„ClassDojo“ überwacht Verhalten von Schülern

Mit der Gratis-App "ClassDojo" sollen Pädagogen eigentlich eine neue Möglichkeit zur Hand bekommen, ihre Schüler auf spielerische Weise zu einem positiveren Verhalten zu motivieren. [...]

"ClassDojo": Eltern sehen Bewertungen ihrer Kinder. (c) classdojo.com

Dass die Verwendung der Software im Unterricht aber nicht ganz unproblematisch ist, zeigen Forscher der University of South Australia (UniSA) . Für sie ist die App, bei der Lehrer die Leistungen von Schülern mit Punkten bewerten können, die auch von Klassenkameraden oder Eltern einsehbar sind, ein neues Überwachungs-Level erreicht.

„Kultur des Ausspionierens“

„ClassDojo ist nichts anderes als eine weitere datensammelnde Überwachungstechnologie, die dazu beiträgt, dass wir zunehmend in einer Kultur des gegenseitigen Ausspionierens leben, die wir auch in der Schule mittlerweile als ganz normal empfinden“, so der leitender UniSA-Studienautor Jamie Manolev. Die App konditioniere Schüler dazu, es zu akzeptieren, ständig kontrolliert zu werden. „Die darin implementierten Überwachungs-Mechanismen reichen sogar über die Wände des Klassenzimmers hinaus. So können Lehrer etwa Daten zum Verhalten einzelner Kinder direkt an ihre Eltern weiterleiten“, kritisiert der Forscher.

Ein großes Problem bei der App sei zudem, dass sie darauf fokussiere, Kinder und Jugendliche zu einem disziplinierteren Verhalten zu zwingen, anstatt ihnen von Grund auf beizubringen und zu erklären, warum das aus sozialer Sicht wichtig ist. „Das Punktesystem, das hier eingesetzt wird, reduziert das Verhalten der Schüler auf eine einzige Nummer. Das erweckt die Illusion, dass das alles ganz einfach wäre. Außerdem steigt dadurch der Konkurrenzdruck untereinander und es besteht die Gefahr, dass sich die Kinder in einer Art Hierarchie im Klassenzimmer wiederfinden“, so Manolev.

Schon in 180 Ländern genutzt

ClassDojo ist laut eigenen Angaben eine der weltweit populärsten Apps im Bildungssektor, die von Millionen von Lehrern und Schüler in 180 verschiedenen Ländern genutzt wird. Ihr Interface ist kindergerecht und farbenfroh: Jedes Kind kann sich einen eigenen Avatar aussuchen – ein lachendes Cartoon-Monster, das es im Programm repräsentiert. Basierend auf seinem individuellen Verhalten in verschiedenen Bereichen können Lehrer diesem dann positive, neutrale oder negative Bewertungen zuteilen. Das Ergebnis ist eine Gesamtwertung an „Dojo-Punkten“, die entweder im grünen oder roten Bereich liegen kann.

„Mancherorts hat sich diese Applikation bereits zu einem schulweiten Social-Media-Netzwerk ausgeweitet. Als User können sich sowohl Schulleiter, Lehrer, Schüler als auch Eltern registrieren“, schildert Manolev. Letztere hätten dadurch die Möglichkeit, jederzeit einen Einblick in die aktuelle Dojo-Punktewertung ihres Sprösslings zu bekommen oder sich wöchentliche Berichte in die eigene Inbox schicken zu lassen. „Das führt nicht nur zu mehr Überwachung, sondern unterminiert auch das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und ihren Kindern“, warnt der Wissenschaftler.


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