Aus für die CEBIT

Auch das neue Festival-Konzept konnte den Niedergang nicht aufhalten. Der CEBIT Chef nimmt den Hut. [...]

Ein Bild aus besseren Tagen (c) Wikimedia
Ein Bild aus besseren Tagen (c) Wikimedia
Die Deutsche Messe AG hat die CEBIT 2019 abgesagt. Angesichts schleppender Ausstellerbuchungen sei das wirtschaftliche Risiko zu groß gewesen, hieß es. Dabei steckt die einst größte ITMesse der Welt schon seit Jahren in der Krise. Auch das neue Festival-Konzept konnte den Niedergang nicht aufhalten.
Angesichts rückläufiger Flächenbuchungen für die CEBIT 2019 bereinige man das Veranstaltungsportfolio, begründete die Deutsche Messe die Absage der einst größten IT-Messe der Welt. Die industrienahen Digitalthemen sollen in der Hannover-Messe (1. bis 5. April 2019) weitergeführt werden, für die übrigen Themenfelder der CEBIT wollen die Messe-Verantworlichen inhaltlich spitze Fachveranstaltungen entwickeln, die sich gezielt an Entscheider ausgewählter Branchen richten sollen.

Die CEBIT kämpft seit Jahren gegen schwindendes Interesse und rückläufige Besucherzahlen. Fanden zu Boom-Zeiten rund um die Jahrtausendwende noch bis zu 850.000 Besucher ihren Weg auf das Messegelände in Hannover, waren es im vergangenen Jahr nicht einmal mehr 120.000 – und von diesen kamen etliche auch nur wegen des Show-Programms an den Messe-Abenden. Die technologische Entwicklung der vergangenen Jahre habe gezeigt, dass eine Horizontalmesse wie die CEBIT in der digitalen Wirtschaft zunehmend auf rückläufige Nachfrage stößt, räumten Vertreter der Messegesellschaft ein. Die Digitalisierung sei heute bei nahezu allen Branchenfachmessen das beherrschende Thema. „Dies beeinflusst die Messepolitik der Unternehmen, die zu den klassischen Kernausstellern der CEBIT gehören“, hieß es. „Sie nutzen immer häufiger die Branchenmessen der Anwender als Plattform für Geschäftsanbahnung.“

Kritik am neuen CEBIT-Konzept

Bereits im vergangenen Jahr war Kritik am neuen Konzept laut geworden. Man begrüße die Überlegungen und Anstrengungen der Messeleitung, die CeBIT zu erneuern, sagte Alexander Stühl, Director Sales and Marketing bei Aagon in Soest. „Allerdings vermissen wir schmerzlich den Business-Aspekt dieser noch immer führenden Technologiemesse.“ Stühl verwies auf die wenigen Fachbesucher und das deutlich reduzierte Interesse der Besucher am IT-Business.

Zwar bemühte sich der Ausstellerbeirat Zuversicht zu verbreiten und beteuerte an der neuen CEBIT festhalten zu wollen. „Die Messe ist ein voller Erfolg“, hatte Heiko Mayer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hewlett-Packard Enterprise Deutschland und Vorsitzender des CEBIT-Messeausschusses zum Ende der CEBIT 2018 noch gesagt. Die Kombination von Business und Festival vertrage sich gut. Auf Ausstellerseite stehe man hinter dem neuen Konzept. „Die Neuausrichtung der Cebit ist ein entschlossener, wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, ließ auch Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder in einem offiziellen Kommunique des Lobbyverbands verlauten. 32 Jahre nach ihrer Gründung habe sich die frühere Computermesse erfolgreich zu einem Digital-Festival gewandelt. „Sie ist einzigartig in Europa, eine echte Premiere und als solche ein Erfolg“, sagte Rohleder. „Der Re-Start ist geglückt und der Bitkom ist auch 2019 auf jeden Fall wieder dabei.“

Festival lockt keine Aussteller

Dazu wird es nun nicht mehr kommen. Mit der Entscheidung, die CEBIT, die eigentlich vom 24. bis zum 28. Juni 2019 in Hannover stattfinden sollte, abzusagen, haben die Messe-Verantwortlichen frühzeitig die Reißleine gezogen. Das neue Konzept, das 2018 auf den Dreiklang aus Messe, Konferenz und Festival sowie einen Veranstaltungstermin im Sommer setzte, konnte den Abwärtstrends der Besucherzahlen nicht stoppen. Da auch der Negativtrend bei den Flächenbuchungen nicht aufgehalten werden konnte, werde die CEBIT künftig nicht mehr ausgerichtet, so die Rechnung der Veranstalter. Die „Hannoversche Allgemeine“ berichtete, dass bis dato nur rund 6000 Quadratmeter für kommendes Jahr vermietet werden konnten. Zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahrs sei der Buchungsstand bereits drei Mal so groß gewesen.

„Die deutsche Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren immer wieder über die thematische Überschneidung von Hannover Messe und CEBIT diskutiert“, sagte Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Messe AG. „Wir werden daher die Themen überführen, die inhaltlich zur klaren Ausrichtung der Hannover Messe passen.“

CEBIT-Chef verabschiedet sich

Der für die CEBIT verantwortliche Messe-Vorstand Oliver Frese hat das Aufsichtsratspräsidium darum gebeten, ihn zum Ende des Jahres von seinen Aufgaben zu entbinden. „Wir nehmen die Entscheidung von Herrn Frese mit Bedauern und Respekt zur Kenntnis“, akzeptierte das Gremium der Deutschen Messe AG das Ersuchen. Es sei sehr bedauerlich, einen so erfahrenen Messemacher und Vorstand zu verlieren. „Frese hat sich bei der Deutschen Messe viele Jahre für das Veranstaltungsportfolio verdient gemacht, zuletzt als für die CEBIT verantwortlicher Vorstand“, sagte der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann.


Ein Bild aus besseren CEBIT-Tagen: Messechef Oliver Frese präsentiert das neue Konzept der IT-Messe.
Ein Bild aus besseren CEBIT-Tagen: Messechef Oliver Frese präsentiert das neue Konzept der IT-Messe. Foto: Hannover Messe

Mit dem Aus für die CEBIT endet ein großes Stück deutscher IT-Geschichte. Als Centrum der Büro- und Informationstechnik startete die Cebit 1970 als Teil der Hannover-Messe in der damals neu gebauten Halle 1. In den folgenden Jahren wuchs das Interesse stetig und die Platzkapazitäten reichten bald nicht mehr aus. Auch zusätzliche Hallen lösten die Platzprobleme nicht. So fand am 12. März 1986 die Cebit erstmals als eigenständige Messe statt – mit über 2100 Ausstellern und 334.000 Besuchern – und nach 32 Jahren endete nun 2018 das CEBIT-Kapitel und die IT, respektive Digitalisierung kehrt zurück in den Schoß der Hannover-Messe.


Mehr Artikel

News

KI ist das neue Lernfach für uns alle

Die Mystifizierung künstlicher Intelligenz treibt mitunter seltsame Blüten. Dabei ist sie weder der Motor einer schönen neuen Welt, noch eine apokalyptische Gefahr. Sie ist schlicht und einfach eine neue, wenn auch höchst anspruchsvolle Technologie, mit der wir alle lernen müssen, sinnvoll umzugehen. Und dafür sind wir selbst verantwortlich. […]

Case-Study

Erfolgreiche Migration auf SAP S/4HANA

Energieschub für die IT-Infrastruktur von Burgenland Energie: Der Energieversorger hat zusammen mit Tietoevry Austria die erste Phase des Umstieges auf SAP S/4HANA abgeschlossen. Das burgenländische Green-Tech-Unternehmen profitiert nun von optimierten Finanz-, Logistik- und HR-Prozessen und schafft damit die Basis für die zukünftige Entflechtung von Energiebereitstellung und Netzbetrieb. […]

FH-Hon.Prof. Ing. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael Georg Grasser, MBA MPA CMC, Leiter FA IT-Infrastruktur der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes). (c) © FH CAMPUS 02
Interview

Krankenanstalten im Jahr 2030

Um sich schon heute auf die Herausforderungen in fünf Jahren vorbereiten zu können, hat die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) die Strategie 2030 formuliert. transform! sprach mit Michael Georg Grasser, Leiter der Fachabteilung IT-Infrastruktur. […]

News

Risiken beim Einsatz von GenAI in vier Schritten senken

Die Themen Datenschutz und Modellverwaltung sind in der Datenwissenschaft zwar nicht neu, doch GenAI hat ihnen eine neue Dimension der Komplexität verliehen, die Datenschutzbeauftragte vor neue Herausforderungen stellt. Die Data-Science-Spezialisten von KNIME haben die Potenziale und Risiken der KI-Nutzung beim Einsatz bei der Datenarbeit zusammengefasst und empfehlen vier Schritte zur Risikominimierung. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*