Kein umfassender Überblick: Unternehmen bei der Nutzung generativer KI im Blindflug

Die internationale Studie SAP LeanIX AI Survey 2024 zeigt: Firmen halten umfangreiche Informationen zur KI-Nutzung zwar für höchst relevant, haben diese aber kaum zur Verfügung. [...]

Unternehmen bei der Nutzung generativer KI im Blindflug: 85 Prozent der Firmen räumen ein, dass sie aktuell auf die Einhaltung existierender und kommender KI-Regulierungen nicht gut oder nur teilweise vorbereitet sind. (c) stock.adobe.com/luismolinero

Die Erwartungen an den Einsatz künstlicher Intelligenz sind hoch: 78 Prozent der Firmen rechnen mit einer Effizienzsteigerung in den Arbeitsabläufen, knapp die Hälfte glaubt an eine signifikante Verbesserung der Arbeitsqualität. Es ist daher wenig überraschend, dass generative KI bereits in 80 Prozent der Unternehmen genutzt wird – in den meisten Fällen aber noch nicht in großem Umfang. Die Zurückhaltung wird mit Risiken für die Datensicherheit und mit Unklarheit über rechtliche Auswirkungen begründet.

Dem begegnen drei Viertel der Unternehmen damit, dass sie die KI-Nutzung durch verschiedene Regelungen limitieren. Fast genau so viele (71 Prozent) geben an, ein KI Governance Framework implementiert zu haben oder daran zu arbeiten. Doch trotz solcher Maßnahmen räumen 85 Prozent der Firmen ein, dass sie aktuell auf die Einhaltung existierender und kommender KI-Regulierungen nicht gut oder nur teilweise vorbereitet sind. Woran liegt das? Der internationale SAP LeanIX AI Survey 2024 deckt eine mögliche Ursache auf: Obwohl mit Blick auf die nahe Zukunft fast alle Befragten (90 Prozent) eine umfassende Übersicht über die Nutzung generativer KI im Unternehmen als wichtig erachten, verfügen derzeit nur 14 Prozent über entsprechende Informationen. Diese enorme Diskrepanz zwischen Relevanz und Realität zu beheben, kann entscheidend sein, um eine breite, aber verantwortungsvolle Einführung künstlicher Intelligenz zu beschleunigen und deren Potenzial voll auszuschöpfen.

Die Analysten von Forrester prognostizieren generativer KI jährliche Wachstumsraten von 36 Prozent bis zum Jahr 2030 – und in einer Gartner-Befragung von 2023 planen 80 Prozent der CIOs die vollständige Übernahme der Technologie innerhalb der nächsten drei Jahre. Welche Chancen, aber auch Herausforderungen sehen Unternehmen bei der Einführung der Technologie? Wie begegnen sie möglichen Schwierigkeiten? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des SAP LeanIX AI Surveys 2024, für den von Dezember 2023 bis Januar 2024 online 226 IT-Experten aus dem globalen Kunden-Portfolio von SAP LeanIX befragt wurden. 71 Prozent der Befragten arbeiten in Europa, weitere 19 Prozent in US-amerikanischen Unternehmen. Sie verteilen sich gleichmäßig auf Firmen unterschiedlicher Größe, wobei 40 Prozent in Organisationen mit über 10.000 Mitarbeitenden beschäftigt sind. Den größten Anteil an der Stichprobe machen mit 67 Prozent Enterprise Architekten aus.

Mehr Effizienz und signifikante Steigerung der Arbeitsqualität durch KI

Knapp 80 Prozent der Unternehmen erwarten von künstlicher Intelligenz eine Beschleunigung von Arbeitsprozessen. Aber auch die Qualität der Arbeit wird sich durch KI verbessern: Davon zeigt sich knapp die Hälfte der Befragten überzeugt. Schon heute wird generative KI in knapp einem Drittel der befragten Unternehmen von den Mitarbeitenden intensiv genutzt – ob eingebettet in Applikationen oder mit separaten Tools. Allerdings gibt mit 48 Prozent der größte Anteil an, künstliche Intelligenz momentan noch in begrenztem Umfang einzusetzen, während 20 Prozent aktuell keine Nutzer sind.

Welche Gründe hindern Firmen daran, die Technologie umfassend einzusetzen? Am häufigsten werden Datensicherheitsrisiken genannt (72 Prozent), gefolgt von Unklarheit über rechtliche Konsequenzen (59 Prozent). Knapp die Hälfte der Befragten sieht auch fehlendes Knowhow der Mitarbeitenden im Umgang mit KI als Schwierigkeit. Ethische Bedenken oder zu hohe Kosten beschreiben hingegen nur 22 beziehungsweise 16 Prozent als Hürden.

Drei Viertel der Unternehmen, in denen KI derzeit bereits angewandt wird, begegnen solchen Bedenken offenbar durch Regelungen, die den Zugang oder die Nutzung künstlicher Intelligenz limitieren. In der Hälfte der Firmen ist der Einsatz auf KI-Modelle vorab geprüfter SaaS-Anbieter beschränkt. Ebenso viele lassen die KI-Nutzung nur für bestimmte Aufgabenbereiche zu.

Notwendigkeit eines Rahmenwerks für KI Governance im Unternehmen

Ein KI Governance Framework halten fast alle für erforderlich. Bereits implementiert haben es aber nur 19 Prozent, während sich die meisten derzeit in der Entwicklungsphase befinden. Dass internationale Firmen einem solchen Framework hohe Bedeutung beimessen, liegt vor allem an den geplanten gesetzlichen Regulierungen für den verantwortungsvollen Einsatz künstlicher Intelligenz. Gartner erwartet, dass weltweit die Hälfte aller Regierungen bis zum Jahr 2026 entsprechende Vorgaben entwickeln wird. Am weitesten fortgeschritten ist die Europäische Union: Das Europäische Parlament hat im März 2024 dem EU AI Act zugestimmt, der zwei Jahre nach der offiziellen Veröffentlichung – die für diesen Sommer erwartet wird – vollständig in Kraft treten wird. Dieser verlangt von Firmen eine genaue Auskunft über das Risikoniveau ihrer Anwendungsfälle und droht bei Unterlassung mit Strafen von bis zu 7 Prozent des gesamten jährlichen Umsatzes.

Derzeit fühlen sich die wenigsten auf KI-Regulierungen gut vorbereitet

Nur 15 Prozent der befragten Unternehmen geben an, gut auf die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zur KI-Nutzung vorbereitet zu sein, die in ihren Regionen existieren oder derzeit entstehen. Mehr als die Hälfte hält sich nur teilweise für gerüstet – und ein Drittel sieht sich derzeit nicht in der Lage, solchen Regulierungen zu entsprechen. Bemerkenswert ist, dass selbst in Firmen mit einem bereits implementierten KI Governance Framework weniger als 40 Prozent der Befragten ihr Unternehmen gut vorbereitet sehen.

Dass so viel Unsicherheit in Bezug auf die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben besteht, lässt sich zwar auch dadurch erkären, dass sich vieles noch im Entstehungsprozess befinden. Doch zumindest das Regelwerk in der Europäischen Union liegt ausgearbeitet und verabschiedet vor – und der größte Teil der Befragten ist in Unternehmen in Europa tätig. Woran hakt es also?

Nur ein kleiner Teil verfügt über eine Übersicht, was die Nutzung generativer KI betrifft

Egal wie die gesetzlichen Bestimmungen letztlich aussehen werden, müssen Unternehmen auf jeden Fall verstehen, an welcher Stelle in der Organisation von wem in welcher Form künstliche Intelligenz genutzt wird. Das sehen auch die Befragten des SAP LeanIX AI Surveys 2024 so. 90 Prozent von ihnen geben mit Blick auf die nahe Zukunft an, dass ein umfassender Überblick über die Nutzung generativer KI im Unternehmen wichtig oder sehr wichtig ist. In mehr als einem Drittel der befragten Unternehmen gibt es momentan jedoch keine klaren Zuständigkeiten für die Nachverfolgung dieser Informationen – oder sie werden erst gar nicht erhoben. Die Diskrepanz zwischen Relevanz und Realität überrascht vor diesem Hintergrund nicht: Aktuell sind nur in 14 Prozent der befragten Firmen umfassende Nutzungsdaten zu generativer KI verfügbar.

Fazit: Ohne Transparenz über KI-Nutzung keine KI-Governance

Die vorliegende Studie zeigt, dass drei Viertel der Unternehmen, in denen generative KI bereits genutzt wird, deren Einsatz mit verschiedenen Regeln limitieren. Fast alle sehen die Notwendigkeit für ein KI Governance Framework. Die meisten Firmen befassen sich aktuell mit der Entwicklung eines solchen Rahmenwerks oder haben dieses sogar schon implementiert. Woran es aber in 86 Prozent der Unternehmen mangelt, sind umfassende Informationen über die Nutzung künstlicher Intelligenz. Und das, obwohl fast alle Befragten sich darin einig sind, dass diese Daten dringend benötigt werden. Sie bilden die Grundlage für jedes KI Governance Framework und sind unverzichtbar, um gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Denn wie sollen Unternehmen zum Beispiel das Risikoniveau ihrer Anwendungsfälle beschreiben, wenn sie nur teilweise oder gar keinen Überblick über diese haben?

Die Erfassung solcher Informationen ist offenbar nicht immer klar geregelt. Dabei gibt es Spezialisten für die Technologie-Landschaft, die prädestiniert sind, mit Hilfe geeigneter Tools diese Daten zur KI-Nutzung bereit zu stellen: Enterprise Architekten können zum Game Changer für ihre Unternehmen werden, indem sie zum einen eine verantwortungsvolle, rechtskonforme Nutzung künstlicher Intelligenz ermöglichen und zum anderen den bereiten Einsatz der viel versprechenden Technologie an den richtigen Stellen beschleunigen.


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