Corporate Volunteering – für Unternehmen ein Muss

Das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitarbeiter zu fördern, zahlt sich für Unternehmen in vielerlei Hinsicht aus. Besonders nutzbringend können freiwillige Einsätze von IT-Fachkräften sein. [...]

Siemens-CIO Hanna Hennig: "In den Mitarbeiterinitiativen können wir unsere unternehmerische Verantwortung für die Gesellschaft mit dem Wunsch unserer Beschäftigten nach mehr persönlichem Engagement verbinden." Foto: David Ausserhofer, CIOmove

Obwohl sich die meisten IT-Experten von ihren Arbeitgebern Social-Volunteering-Angebote wünschen, haben viele Unternehmen noch Nachholbedarf. Dies ergab eine Umfrage von CIO-Magazin, IDC und WHU unter 393 IT-Professionals in der DACH-Region. Danach haben nicht einmal 20 Prozent der Arbeitgeber die Rahmenbedingungen für betriebliche Freiwilligenarbeit geschaffen.

Dabei können nicht nur die Arbeitnehmer und gemeinnützigen Organisationen davon profitieren, sondern auch die Arbeitgeber selbst, wie sich am Beispiel ausgewählter Unternehmen zeigt.

Siemens nimmt soziale Verantwortung wahr

So hat der Technologiekonzern Siemens das Thema Corporate Volunteering fest in seiner globalen Nachhaltigkeitsstrategie und dem „DEGREE“-Rahmenwerk verankert. Dazu gehört die finanzielle, organisatorische und kommunikative Unterstützung zahlreicher Mitarbeiterinitiativen, für die alle Beschäftigten für mindestens zwei Tage pro Jahr freigestellt werden.

Ein jüngstes Beispiel ist das digitale Lernprojekt #SiemensbewegtSchule, das 2020 während der Pandemie von Mitarbeitenden gegründet wurde und unter der Schirmherrschaft von Siemens-CIO Hanna Hennig steht. Im Rahmen von Kursen, Vorträgen und Workshops werden Schülerinnen und Schüler im Umgang mit digitalen Medien geschult.

Zudem bringen sich Siemens-Beschäftigte bei gemeinnützigen Organisationen wie der Hacker School und bei diversen Hackathons ein, um IT-Wissen zu vermitteln und Aktivitäten im Bereich der Corporate Social Responsibility zu fördern. Im Rahmen des diesjährigen Earth Days wurden am Standort München auch Sustainabilitiy-Maßnahmen fernab der eigentlichen IT-Thematik unterstützt.

„In den Mitarbeiterinitiativen können wir unsere unternehmerische Verantwortung für die Gesellschaft mit dem Wunsch unserer Beschäftigten nach mehr persönlichem Engagement verbinden“, betont IT-Chefin Hanna Hennig. Damit leistet Corporate Volunteering einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Wirtschaften des Siemens-Technologiekonzerns und wirkt sich positiv auf sein gesamtes Image aus.

Auch die Arbeitgebermarke profitiert davon, gilt doch die Sinnhaftigkeit der Arbeit als entscheidendes Kriterium für die Jobentscheidung. „Mit unseren Freiwilligendienst-Programmen können wir die Zufriedenheit und Bindung unserer Beschäftigten steigern und auch junge Talente für unser Unternehmen begeistern“, bringt es Hanna Hennig auf den Punkt. „Damit ist Corporate Volunteering gerade in Zeiten des steigenden IT-Fachkräftemangels für unser Unternehmen von unschätzbarem Vorteil.“

BayWa lebt entsprechende Unternehmenskultur

Ähnliche Erfahrungen teilt Tobias Fausch, CIO des BayWa Konzerns, der Lösungen und Projekte für die Grundbedürfnisse Ernährung, Energie und Wohnen entwickelt. Auch bei BayWa können die Mitarbeiter im Rahmen ihrer Arbeitszeit an sozialen Projekten mitwirken. So werden mehrmals im Jahr Freiwillige für die Social Days der BayWa-Stiftung gesucht, zum Beispiel um Schulgärten anzulegen oder Insektenhotels zu bauen. Für die Teilnahme wird ein Mitarbeiter pro Jahr für bis zu einen Tag freigestellt.

Im Mentoring-Programm „EnableMe“ können Mitarbeiter junge Erwachsene mit körperlicher Beeinträchtigung beim Eintritt ins Berufsleben unterstützen. In fünf einstündigen Sitzungen werden Fragen rund um die berufliche Orientierung, Bewerbung und Interviewvorbereitung behandelt.

„Wer sich Mitarbeiter wünscht, die Verantwortung übernehmen und eine hohe Sozialkompetenz mitbringen, muss eine entsprechende Unternehmenskultur pflegen“, sagt BayWa-CIO Tobias Fausch.
Foto: BayWa AG

Zur Umsetzung der digitalen Transformation sind umfassende IT-Kompetenzen gefragt. Daher ist es von besonders großem Vorteil, wenn Unternehmen das ehrenamtliche Engagement ihrer IT-Professionals fördern. Bei BayWa geschah dies unter anderem in einem Projekt für die Stiftung Pfennigparade, deren Arbeit der Konzern seit über zehn Jahren unterstützt. Da eine Ausstellung körperbehinderter Künstlerinnen und Künstler pandemiebedingt nicht im BayWa Foyer stattfinden konnte, entwickelten IT-Mitarbeiter eine virtuelle Plattform, die die Werke online sichtbar macht.

„Wer sich Mitarbeiter wünscht, die Verantwortung übernehmen und eine hohe Sozialkompetenz mitbringen, muss eine entsprechende Unternehmenskultur pflegen“, unterstreicht Tobias Fausch. „Soziales Engagement ist für mich ein Teil davon.“ Der BayWa CIO betrachtet Corporate Volunteering nicht als Mittel zum Zweck, sondern als gelebte Realität, von der alle profitieren und die eine hohe Anziehungskraft hat.

Als aktuelles Beispiel führt Fausch eine unternehmensweite Hilfsaktion für die Ukraine an, die aus dem Engagement eines einzelnen Mitarbeiters entstand: „Am Ende konnte die BayWa Stiftung 25 Lkw mit Hilfsgütern in die Krisengebiete senden. Da war ganz klar, dass jeder einen Beitrag leisten will und die BayWa als Arbeitgeber unterstützt, wo sie kann!“

ABN Amro Bank profitiert von Teamentwicklung

Auch Dorothee Appel, CIO der ABN Amro Bank, hält es für unverzichtbar, das Thema Freiwilligenarbeit in die Unternehmenskultur und Unternehmenswerte zu integrieren: „Social Volunteering muss gewollt und gerne gelebt sein – vom Vorstand bis zu jedem Mitarbeiter.“

Dies zeigt sich an der Stiftung, die die ABN Amro Bank vor über 20 Jahren zur Umsetzung sozialer Projekte eingerichtet hat – mit Fokus auf dem Bildungsbereich und der Unterstützung sozial benachteiligter Kinder. Denn das Interesse ist riesengroß: Bis heute haben sich mehr als 6.400 Mitarbeiter in rund 110 Projekten daran beteiligt.

Dorothee Appel, CIO der ABN Amro Bank: „Social Volunteering muss gewollt und gerne gelebt sein – vom Vorstand bis zu jedem Mitarbeiter.“
Foto: cio.de

Obwohl es kein spezielles Freiwilligenprogramm für die IT-Spezialisten gibt, zeigt auch diese Mitarbeitergruppe ein starkes Bedürfnis, sich zu engagieren. Ein Beispiel dafür bietet ein aktuelles Projekt der ABN Amro Bank-Stiftung, in dessen Rahmen Beschäftigte gemeinsam mit Grundschülern Bücher lesen. Die Teilnehmer werden für diese Aktivitäten freigestellt, die insgesamt sechs Sitzungen zu jeweils einer halben Stunde umfassen.

Für IT-Chefin Dorothee Appel ist es offenkundig, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer stark von Corporate Volunteering wie dem Leseprojekt profitieren: „Aus Unternehmenssicht ist das die beste Teamentwicklung, die man sich vorstellen kann, außerdem werden die Soft Skills der Mitarbeiter gestärkt.“ Die Teilnehmer selbst erfahren durch das positive Feedback der Kinder eine Art Wertschätzung, die weit über die berufliche Anerkennung hinausreicht. „Heute dreht sich alles um Corporate Purpose“, weiß Dorothee Appel. „Gerade junge Talente wollen ihre Arbeit als sinnhaft erleben.“ Mit ihren zahlreichen Social-Volunteering-Angeboten liegt die ABN Amro Bank voll im Trend.

Weckruf für CIOs und ihre Unternehmen

Wie diese Beispiele zeigen, bietet Corporate Volunteering den CIOS und ihren Unternehmen zahlreiche Vorteile. Sie können einen Vorsprung im War for Talents erzielen, die Bindung der Mitarbeiter stärken und zugleich von den sozialen Fähigkeiten profitieren, die die Beschäftigten bei ihren gemeinnützigen Einsätzen aufbauen. Zudem ist die Förderung betrieblicher Freiwilligenarbeit ein wichtiger Baustein zum Aufbau einer sozialen und ökologischen Unternehmensführung, ohne die kein Unternehmen bei Kunden und Geschäftspartnern künftig mehr punkten kann.

CIOs und ihre Unternehmen sind daher gut beraten, rasch zu handeln und geeignete Volunteering-Projekte umzusetzen. Denn nur so kann das signifikante Delta beseitigt werden, das laut einer gemeinsamen Umfrage von CIO, IDC und WHU zwischen den Bedürfnissen von IT-Experten nach freiwilligem sozialem Engagement und den tatsächlichen Gegebenheiten in den Unternehmen besteht. Gerade im Lichte der digitalen Transformation sollte dieses Ergebnis ein Weckruf für CIOs und ihre Unternehmen sein.

*Sibylle Hofmeyer ist freie Journalistin in Heidelberg.


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