Eine Frage der Kultur: Was bringt Datendemokratisierung?

Viele Unternehmen trauen sich noch nicht, allen Mitarbeitern einen weitgehenden Umgang mit Daten zu ermöglichen. Doch das wird sich ändern, sprechen die Vorteile einer Datendemokratisierung doch für sich. [...]

Daten für alle? Lesen Sie, welche Vorteile eine Datendemokratisierung mit sich bringt (c) pixabay.com

Das Sammeln von Daten ist für Unternehmen nichts Neues. Doch erst allmählich setzt sich die Erkenntnis durch, dass mit dem Horten von Massen an Daten noch kein Fortschritt zu erzielen ist. Es gilt, die gesammelten Schätze nutzbar zu machen. Gerade in den vergangen zwölf Monaten setzte sich – wie in vielen anderen Bereichen der digitalen Transformation – bei den Unternehmen einiges in Bewegung. Und immer wieder fällt dabei der Begriff „Datendemokratisierung“, der dabei helfen soll, das Thema Big-Data-Analytics in Organisationen voranzutreiben.

Was genau verbirgt sich dahinter und was können Unternehmen daraus für sich ableiten? Für Gartner war Datendemokratisierung bereits 2020 einer der zehn wichtigsten strategischen Technologietrends der kommenden Jahre. In der Praxis haben aber die meisten Unternehmen noch nicht verstanden, wie entscheidend Datendemokratisierung für ihren Geschäftserfolg ist – und falls doch, ist die Implementierung das große Problem. Wie also können Unternehmen von Datendemokratisierung profitieren und was müssen sie beachten, um das Konzept in die Praxis umzusetzen?

Hierarchien ergeben keinen Sinn

Ziel der Datendemokratisierung ist es, jeden Mitarbeiter – auch jenseits der ausgewiesenen Daten-Spezialisten – in die Lage zu versetzen, selbstständig Daten zu sammeln, zu analysieren und zu nutzen. Dabei geht es nicht nur um das Thema Tools und Fähigkeiten, sondern um die Unternehmenskultur an sich. Wenn die Auswertung von Daten nicht mehr einzelnen obliegt, sondern in der Fläche ausgerollt wird, sorgt das für mehr Gleichheit und Freiheit der Beschäftigten. Demokratische Grundwerte werden also gestärkt. Aus diesem Verständnis heraus zeigt sich auch gleich die erste Herausforderung für Datendemokratisierung. Es geht um mehr Transparenz, und dafür braucht es eine positive Grundhaltung im Management.

Gerade in traditionellen, hierarchisch aufgestellten Betrieben kann es eine Herausforderung für die Führungsriege sein, jedem Mitarbeiter mehr oder weniger tiefe Einblicke in die Datenbestände des Unternehmens zu gewähren. Hier gilt es, über die verschiedenen Management-Ebenen miteinander in Dialog zu treten sowie Ängste ab- und Vertrauen aufzubauen.

Gleichzeitig müssen die Mitarbeiter in den Prozess einbezogen werden. Das bedeutet zum Beispiel, Schulungen anzubieten, um das nötige Know-how zu vermitteln. Um echte Datendemokratie zu erlangen, hilft es, die Position des Chief Data Officers (CDO) zu schaffen, der für die Daten im Unternehmen verantwortlich ist. Er oder sie kann das Wissen über Daten in den Alltag einer Organisation integrieren, die Datenstrategie vorantreiben und für Transparenz sorgen.

Gute User Experience schafft Akzeptanz

Allein mit einem Bekenntnis zu mehr Datendemokratisierung ist es natürlich nicht getan. So benötigen die Organisationen verschiedene Instrumente. Als erstes eine Analytics-Plattform, die in der Lage ist, große Datenmengen schnell zu verarbeiten, auch bei komplexeren Abfragen und tausenden Datennutzern. Diese sollte in einer robusten Infrastruktur eingebettet sein, sei es On-Premises, in einer Cloud-Umgebung oder sogar in einer hybriden Form. Hier gibt es keine Patentlösungen, jede Organisation hat ihre eigenen Besonderheiten, Anforderungen und IT-Strategien.

Wenn fachfremde Mitarbeiter lernen sollen Daten zu analysieren, helfen Visualisierungstools. Sie sollten intuitiv zu bedienen sein, über einfache Schnittstellen verfügen und einen raschen Zugriff auf relevante Informationen bieten – und das alles bei einer guten User Experience. Um herauszufinden, welche BI-Tools am besten geeignet sind, kann es sinnvoll sein, verschiedene Lösungen in unterschiedlichen Teams auszuprobieren. Investitionen werden hier vermutlich nicht zu vermeiden sein.

Data Governance – was ist erlaubt?

Die passenden Tools sind das eine – ebenso wichtig sind Guidelines dafür, wie das Unternehmen mit Daten generell umgehen will. Oft handelt es sich dabei um persönliche oder sensible Informationen, beispielsweise von Kunden oder Lieferanten. Diese müssen die Mitarbeiter verantwortungsvoll behandeln und dabei auch die rechtlichen Bestimmungen einhalten. Eine solide Data-Governance-Strategie ist unumgänglich, will man hier den Überblick behalten.

Data Governance meint das ganzheitliche Management von Daten in einer Organisationen. Ziel ist es, Datenqualität, -sicherheit und -schutz entsprechend den rechtlichen Vorgaben zu gewährleisten. Das können die Unternehmen nicht in einem einmaligen Projekt abwickeln. Vielmehr müssen sie einen dauerhaften Prozess anstoßen, in dem die Daten über ihren kompletten Lebenszyklus in der Organisation verwaltet werden.

So muss es verbindliche Regeln geben, um nicht genutzte Daten regelmäßig zu löschen. Gleichzeitig gilt es stets zu überprüfen, ob nicht etwa Daten gesammelt werden, die keinen Wert für Analysen haben. Sind bestimmte Werte in der Datenbank jemals für eine Analyse oder Abfrage herangezogen wurden? Ist das nicht der Fall, können sie gelöscht werden, wobei Automatisierungstools helfen, solche Datengräber aufzuspüren und automatisch zu löschen.

Datensicherheit als Basis für Datendemokratisierung

Data Governance geht Hand in Hand mit Datenschutz sowie Datensicherheit. Auch hier müssen Unternehmen Vorkehrungen treffen. Seit der Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) können die Strafen bei Verstößen empfindlich ausfallen; die aufgerufenen Bußgelder bewegen sich unter Umständen im mehrstelligen Millionenbereich.

Am besten lässt sich Datensicherheit über ein klares Berechtigungsmanagement mit Hilfe von automatisierten Sicherheitstools gewährleisten. Das bedeutet, der Datenzugriff jedes Mitarbeiters wird je nach Verantwortungsbereich feingranular reguliert.

Das Thema Datensicherheit zeigt, dass wir uns hier in einem Spannungsfeld bewegen: Auf der einen Seite ist es für die Qualität der Analysen sinnvoll, dass im Prinzip jeder Mitarbeiter auf alle Daten zugreifen kann, doch aus dem sicherheitsrechtlichen Blickwinkel ist das unmöglich. So bleibt es nicht aus, für bestimmte Bereiche eine bewusste Auswahl zu treffen. Die Entscheidung darüber sollte idealerweise vom Chief Data Officer und seinem Team in Absprache mit den betroffenen Abteilungen getroffen werden und einer allgemeinen Datenstrategie folgen.

Der Weg hin zur echten Datendemokratisierung ist lang und sollte möglichst agil ausgestaltet werden. Es wird immer wieder Anpassungsbedarf, Diskussionen und Änderungen auf dem Weg zu einer optimalen Datennutzung im Unternehmen geben. Aber wenn sich eine Organisation auf diese Reise begibt, eröffnet sich ihr eine ganz neue Dimension des Handelns, dessen Mehrwerte unbezahlbar sind und echte Wettbewerbsvorteile schaffen.

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*Mathias Golombek leitet als Chief Technology Officer (CTO) alle technischen Bereiche bei der EXASOL AG, von Entwicklung über Betrieb und Support bis hin zum fachlichen Consulting, und ist zudem Vorstandsmitglied.


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