Ganz im Zeichen von Künstlicher Intelligenz steht die große e-Government Konferenz der ADV (Arbeitsgemeinschaft Daten Verarbeitung), die im Wiener Rathaus gerade stattfindet. Gestern abends feierte die ADV auf der Konferenz zudem das 60 Jahr-Jubiläum. [...]
„Erfolgreiche digitale Verwaltung – Die Österreichische Verwaltung im Jahr der Digitalisierung“, unter diesem etwas sperrigen Titel steht heuer die große e-Government Tagung, die mit rund 250 Teilnehmern gut besucht ist. Das umfangreiche Programm umfasst drei parallele Tracks und soll laut ADV Präsident Roland Ledinger einerseits den Diskurs der Community und der ADV Mitglieder ermöglichen, aber vor allem mit vielen unterschiedlichen Lösungen, Konzepten und Ideen aufzeigen, „wie Österreich auch in Zukunft das vorhandene Potenzial nutzen kann, um e-Government zu m-Government bzw. zu einem umfassenden digitalen Amt auszubauen“. Das Thema e-Government beschäftigt aber nicht nur den Public Sektor, sondern vor allem auch die IT-Branche, die vielfach für die Umsetzung der Ideen und Konzepte beauftragt wird. Rund 30 Unternehmen wie A1, accenture, ATOS, Axians, IBM, SAP, Fabasoft, Cisco, RedHat – um nur einige zu nennen – agieren als Partner der Konferenz.
Ein großer Schwerpunkt ist heuer das große Thema Künstliche Intelligenz. Gleich zu Beginn der Konferenz gab es dazu einiges an Theorie und schönen Worten: Sowohl das Ministerium für Digitalisierung (BMDW) als auch die Stadt Wien haben eine KI-Strategie erarbeitet. „Wir brauchen einen rechtlichen, ethischen und technologischen Rahmen für KI“, betonte etwa dazu Wolfgang Ebner vom BMDW. Für die KI-Strategie des BMDW wurden sieben Arbeitsgruppen gebildet, rund 20 bis 30 Experten haben pro Gruppe mitgearbeitet. Es gehe darum, Vertrauen zu schaffen, den persönlichen Nutzen hervorzuheben sowie das Eco System weiterzuentwickeln, um so die Zukunft erfolgreich zu gestalten. Vor allem auch die Akzeptanz in der Bevölkerung sowie das große Thema Bildung seien im Zusammenhang mit KI von größter Bedeutung, sagte Ebner.
KI-Strategie der Stadt Wien
Seit 2014 gibt es die „digitale Agenda“ der Stadt Wien, die laufend weiter entwickelt wird, verwies Ulrike Huemer, CIO der Stadt Wien, auf die langjährige strategische Ausrichtung in punkto Digitalisierung – im September wird dazu eine neue Fassung auch im Gemeinderat veröffentlicht. 2018 wurde bereits ein großer Schwerpunkt auf KI gesetzt, gerade auch in der Verwaltung „habe man KI schon länger am Radar“, sie nannte etwa den WienBot, den digitalen Assistenten der Stadt Wien, der Ende 2017 erstmals präsentiert wurde, sowie das große KI-Projekt mit dem Krankenanstaltsverbund, wo via IBM Watson sämtliche medizinischen Patientendaten des KAVs – dieser kam 2016 in seinen Krankenhäusern, Geriatriezentren und Pflegewohnheimen auf knapp 256.000 stationäre Aufnahmen und gut 2,7 Millionen Ambulanzbesuche – erfasst, kategorisiert und verwalten werden. Darüber hinaus soll das System quasi als „kognitives Assistenzsystem“ die Ärzte unterstützen. Im Detail wurden die Schritte zur KI-Strategie dann von Sandra Heissenberger, CISO der Stadt Wien, präsentiert. Eine Stadt wie Wien brauche eine KI-Strategie, „weil KI ein wesentlicher Treiber für Digitalisierung ist und für nachhaltige Veränderung sorgen wird. Wir haben eine bodenständige auf Anwendungen orientierte KI-Strategie entwickelt“, sagte Heissenberger. Ganz zentral sei dabei aber immer die Frage, wie man mit Daten umgehe. Beide Strategien, vom BMDW und von der Stadt Wien, werden im Herbst offiziell der Öffentlichkeit präsentiert. Beim anschließenden Panel „KI & Recht“ wurde zu Fragen der Haftung, des Datenschutz, der Regulierung und Rechtsphilosophie von einem rein weiblich besetzten Podium diskutiert.
Recht & KI: Inwieweit automatisieren?
Bettina Höchtl, Forscherin an der Donau-Uni Krems, meinte dazu: „Wir wissen alle, die Verwaltung hat begrenzte Ressourcen. Aber es ist wichtig zu wissen: Was muss man im Verwaltungs- wie auch im privaten Kontext beachten, um automatisierte Entscheidungen zuzulassen?“ Der Frage der Rechtspersönlichkeit von Robotern erteilte sie eine Absage: „Nach aktueller Einschätzung ist es nicht angebracht, dass man einer Sache oder einem Objekt eine Rechtspersönlichkeit zuordnet.“
Sophie Martinetz von Future-Law, brach eine Lanze für vernünftige Automatisierung: „KI ist ein Hype, den man nicht wegdiskutieren kann. Wir brauchen AI um Ordnung in unsere Daten rein zu bekommen.“ Zur Frage, ob Richter in Zukunft durch KI unterstützt oder ersetzt werden sollen, meinte sie: „Ich glaube nicht, dass eine Maschine per se schlechter entscheidet, vorausgesetzt die Bedingungen passen.“ Allerdings sei das bei komplexen Fragen oder Fällen in der Praxis noch schwer möglich, gab Höchtl zu bedenken, „da sind wir technisch sicher noch nicht so weit.“
Zur Datenschutzfrage wurde vor allem das Problem erörtert, dass sich internationale Konzerne wie Google oder Microsoft nicht an die europäische DSGVO halten. „Ziel ist es, die DSGVO auch außerhalb Europas durchzusetzen. Als Problem sehe ich allerdings im Moment die konkrete Umsetzung“, stellte Alexandra Ebert von Mostly AI fest. Eine wirkungsvolle Maßnahme, um in punkto DSGVO Druck auf Konzerne zu erzeugen, seien Sammelklagen, „davon braucht es noch mehr, damit sich bei großen Unternehmen etwas ändert“, so Ebert. Bei aller Technik gehe es darum, nicht auf die Werte und auf die Menschen zu vergessen, waren sich alle drei einig.
KI sorgt für frischen Wind
Das Thema KI zog sich weiter wie ein roter Faden durch die Konferenz, zu Wort kamen etwa Christian Habernig (Stadt Wien) mit dem Thema „Künstliche Intelligenz zwischen Mythos und Wirklichkeit“, nochmals Bettina Höchtl, die „KI in der Verwaltung aus datenschutzrechtlicher Perspektive“ beleuchtete sowie Anna-Sophie Nowak (beide Donau Uni Krems), die im Projekt ManyLaws die Frage nach dem Zugang zum Recht bzw. nationalen sowie europäischen Rechtsdatenbanken präsentierte. Auch beim neuen elektronischen Akt (ELAK) soll KI eine Rolle spielen, wie Vinzenz Wukits vom BMDW zeigte. Im Finanzministerium läuft seit Ende 2017 ein eigenes Predictive Analytics Projekt (basierend auf einem SAS System), womit neben dem Reporting für die Fachbereiche jetzt auch Risikobewertung und Betrugsbekämpfung möglich sind. Neu in Arbeit ist ein Realtime Scoring, das eine Risikoeinschätzung in Sekunden ermöglichen soll.
Große Kosten- und Zeit-Einsparungen für die Verwaltung und Unternehmen verspricht das Projekt Once Only, das vom BMDW in Zusammenarbeit mit Plaut realisiert wird. Ziel ist die einmalige Erfassung bzw. Bereitstellung von Daten durch Unternehmen an Verwaltung/Ämter statt wie bislang die Notwendigkeit, jedem Amt separat notwendige Daten übermitteln zu müssen. Die simpel klingende Idee dahinter: Behörden werden über einen Register- und Systemverbund miteinander verbunden. 23 Anwendungsfälle wurden identifiziert, vergangene Woche ging die einfache und einmalige Meldung einer Standortverlegung für Unternehmen als erster Usecase live. Beim zweiten Usecase „Mein erstes Jahr“ sollen alle Meldeverpflichtungen für Unternehmensgründer abgedeckt werden.
60 Jahre ADV gefeiert
Im Anschluss an die Konferenz wurde der 60 jährige Bestand der ADV ordentlich gefeiert. Ehrungen gab es von ADV Präsidenten Roland Ledinger und ADV Vorstand Ulrike Huemer u.a. für den langjährigen ADV Generalsekretär Johann Kreuzeder, für den ehemaligen ADV Präsidenten Arthur Winter sowie für treue jahrzehntelange Mitgliedschaft an Helmut Maschek. Neu ist das Branding „Austrian Digital Value“, auch die ADV Website wurde einem Relaunch unterzogen. Zum Jubiläum gab es natürlich auch eine Riesen-Torte.
Aktuell zählen rund 400 Experten aus Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft sowie 350 Unternehmen und öffentliche Institutionen zum Netzwerk der ADV. Das Büro befindet sich seit April 2019 im WeXelerate Startup- und Innovationshub in Wien-Leopoldstadt. Als Anwender-orientierter Verband organisiert die ADV für ihre Mitglieder Kongresse, Seminare, Schulungen sowie auch den IT-Ball, der heuer am 22.November stattfinden wird.
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