Rezession (82 %), Finanzkriminalität (73 %) und Cyberrisiken (72 %).

Einsatz der Anbieter: Jetzt sind die Kryptobörsen gefragt.

Neben diesen spezifischen Archetypen liefert die Studie auch übergreifende Erkenntnisse über die Situation auf dem Kryptomarkt. Die gute Nachricht vorweg: Das Interesse an digitalen Assets ist nach wie vor groß. Sowohl erfahrene als auch neue Investoren denken über den Ausbau ihres Portfolios nach. 77 Prozent von ihnen wollen unabhängig vom Zeitpunkt der ersten Investition auch künftig in digitale Assets investieren.

Allerdings ist das mitnichten ein Trend, auf den sich die Branche verlassen oder auf dem sie sich gar ausruhen sollte. Denn damit Interessenten überhaupt erst zu Investoren oder gar zu aktiven Nutzern werden, ist für die Unternehmen einiges zu tun. Gerade in Zeiten unsicherer Märkte verringert sich die Konversionsrate potenzieller Interessenten.

Die Studie offenbart: Markteinsteiger werden vorsichtiger. Das ist vor allem daran zu erkennen, dass die Phase der sorgfältigen Prüfung neuer Investitionsmöglichkeiten im Vergleich zum Vorjahr länger geworden ist. Die Volatilität der Märkte erschwert es Kryptobörsen, aus Interessenten Nutzern zu machen.

Zugleich darf dieses Engagement nach der Registrierung nicht abreißen. Aktuell besteht nämlich eine große Diskrepanz zwischen der Anzahl der Registrierungen an Kryptobörsen – und der tatsächlichen Nutzung dieser Plattformen.

Insbesondere dann, wenn Nutzer bei mehreren Anbietern registriert sind. Unter allen, die lediglich eine Börse nutzen, beträgt die Lücke zwischen Registrierung und aktiver Nutzung gerade einmal zwei Prozent. Bei jenen, die sich an fünf oder mehr Börsen angemeldet haben, sind es dagegen 86 Prozent.

Bitcoin bleibt beliebt

Hebel halten die Börsenbetreiber dafür jede Menge in der Hand. Zum einen sollten sie Anreize für einen Portfolioübertrag schaffen, wie es analog beim Wertpapierdepotübertrag bereits passiert. Das würde dazu führen, dass Kryptobörsen die Zahl der verwahrten Digital Assets steigern und gleichermaßen auch das User Engagement auf der Plattform erhöhen.

Zum anderen sind es besondere Services, die Nutzer von einer Plattform überzeugen. Allen voran die Sicherheit (82 %) und die Ein- und Auszahlmöglichkeiten (65 %). Auch Transaktionskosten (63 %) sind ihnen wichtig. Jedoch würden sie für Sicherheit und nutzerfreundliche Funktionen auch höhere Kosten in Kauf nehmen. Heißt: Anbieter sollten nicht nur in Technologie und Produktangebot investieren, sondern auch in Sicherheit und gute Services.

So viel zu den Investoren. Bleibt noch die Frage, wie es nun auf dem Kryptomarkt weitergeht? Den Anlegern zur Folge stehen die Zeichen auf Wachstum. So allokieren Investoren laut Studie mehr als ein Viertel ihres Gesamtvermögens in digitale Assets.

Das sind drei Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders hoch ist der Anteil bei jenen mit einem mittel- bis langfristigen Anlagehorizont: 67 Prozent der Investoren, die mehr als 50 Prozent ihres Gesamtvermögens in digitale Assets angelegt haben, investieren drei Jahre oder länger. Gerade der Bitcoin hat es ihnen angetan: Neun von zehn Befragten halten bereits Anteile am Bitcoin in ihrem Portfolio. In Ethereum haben immerhin 78 Prozent investiert. Auch Solana verzeichnet mit fast zehn Prozent ein ordentliches Wachstum.

Aber auch neue digitale Assetklassen werden immer interessanter. So können sich 31 Prozent der Befragten vorstellen, in tokenisierte Immobilien zu investieren. Jeder Fünfte würde in Gaming-Token investieren. Auch an Kunst (14 %) und Musik (10 %) besteht Interesse. Aber die Wachstumsprognose hat auch eine Schattenseite.

So zeigt sich, dass die Verwahrung digitaler Assets bei Kryptobörsen weniger wird. Wallets, Staking, Credit Cards und Trading NFTs sind weniger gefragt als 2023. Dafür steigt das Interesse an klassischen Finanzprodukten wie Aktien oder Anleihen an den Kryptobörsen im Jahresvergleich – und das mit elf Prozentpunkten auf nunmehr 48 Prozent sogar deutlich. Die alte und die neue Finanzwelt, sie rücken immer näher zusammen.

Die Ergebnisse der Studie können Sie hier herunterladen.

Zu den Autoren

Foto von Bernd Oppold, einer der Autoren von Aufschwung am Kryptomarkt: Das Comeback der Coin

Bernd Oppold ist Partner im Bereich Financial Services bei KPMG. Er berät seine Kunden bei Wachstumsstrategien, strategischen Neuausrichtungen, Effizienzsteigerungs- und Digitalisierungsprojekten, Digital Assets sowie Reorganisation und Change Management in Transformationsprogrammen sowie Post-Merger-Integrationsprojekten.

(Foto: KPMG)

Foto von Jens Siebert, einer der Autoren von Aufschwung am Kryptomarkt: Das Comeback der Coin

Jens Siebert ist mitverantwortlich für den Bereich Financial Services Management Consulting und Experte für die Transformation von Geschäfts- und Betriebsmodellen von Banken, Asset Managern und Marktinfrastrukturanbietern. Darüber hinaus leitet er die Digital Assets Practice in Financial Services von KPMG Deutschland.

(Foto: KPMG)


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