Führungskräfte müssen die IT-Sprache beherrschen!

Das „Über IT reden“-Können wird zukünftig eine notwendige Voraussetzung für Führungsjobs sein. Aber auch in der IT selbst hat die Sprachkompetenz zugenommen. [...]

Foto: pixabay.com

Worüber man nicht reden kann, darüber kann man nicht gemeinsam entscheiden. Wichtige IT-Entscheidungen müssen jedoch gemeinsam von Business und IT getroffen werden – strategische IT-Entscheidungen sogar in der Geschäftsleitung. Und wenn Unternehmen die digitale Transformation konsequent umsetzen wollen, dann müssen sie irgendwann auch ihre Geschäftspartner in die Entscheidungen miteinbeziehen.

Andernfalls, wenn wie früher die Entscheidungen an die IT-Abteilung oder einzelne IT-Fachkräfte delegiert werden, passieren Fehlentscheide oder die für den Erfolg notwendigen Maßnahmen werden nicht ge­troffen. Sprachlosigkeit wirkt wie eine Mauer quer zur Digitalisierungsautobahn.

In den letzten Jahren hat sich die Situation allerdings wesentlich verbessert. Wir haben substanzielle Fortschritte beim Reden über IT gemacht. Die Sprachentwicklung zieht sich durch alle Funktionen und Hierarchie­-ebenen – von der Geschäftsleitung über die Führungskräfte in Business und IT bis zu den Fachkräften. Konnten bis vor Kurzem nur wenige CEOs über digitale Transfor­mation mitdiskutieren, so können heute immer mehr sogar bei IT-Entscheiden mitreden.

Das heißt, sie kennen nicht nur die Begriffe und Konzepte der Nutzung von IT – etwa „digitale Zwillinge“ oder „kundenorientierte Geschäftsökosysteme“ –, sondern sie verstehen sogar die für das Design, den Bau und den Betrieb von IT wichtigen Konzepte, zum Beispiel „Unternehmensarchitektur“ oder „Scrum“.

Selbst in traditionellen Wirtschaftssektoren, beispielsweise in der Landwirtschaft, engagieren sich Führungskräfte dafür, dass die Personalabteilung Weiterbildungen in Computational Thinking ermöglicht. Die Zeit, da IT-Entscheidungen Sache der IT-Abteilung waren, erscheint wie eine ferne Erinnerung, die allenfalls bei einigen etwas Wehmut auslöst. Häufiger wird die neue IT-Kompetenz in der Geschäftsleitung aber als echte Bereicherung wahrgenommen, die das Commitment zum Unternehmens­erfolg stärkt.

Abschied von Geheimsprachen

Auch in der IT selbst hat die Sprachkompetenz zugenommen. Der Gebrauch von Muster-Sprachen verbreitet sich stark. Dass Hersteller gerne eigene Pattern-Begriffe erfinden, trübt diesen Fortschritt nur unwesentlich. Denn dank der verbesserten Sprachkompetenz hat der Erfahrungsaustausch unter IT-Architekturverantwortlichen heute ein viel höheres Niveau als noch vor wenigen Jahren.

Bisweilen gibt es Rückschläge, beispielsweise wenn Unternehmen akzeptieren, dass mit IT-Architekturbildern gearbeitet wird, die nur ein ganz kleiner Kreis von Eingeweihten interpretieren kann. Man stelle sich zum Vergleich vor, die Pläne von Hochhäusern könnten nur irgendwelche Bergmönche lesen. Das wäre bizarr – und es sollte auch in der IT nicht akzeptiert werden.

In Summe überwiegt jedoch der Trend zu verständ­licherer Kommunikation. Es wird immer öfter mit aus­sagekräftigen Architekturbildern und mit klarer Sprache kommuniziert. Das ist eine gute Nachricht für die Menschheit, für die Wirtschaft und für die Informatik. Die einzige Sorge ist, dass die öffentliche Verwaltung mit dieser Entwicklung nicht mitkommt. Der politisch-administrative Komplex funktioniert nach eigenen Regeln. Eine davon ist – nicht überall, aber in vielen Bereichen –, dass man die Sprache der IT nicht spricht, weil man für höhere Werte steht. So wie einst Louis XIV.

*Reinhard Riedl beschäftigt sich mit digitalen Ökosystemen und leitet das transdisziplinäre Forschungszentrum «Digital Society» an der Berner Fachhochschule.


Mehr Artikel

News

So werden Unternehmen autonom und resilient

Ein Unternehmen, in dem viele Prozesse automatisiert ablaufen, ohne menschliche Aufsicht, und das sich dabei kontinuierlich selbst optimiert? Fortgeschrittene KI und Automatisierungswerkzeuge liefern die dafür notwendige technische Grundlage, doch die Umsetzung ist in der Regel mit einigen Herausforderungen verbunden. […]

News

Grundlegende Metriken der Datenwiederherstellung: RPO und RTO verständlich gemacht

Wenn es um die Geschäftskontinuität geht, stechen zwei Schlüsselmetriken hervor: Recovery Point Objective (RPO) und Recovery Time Objective (RTO). Oft werden diese verwechselt oder die Diskussion dreht sich um RPO versus RTO. Beide Metriken sind jedoch für die Entwicklung effektiver Datenschutzstrategien und die Minimierung von Unterbrechungen und Datenverlusten unerlässlich. […]

Drohnen, die autonom und ohne GPS navigieren können, wären in der Lage kritische Infrastruktur wie Brücken oder Strommasten selbstständig zu inspizieren. (c) Fikri Rasyid / unsplash
News

Wie Drohnen autonom fliegen lernen 

Von wirklich selbstständigen Robotern, die durch eine komplexe und sich verändernde Umwelt navigieren können, sind wir noch weit entfernt. Neue Ansätze mit KI bieten eine Chance, diese Vorstellung ein Stück weit Realität werden zu lassen. Jan Steinbrener experimentiert an der Universität Klagenfurt mit Drohnen, die genau das versuchen. […]

Christina Decker, Director Strategic Channels Europe bei Trend Micro (c) Trend Micro
Kommentar

Wie der Channel die tickende Zeitbombe „Compliance-Risiko“ entschärfen kann

Cybersicherheitsregulatoren hatten ein geschäftiges Jahr 2024. Zuerst kam die NIS2-Richtlinie, deren Umsetzungsfrist Mitte Oktober ablief. Nur wenige Monate später trat in der gesamten EU der lang erwartete Digital Operational Resilience Act (DORA) in Kraft. Beide Regelwerke wurden dringend benötigt, haben aber auch enormen Druck auf Unternehmen in der Region ausgeübt. Besonders KMU spüren diesen Druck. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*