Digitalisierung und Nachhaltigkeit

Wenn wir künftig die beiden Megatrends Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammendenken, gewinnen alle: Mensch, Umwelt und Klima. [...]

Foto: GerdAltmann/Pixabay

Wir wissen, dass digitale Technologien dazu beitragen können, unsere Klimaziele zu erreichen. Smartes Heizen und Kühlen, Anlagen intelligent steuern – das spart Ressourcen ein. Wir kennen Algorithmen, die helfen, Retouren zu minimieren. Digitale Zwillinge sparen Material und Energie. Homeoffice und Online-Konferenzen sparen Fahrwege und damit CO2-Emissionen. Ein Drittel aller Firmen will auch langfristig Homeoffice ermöglichen, sagt eine Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Dennoch gibt es genug Studien, die zu dem Ergebnis kommen, die Digitalisierung gehe bislang mit mehr Energieverbrauch einher, da die steigernden Effekte stärker ausfallen als die senkenden. Daher ist es umso wichtiger, bei jeder digitalen Lösung Klima-, Umwelt- und soziale Auswirkungen mit zu berücksichtigen.

Viele Mitgliedsunternehmen im Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft zeigen heute schon, wie sich die Megatrends Digitalisierung und Nachhaltigkeit bestens verbinden lassen: Concular etwa denkt den Prozess der Wiederverwendung von Baumaterialien neu. Dafür hat das Start-up eine Plattform geschaffen, auf der die digitalen Materialpässe von Baumaterialien in Bestandsgebäuden zur Verfügung gestellt werden.

Architekt:innen gleichen den Bedarf für ein neues Gebäude mit der Datenbank ab. Concular organisiert dann, dass die Materialien vom Rückbau zur neuen Baustelle kommen – dabei werden eingesparte CO2-Emissionen und vermiedener Müll berechnet.

Ein ganz anderes Thema adressiert Sustainabill – die Transparenz in Lieferketten. Das Unternehmen hat dafür einen Cloud-Service für Supply-Chain-Mapping und Risikomanagement entwickelt. Und SPRK, ein Impact-Start-up, setzt auf KI und verbindet damit Teilnehmende der Lieferkette, um so für eine bedarfsgerechte und zügige Umverteilung von Lebensmittelüberschüssen zu sorgen.

Damit immer mehr solcher Lösungen in den Markt kommen, kann die Politik den entsprechenden Rahmen setzen. Begrüßenswert sind in diesem Kontext Initiativen wie die Corporate-Digital-Responsibility-Initiative (CDR-Kodex), die Digitale Zivilgesellschaft und die Charta Nachhaltige Digitalisierung, die sich derzeit in der Entwicklung befindet.

Die digitale Grundversorgung im 21. Jahrhundert sollte man nicht nur dem Markt überlassen. Denn App-Märkte, Online-Marktplätze, Suchmaschinen und soziale Medien sind im Grunde öffentliche Güter. Heute ist aber der Markt gekennzeichnet von Exklusivitätszwängen, Gerichtsständen in den USA oder durch die missbräuchliche Bevorzugung eigener Dienste bei der Vergabe von Standardeinstellungen.

Kleine und mittlere Unternehmen schauen dabei oftmals in die Röhre. Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft setzt sich dafür ein, dass die Bundesregierung einen uneingeschränkten Zugang zu den Plattformmärkten sicherstellt, indem sie eigene oder gemeinnützige Angebote und Strukturen aufbaut oder unterstützt.

Hilfreich dabei wären ein verpflichtender europäischer Suchindex, Datenstandards zur einfachen Mi­gration von Social-Media-Konten, Open-Source-Social-Media-Alternativen und ein öffentlicher App-Markt, der auf allen Betriebssystemen zur Verfügung steht. Das alles sind Stellschrauben, damit Nachhaltigkeit und Digitalisierung wirklich Hand in Hand gehen können.

*Dr. Katharina Reuter ist Geschäfts­führerin des BNW Bundesverband Nach­haltige Wirtschaft. Mit ihren Impulsen, Podcasts und Vorträgen zu Themen wie wahre Preise, nachhaltige Unternehmensführung oder CO2-Bepreisung trägt die mehrfach ausge­zeichnete Agrar­ökonomin aktiv zur öffentlichen Debatte bei. Sie ist Mitbe­grün­derin von Entrepreneurs For Future und der European Sustainable Business Federation sowie Jurymitglied des Deutschen Umweltpreises.


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