TikTok und Instagram bieten künftig Werbemöglichkeiten im Suchbereich und machen damit Google Konkurrenz. Und Bing lockt mit ChatGPT derzeit ebenfalls viele User an. Was bedeutet das für SEO und SEA? [...]
Im März manifestierte sich, dass Google derzeit von zwei Seiten bedroht wird: Einmal ist da die wachsende Konkurrenz durch Bing, die ihre Suche mit ChatGPT aufbohren. Und dann zeigt sich, dass immer mehr junge Menschen gar nicht mehr nur auf Google suchen. Sondern vermehrt auf Instagram und TikTok. Was bedeutet das für SEO und SEA?
Bing mit ChatGPT jetzt für alle verfügbar
Bislang mussten sich alle, die Bing mit Chat GPT-Funktion nutzen wollten, auf eine Warteliste eintragen. Das ist nun offenbar nicht mehr nötig. Nutzer erhalten direkt nach der Anmeldung Zugang zu dem Dienst und können mit Bing ChatGPT experimentieren.
Genau genommen ist Bing ChatGPT ein Sprachmodell, das auf einer Weiterentwicklung des GPT-3-Modells basiert. Für den User bedeutet das: Er kann Fragen stellen und erhält durchformulierte Antworten. Im Unterschied zu ChatGPT sind diese aktuell und mit Fußnoten, beziehungsweise Quellenangaben, versehen.
Garniert wird das Ganze mit weiterführenden Links, Snippets und Bildern. Schon jetzt hat Microsoft bestätigt, dass deutlich mehr Nutzer mit Bing agieren, seit die Chat-Funktion integriert wurde. Diese funktioniert allerdings nur in Microsoft Edge. Dort kann man sich zum Bing-Chat weiterleiten lassen.
Was bedeutet das für SEO? Wenn Bing Featured Snippet-ähnliche Antworten durch Chat-Antworten ersetzt, könnte dies Auswirkungen auf die Klickraten und den Traffic auf den Websites haben. Auf der SMX in München sagte Fabrice Canel, Principial Product Manager bei Microsoft, worauf es bei SEO für das neue Bing künftig ankommen wird.
Er verwies vor allem auf die Unterschiede zwischen der Standard-Suche und dem KI-Chat in Bing. Wer genau weiß, was er sucht, würde dazu die klassische Suche verwenden. Wer eher eine offene Frage stellt, wird künftig vermutlich den Chat nutzen.
Wichtig für das neue Bing sind frische und aktuelle Inhalte, betont Christian Kunz, SEO-Experte bei SEO Südwest. Deshalb sollte auf zwei Dinge geachtet werden: die Verwendung des Suchmaschinen-Protokolls IndexNow, um Bing automatisch über neue, geänderte und gelöschte URLs zu informieren, sowie die Verwendung von aktuellen XML-Sitemaps.
Zu achten sei außerdem auf die Qualität der Inhalte. Zudem könne das Ergänzen von strukturierten Daten für die Inhalte hilfreich sein. Fabrice Canel empfahl zusätzlich die Verwendung der Bing Webmaster Tools sowie von Microsoft Clarity. Diese Tools entsprechen der Google Search Console und Google Analytics.
Google macht KI-Textroboter Bard öffentlich zugänglich
Unterdessen hat Google den Zugang zu seinem KI-Chatbot Bard für eine begrenzte Öffentlichkeit geöffnet. „Es handelt sich um ein frühes Experiment, das den Userinnen und Usern die Zusammenarbeit mit generativer KI ermöglicht“, schrieben die Google-Manager Sissie Hsiao (Vizepräsidentin Product) und Eli Collins (Vizepräsident Research) in einem Blogpost.
„Wir haben beim Testen von Bard schon viel gelernt, und der nächste wichtige Schritt zur Verbesserung besteht darin, das Feedback von mehr Menschen einzuholen.“ Der Beta-Test ist anfänglich nur für Anwender aus den USA und Großbritannien zugänglich.
Bard basiert ähnlich wie ChatGPT auf einem großen Forschungs-Sprachmodell. OpenAI arbeitet mit GPT, aktuell in der Version 4. Bei Google läuft Bard auf einer abgespeckten und optimierten Version des Sprachmodells LaMDA und soll im Laufe der Zeit mit neueren, leistungsfähigeren Modellen aktualisiert werden.
Interessenten können sich unter der Webadresse bard.google.com anmelden. Nutzer aus Deutschland bekommen derzeit dort aber nur den Hinweis zu sehen, dass das System in diesem Land noch nicht zur Verfügung stehe.
Offenbar soll Bard aber nicht auf die Chat-Funktion begrenzt bleiben. Google-Manager erklärten Mitarbeitern in einer Betriebsversammlung, dass es bei Bard A.I. nicht nur um die Suche geht, allerdings ohne weiter konkret zu werden.
„Ich möchte nur eines klarstellen: Bard ist keine Suche“, so Jack Krawczyk, Produktmanager für Bard, auf die schriftliche Frage eines Mitarbeiters. Es sei ein Experiment, ein kollaborativer KI-Dienst, ein kreativer Begleiter.
Social-Media-Plattformen pushen Search
Trotz Bing ist die Google-Suche nach wie vor die beliebteste Plattform zur Nachrichtensuche. Doch eine aktuelle Umfrage in den USA zeigt, dass Google bei jüngeren Menschen an Bedeutung verliert, während TikTok als Nachrichtenquelle an Bedeutung gewinnt. Während 48 Prozent der Baby Boomer zuerst Google ansteuern, sind dies bei der Generation Z nur noch 39 Prozent.
Dies deckt sich mit den Ergebnissen des Trend-Reports von „We are Social“, der in Zusammenarbeit mit Meltwater durchgeführt wurde. Die Erhebung zeigt, dass soziale Plattformen einen immer größeren Anteil der weltweiten Suchaktivitäten für sich beanspruchen.
Bei 16- bis 34-Jährigen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie auf der Suche nach Informationen über eine bestimmte Marke und deren Inhalte ein soziales Netzwerk (48 Prozent) besuchen als eine Suchmaschine (45 Prozent). Spitzenreiter hierfür ist nach wie vor Instagram, wobei TikTok auch in dieser Hinsicht immer beliebter wird.
Die Social-Media-Plattformen reagieren auf diesen Trend und machen damit Google (und auch Bing) im SEA-Bereich künftig Konkurrenz. Instagram nutzt künftig den Suchbereich, um Werbung auszuspielen. Auf seinem Business Blog erklärt Instagram, dass jetzt Werbung direkt in die Suchergebnisse integriert werden kann.
Damit sollen Suchende relevante Accounts und Inhalte besser finden können. Die Ads werden im Feed angezeigt, sobald User auf einen Post tippen, den sie über die Suche gefunden haben. Diese Ads sind für Advertiser eine interessante Platzierung.
Auch TikTok steigt in den Markt für Suchanzeigen ein und fordert damit Google und Microsoft heraus. TikTok bereitet den Start einer eigenen Plattform für Suchanzeigen vor. Auch dort soll es für Werbetreibende möglich werden, auf bestimmte Keywords im Zusammenhang mit ihren Produkten oder Dienstleistungen zu bieten.
Während des Beta-Tests im vergangenen Jahr bestätigten die Tester, dass Werbetreibende damit stattliche Klickraten erzielen. Ein Vertreter von TikTok sagte gegenüber der Plattform Search Engine Land: „Wir befinden uns in einer sehr frühen Phase, in der wir Suchanzeigen in ausgewählten Regionen testen. Zur Klarstellung: In diesem Stadium haben Werbetreibende nicht die Möglichkeit, auf bestimmte Keywords zu Werbezwecken zu bieten.“
Das bedeutet: Offenbar entscheidet dort der TikTok-Algorithmus. Er gibt an, welche Keywords für den Werbetreibenden und dessen Anzeige am relevantesten und effektivsten ist. Nicht der Kunde selbst. Auch das bedeutet eine Zäsur.
*Als Fachjournalist analysiert Helmut van Rinsum seit vielen Jahren die Entwicklung der Medien sowie der Marketingkommunikation. Er schreibt seit regelmäßig für die INTERNET WORLD, zuvor war er unter anderem für das Magazin „Werben und Verkaufen“ tätig, zuletzt als stellvertretender Chefredakteur. Van Rinsum ist studierter Publizist, Autor der Fachbuchs „Der Social Media Rausch“ und Herausgeber des wöchentlichen Newsletters „Künstliche Intelligenz im Marketing“. Er ist Vater von drei Kindern und lebt mit seiner Familie in München.
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