Eine Studie der Universität Zürich und des GDI untersucht erstmals systematisch die Effekte digitaler Produkte und Dienstleistungen auf den Klimawandel – von der Bereitstellung bis zum Einzelkonsum. Zudem werden Handlungsempfehlungen gegeben. [...]
Was hat der Mega-Hit „Despacito“ mit den Ländern Tschad, Guinea-Bissau, Somalia, Sierra Leone und der Zentralafrikanischen Republik gemeinsam? Mit weltweit 4,6 Milliarden Streams in weniger als einem Jahr verbrauchte das Lied gleich viel Strom wie alle fünf Länder zusammen.
Digitale Produkte und Dienstleistungen wie gestreamte Musik und Filme, Videokonferenzen oder Online-Bestellungen verbrauchen Energie – und sie haben in der Schweiz die Haushalte erobert sowie viele ineffiziente Waren und Services ersetzt.
Doch führt diese Substitution insgesamt zu einer Reduktion von Treibhausgasen, oder machen Rebound-Effekte die Fortschritte wieder zunichte? Ab wann lohnt sich das Lesen einer Zeitung auf einem Reader, und wie klimafreundlich ist das Home Office tatsächlich?
Diesen Fragen geht eine Meta-Studie der Universität Zürich und des GDI (Gottlieb Duttweiler Institut) im Auftrag der Wirtschaftsverbände Swico und Swisscleantech nach. Sie analysiert dabei die positiven und negativen Klimaeffekte von elf ausgewählten digitalen Produkten und Dienstleistungen und dröselt sie einzeln auf.
Unterschieden wird dabei erstens zwischen den Treibhausgaseffekten, die entstehen, wenn digitale Produkte und Dienstleistungen hergestellt oder entsorgt werden. Zweitens hat auch deren Nutzung Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen.
Diese Anwendungseffekte könne man nicht pauschal als positiv oder negativ beurteilen, sondern es erfordere eine differenzierte Betrachtung, heißt es hierzu in einer Mitteilung von Swico.
Vorsicht vor dem Reboundeffekt
So können demzufolge einerseits Ressourcen eingespart werden, wenn bestehende Prozesse durch die Digitalisierung effizienter werden oder konventionelle Produkte und Dienstleistungen ganz ersetzt werden. Andererseits sei der Zugang zu diesen Produkten und Dienstleistungen so praktisch und preisgünstig – etwa beim Streaming –, dass dadurch die Nachfrage steige und insgesamt mehr Treibhausgasemissionen verursacht würden, heißt es weiter. Die Studie spricht hier von einem Reboundeffekt.
Grundsätzlich stellen die Studienautorin und die beiden Studienautoren fest, dass digitale Produkte und Dienstleistungen gesamtgesellschaftlich betrachtet mehr Emissionen verursachen, als sie einsparen.
Ursächlich dafür sind vor allem die Reboundeffekte: Die digitalen Produkte sind im Vergleich zu ihren analogen Vorgängern schneller, bequemer, leichter zugänglich, immer verfügbar, kostenlos oder werden mit günstigen Flatrates angeboten, sodass der Konsum zunimmt und die Emissionen wieder ansteigen.
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