Mit Cloud-Projekten werfen Unternehmen oft viel Geld zum Fenster hinaus. Woran das liegt und was Sie dagegen tun können. [...]
Die IT-Abteilung hatte schon immer Probleme mit Budgets und Finanzen. Dass IT-Projekte den Budget-Rahmen sprengen, ist eher die Regel als die Ausnahme. Meistens gibt es dafür einige wenige Hauptursachen. Erstens verstehen viele IT-Mitarbeiter, zu denen ich bis vor etwa 20 Jahren auch gehörte, nicht wirklich etwas von Budgetierung oder davon, wie man Kosten vorhersagen kann. Die meisten besorgen sich einfach die Ressourcen, von denen sie glauben, dass sie sie benötigen, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Zweitens neigen die meisten Budgetverantwortlichen und auch andere Führungskräfte dazu, Überschreitungen als normal anzusehen, da es selten Konsequenzen hat, wenn sie mehr ausgeben als geplant.
Als Unternehmen begannen, Cloud Computing im großen Stil zu nutzen, wurden die Mehrausgaben noch verwirrender – und die Budgetüberschreitungen hielten an. Ich dachte eigentlich, dass die meisten Mehrausgaben mit dem Aufkommen des Cloud Computing verschwinden würden. Schließlich sind Cloud-Kosten aufgrund der nutzungsbasierten Preisgestaltung viel leichter vorhersehbar. Außerdem sind die Kostenmodelle viel sauberer. Unternehmen müssen sich nicht mit der Zuweisung von Kosten für Rechenzentren, physische Geräte und deren Abschreibung sowie mit den Kosten für Softwarelizenzen befassen, die ständig steigen, während der Service und der Wert der Software immer weiter sinken.
Unternehmen verschwenden ein Drittel ihrer Cloud-Ausgaben
Dennoch verschwenden Unternehmen derzeit rund ein Drittel ihrer Cloud Computing-Investitionen, wie eine neue Umfrage unter mehr als 750 Organisationen ergab. Die aktuelle Flexera-Studie zum Stand des Cloud Computing belegt, dass es Unternehmen schwer fällt, Cloud–Projekte so zu realisieren, dass sie möglichst effizient arbeiten. Stattdessen wird ein großer Teil der Cloud-Investitionen vergeudet.
Auf die Frage, wie viel der Cloud-Ausgaben wirklich effizient sind, nannten die Umfrageteilnehmer einen Wert von rund 68 Prozent. Bleiben also 32 Prozent Verschwendung bei den Cloud-Ausgaben. Außerdem gaben die Befragten an, dass Cloud-Projekte im Durchschnitt 13 Prozent über dem Budget liegen. Obwohl es in der Praxis viele nachvollziehbare Gründe für Kostenüberschreitungen gibt, ist das doch ungeheuerlich. Warum wird so viel Geld verschwendet? Ich habe dazu einige Thesen aufgestellt:
Warum versickern so viele Cloud-Investitionen?
Erstens und am offensichtlichsten ist, dass die Finanzprozesse, -fähigkeiten und -Tools in den Unternehmen nicht zum Cloud-Bereitstellungsmodell passen. Vielen Unternehmen fehlt eine kontinuierliche Überwachung und Verwaltung der Cloud-Kosten. Wenn wir im Sommer die Klimaanlage auf 64 Grad aufdrehen würden, wären wir dann überrascht, wenn unsere Stromrechnung viel höher ausfiele? Ohne eine aktive Überwachung der Cloud-Nutzung und -Kosten und ohne Maßnahmen zur Senkung dieser Kosten sind Kostenüberschreitungen programmiert.
Zweitens fehlt es in Cloud-Projekten häufig an aktiven Prozessen, Fähigkeiten und Tools zur Kostenkontrolle. Dies unterscheidet sich von den Finops-Aktivitäten, ist aber eng damit verbunden. Cloud Cost Governance bedeutet, dass wir Ausgabenrichtlinien durchsetzen, was wiederum Cloud-Administratoren, Entwickler und sogar Benutzer dazu zwingt, sorgfältiger mit der Nutzung einer Cloud-Ressource umzugehen.
Meistens hängen Kostenüberschreitungen mit ungenutzten Cloud-Servern oder Speichersystemen zusammen, die zugewiesen und einfach weiter betrieben werden. Dabei handelt es sich in der Regel nicht um Dinge, die sich auf das Geschäft auswirken, sondern nur um allgemeine IT-Services, die aus der Cloud bezogen werden.
Last, but not least: Was vielleicht am wenigsten verstanden wird, ist die Tatsache, dass wir oft keine effizienten und vollständig optimierten Cloud-Lösungen entwickeln. Stattdessen bauen wir Cloud-Lösungen mit Blick auf eine akzeptierte oder auch gerade gehypte Lösung, beispielsweise mit Container- oder Serverless-Komponenten, anstatt eine „Minimum-Viable“-Lösung zu wählen, die die Bedürfnisse des Unternehmen abdeckt. Unterm Strich gilt: Wir brauchen Lösungen, die dem Unternehmen den größten Wert mit dem geringstmöglichen Aufwand beim Erstellen, Bereitstellen und Betreiben bringen.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich will damit nicht sagen, dass solche Technologien nicht geeignet sind. Ich sage nur, dass wir uns selten darauf konzentrieren, welche Lösung optimal ist; wir wählen die Lösung, mit der wir uns am besten fühlen.
Schon richtig: die meisten Lösungen lassen sich am Ende auch umsetzen. Aber wenn wir so arbeiten, lassen wir Geld auf dem Tisch liegen. Wir treiben die Kosten für das Projekt, die Bereitstellung und den laufenden Betrieb in die Höhe. Daher rührt auch ein Großteil der 32 Prozent an ineffizienten Ausgaben.
Es ist höchste Zeit, unsere Finanzprozesse- und Cloud–Governance-Lösungen in Ordnung zu bringen. Wenn wir einen wirtschaftlichen Abschwung erleben, werden wir uns alle wünschen, wir hätten das in der Cloud verschwendete Geld noch.
*David Linthicum ist ein US-amerikanischer Technologieexperte und Buchautor. Zu seinen Schwerpunktthemen gehören unter anderem Cloud Computing, SOA, Enterprise Application Integration und Enterprise Architecture.
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