IT-Manager als Hebel für eine bessere Welt

Confare-Chef Michael Ghezzo erklärt im Interview mit ITWelt.at, warum IT-Manager derzeit so viele Möglichkeiten, aber auch so viel Verantwortung haben wie noch nie. [...]

Michael Ghezzo, CIO von Confare: "Ich wünsche mir, dass Führungskräfte in der IT die Möglichkeit ernst nehmen, zu einer besseren Welt beizutragen. Ich denke, bei allen wichtigen Themen unserer Zeit werden IT und Digitalisierung einen Teil der Lösung ausmachen." (c) Confare

Welche IT-Trends sehen Sie für 2023 bzw. welche IT-Themen sollten heuer auf der Agenda von IT-Verantwortlichen ganz oben stehen und warum?
Trotz Inflation und Krisenstimmung steigen IT-Budgets 2023. Die Frage nach der CIO-Agenda hat eine hohe Relevanz. In unserer jüngsten Umfrage in der Confare CIO Community hat sich eine große Herausforderung für IT-Verantwortliche herauskristallisiert: Wie findet man die richtigen Prioritäten in einer Vielzahl an Zielsetzungen, Möglichkeiten, Technologien und Trends? In den meisten Fällen wird die Agenda aber folgende Punkte in den vorderen Positionen aufweisen:

Resilienz und Cybersecurity: Die letzten Jahre haben gezeigt: Expect the Unexpected. Neben dem Ransomware Damoklesschwert gibt es jede Menge Risiken und Bedrohungen, die durchaus schlagend werden können. Cyberwar, Fachkräftemangel und die steigende Abhängigkeit von SaaS- und Cloud-Providern. Die Lieferketten in der IT haben an Tragfähigkeit verloren. Nicht nur, dass es inzwischen halt auch mal vorkommen kann, dass Hardware nicht geliefert wird, es kann auch vorkommen, dass man sich mit der Software eines kompromittierten oder achtlosen Herstellers gleich ein paar Viren ins Unternehmen holt. Daneben steigen auch die rechtlichen und gesellschaftlichen Anforderungen. Es gilt Notfallpläne zu machen, eine Audit-Strategie umzusetzen und alle entsprechenden Maßnahmen auch mal zu üben. Aber Achtung: Cybersecurity und Resilienz dürfen 2023 nicht Agilität, Flexibilität und die User Experience einschränken und schon gar nicht zum Hemmschuh der Digitalen Transformation werden.

Data und Analytics: Dabei ist vor allem der Aspekt des Kulturwandels wichtig. Die IT kann hier der Brückenbauer sein, denn organisatorische Silos spiegeln sich oft in Datensilos wider. ChatGPT zeigt gerade der Gesellschaft, welche Potenziale KI heute bereits hat. IT-Abteilungen werden gefragt sein, hier Möglichkeiten und Chancen aufzuzeigen.

ESG Reporting und Nachhaltigkeit: in allen Branchen und allen Unternehmen muss man auf der einen Seite den Regularien gerecht werden, also Daten sammeln und Reports gestalten. Auf der anderen Seite können CIOs durch Plattformen, Cloud, den entsprechenden Auswahlkriterien im Einkauf etc. zur CO2-Bilanz und zur Nachhaltigkeitsagenda des Unternehmens beitragen. Ich denke, dass viele CIOs diesen Hebel noch unterschätzen.

Automatisierung: Die demographische Entwicklung und Trends im Arbeitsmarkt machen es notwendig alles zu automatisieren, was automatisierbar ist. ChatGPT zeigt, dass das weiter gehen kann, als es jetzt schon offensichtlich ist. Es wird von selbstfahrenden Zügen, Robotern, die abservieren, Code der Code generiert bis zu automatisierten Marketingtexten gehen. Der CIO wird allerdings nicht wegrationalisiert – er spielt eine entscheidende Rolle dabei, die Möglichkeiten auszuloten und umzusetzen.

„Wir haben 2022 eine Recherche bei Geschäftsführern gemacht und dabei zwei Dinge herausgefunden: die Erwartungen als Taktgeber des Wandels an die interne IT wären sehr hoch, gleichzeitig fehlt das Vertrauen, dass die IT das hinkriegt. Eine wichtige Aufgabe muss daher sein, die IT als wertvollen Ansprechpartner für Geschäftsführung, Fachabteilungen und auch für Bewerber zu positionieren.“

Michael Ghezzo

Welche Lehren nehmen Sie aus dem IT-Jahr 2022 für die Zukunft mit?
Das Thema IT-Infrastruktur hat auf einmal wieder Bedeutung. Damit wollte sich niemand befassen, kommt ja eh alles aus der Steckdose. 2022 ist deutlich geworden, dass die Basis all dieser ehrgeizigen Transformations-Projekte in der Technologie liegt und dass es hier unerledigte Hausaufgaben gibt.

Wir haben 2022 eine Recherche bei Geschäftsführern gemacht und dabei zwei Dinge herausgefunden: die Erwartungen als Taktgeber des Wandels an die interne IT wären sehr hoch, gleichzeitig fehlt das Vertrauen, dass die IT das hinkriegt. Eine wichtige Aufgabe muss daher sein, die IT als wertvollen Ansprechpartner für Geschäftsführung, Fachabteilungen und auch für Bewerber zu positionieren.

Die IT ist als Arbeitgeber unterschätzt. Es ist für mögliche Quereinsteiger und junge Menschen kaum transparent, wie sehr gerade hier die Welt der Zukunft gestaltet wird. Mit sperrigen Jobtitlen, langweiligen Job-Descriptions und den üblichen prohibitiven Anforderungslisten an Fähigkeiten werden Bewerber abgeschreckt. Auch hier gilt es Positionierungsarbeit zu leisten und die Vorurteile auszuräumen. IT ist heute weit mehr als Server pflegen, Stecker stecken und programmieren. Der menschliche Aspekt ist wichtiger als je zuvor, man arbeitet direkt mit Kunden und hat viel Möglichkeit zur Kommunikation. Daneben sind IT-Abteilungen Vorreiter des flexiblen Arbeitens und bieten auch für Frauen spannende Chancen. Das gilt es bekannt zu machen. Daher laden wir dieses Jahr auch erstmals Schüler zum Confare CIO Summit ein, die hier ganz persönlich einen Eindruck von Top-Managern und Unternehmen gewinnen können. Darauf freue ich mich sehr.

Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2022?
Für ein Unternehmen mit Eventschwerpunkt waren die Corona-Jahre durchaus fordernd. Wir haben es mit einer Menge Innovation, einer treuen Community und ziemlich viel Mut geschafft diese Zeit nicht nur zu überleben, sondern sogar deutlich zu wachsen. 2022 sind wir nun nicht nur konkurrenzlos in Österreich und der Schweiz, auch unser Netzwerk und unsere Reputation in Deutschland sind deutlich gewachsen. Wir haben also im Prinzip das ganze Jahr gefeiert, nicht nur das 15-jährige Bestehen von Confare, sondern auch meinen fünfzigsten Geburtstag. Diesen dann am Ende des Jahres mit mehr als 200 Gästen aus der DACH-weiten Community, meiner Familie und Freunden zu feiern, war tatsächlich ein besonderes Highlight für mich.

„Die IT ist als Arbeitgeber unterschätzt. Es ist für mögliche Quereinsteiger und junge Menschen kaum transparent, wie sehr gerade hier die Welt der Zukunft gestaltet wird. Mit sperrigen Jobtitlen, langweiligen Job-Descriptions und den üblichen prohibitiven Anforderungslisten an Fähigkeiten werden Bewerber abgeschreckt.“

Michael Ghezzo

Welche spannenden Projekte haben Sie 2022 umgesetzt und was war das Besondere daran?
2022 haben wir endlich ein Herzensprojekt von mir vom Stapel laufen lassen. Livin IT ist eine Plattform rund um das Arbeiten in der IT, die jungen Menschen Lust darauf machen soll, eine Karriere in der IT zu starten. Mit Partnern wie Andritz und EY haben wir von Beginn an starke Unterstützung durch die IT-Branche. Dabei stehen drei Themen im Fokus:

  • Sichtbarkeit für die tollen Möglichkeiten, die IT heute Mitarbeitern zu bieten hat, die vielfältigen Aufgabengebiete und spannenden Projekte.
  • Aufräumen mit Vorurteilen wie: IT ist nur was für Männer, hat nur mit Technik und nichts mit Menschen zu tun, bedeutet nur Programmieren im Keller.
  • Transparenz im Dschungel der Jobtitles: Für Bewerber ist es kaum mehr nachvollziehbar, was mit den diversen Kunstbegriffen gemeint ist. Was macht ein Business Solution Architect? Ein Machine Learning Engineer?

Im Rahmen von Livin IT laden wir, wie bereits erwähnt, erstmals auch Schüler zum Confare CIO Summit ein. Sie haben damit nicht nur Zutritt zu Österreichs wichtigstem und größtem IT-Management Treffpunkt sondern auch Gelegenheit in einem eigens für sie gestalteten Programm zu erfahren, was es bedeutet in der IT zu arbeiten. Gemeinsam mit dem Confare Female IT-Mentoring ein weiterer Schritt um IT als Arbeitgeber für junge Menschen, Frauen und auch Quereinsteiger aus anderen Unternehmensbereichen spannend zu machen.

Wenn Sie einen IT-bezogenen Wunsch frei hätten, wie würde der lauten?
Ich wünsche mir, dass Führungskräfte in der IT die Möglichkeit ernst nehmen, zu einer besseren Welt beizutragen. Ich denke, bei allen wichtigen Themen unserer Zeit werden IT und Digitalisierung einen Teil der Lösung ausmachen. Damit haben jene Menschen, die diese Bereiche in den Unternehmen verantworten, nicht nur viele Möglichkeiten, sondern auch viel Verantwortung. IT ist zum Beispiel auch der wichtigste Hebel um die 3Rs der Nachhaltigkeit – Reduce, Reuse, Recycle – im Großen Stil umzusetzen.


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