Kollege Maschine, übernehmen Sie!

Moderne Roboter helfen in der Gastronomie und in der Pflege, warten Brücken und erleichtern der Feuerwehr die Arbeit. [...]

Foto: Lukas/Pixabay

Sie sind die perfekten Mitarbeiter: immer vor Ort, immer hoch motiviert und nie schlafen sie – es sei denn, der Akku geht zur Neige. Die Rede ist von modernen Robotern, die in vielen Bereichen unseres Lebens auf dem Vormarsch sind.

BellaBot: Der praktische Service-Roboter ist schon heute in vielen Restaurants unterwegs, um das Personal zu entlasten.
(Quelle: Pudu Technology)

Bereits heute gibt es zum Beispiel viele Restaurants, in denen sich Service-Roboter in forschem Tempo zwischen den Tischen bewegen, um Speisen zu bringen oder schmutziges Geschirr abzuräumen. In der Gastronomie herrscht ein eklatanter Personal­mangel – weswegen Service-Roboter als Hilfskellner losgeschickt werden.

Die Gastro-Helfer sehen in der Regel allerdings genau nach dem so aus, was sie sind: Service-Roboter. Menschlich wirkt an ihnen ziemlich wenig, abgesehen vielleicht von einem süßen Gesicht auf dem Display.

Doch es gibt bereits diverse sogenannte humanoide Roboter, deren Aussehen der menschlichen Gestalt nachempfunden sind. Das Ziel dabei: Die technischen Helfer sollen auf mehr Akzeptanz stoßen. Das ist wichtig, wenn solche Roboter beispielsweise in der Pflege eingesetzt werden.

Eines steht fest: Roboter dringen über kurz oder lang in immer mehr Bereiche vor und übernehmen immer mehr Arbeiten. Forscher rund um den Erdball arbeiten an der Roboter-Entwicklung. com! professional hat sich umgesehen und stellt die interessantesten Projekte vor.

Pepper: 1,20 Meter klein und mit schwarzen Kulleraugen hat der Roboter etwas Menschliches an sich. Er lässt sich zum Beispiel in der Pflege einsetzen.
(Quelle: Aldebaran)

Alles andere als trivial …

Vor Herausforderungen stellt die Forscher vor allem die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine. Welche Herausforderungen das sein können, zeigt ein Beispiel, das sich eigentlich nach einer gar nicht so komplizierten Sache anhört: ein Roboter, der dem Menschen beim Anziehen einer Jacke oder eines Sakkos hilft.

Das Problem dabei: „Der Roboter kann den menschlichen Arm während des gesamten Anziehvorgangs nicht sehen“, erklärt Shen Li, Doktorand im Department of Aeronautics and Astronautics am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Insbesondere könne der Roboter nicht immer den Ellbogen sehen oder dessen genaue Position oder Haltung bestimmen.

Das wiederum wirke sich auf die Kraft aus, die der Roboter aufwenden muss, um das Kleidungsstück – etwa ein langärmeliges Hemd – von der Hand zur Schulter zu ziehen.

Doch nun ist es den Forschern der Interactive Robotics Group am MIT gelungen, das Problem zu lösen. Ein sogenannter Zustandsschätzungs-Algorithmus ermöglicht es, einigermaßen präzise Schätzungen darüber anzustellen, wo sich der Ellbogen zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet und wie der Arm geneigt ist – ob er gerade ausgestreckt oder am Ellbogen angewinkelt ist, ob er nach oben, nach unten oder zur Seite zeigt – selbst wenn er vollständig durch Kleidung verdeckt ist.

Der Algorithmus umfasst auch ein dynamisches Modell, das vorhersagt, wie sich der Arm in Zukunft bewegen wird, und jede Vorhersage wird durch eine Messung der Kraft korrigiert, die zu einem bestimmten Zeitpunkt auf den Stoff ausgeübt wird.

Das Modell zur Vorhersage der Armbewegungen und der Ellbogenposition sowie das Modell zur Messung der vom Roboter ausgeübten Kraft beruhen auf maschinellen Lernverfahren. Die Arbeit der Forscher konzentrierte sich bislang ausschließlich auf die Schätzung – die möglichst genaue Bestimmung der Position des Ellbogens und der Armhaltung.

Für die Zukunft plant das Team die Entwicklung eines Roboters, der die individuellen Bewegungsabläufe verschiedener Menschen berücksichtigen kann – und nicht nur einer Testperson, mit der der Roboter üben konnte.

Anzieh-Roboter: Das Beispiel zeigt, wie kompliziert die Mensch-Maschine-Interaktion ist und mit welchen Problemen Forscher zu kämpfen haben.
(Quelle: MIT)

Der Anzieh-Roboter der MIT-Forscher ist noch in der Entwicklungsphase, er kann vielleicht einmal in Altersheimen zum Einsatz kommen.

Das Beispiel zeigt, wie kompliziert die Interaktion zwischen Mensch und Maschine ist und was für zunächst trivial wirkende Hürden die Entwickler zu überwinden haben.

Unterstützung für die Feuerwehr

Forscher der Autonomen Universität Madrid (UAM) und der Universität Rey Juan Carlos (URJC) im spanischen Móstoles haben einen Roboter entwickelt, der in Notsituationen eingreifen und in Echtzeit Informationen für Rettungskräfte sammeln kann.

Wenn in einem Gebäude ein Feuer ausbricht, dann sind sich die Feuerwehrleute oft nicht der Gefahren bewusst, die dort lauern. Künftig könnten kleine Bodenroboter diese Areale erkunden, um Brandherde oder die Toxizität der Umgebung zu ermitteln sowie mögliche Opfer und sichere Zugangswege zu ihnen zu lokalisieren.

Wenn Feuerwehrleute auf einen Brand in einem Innenraum reagieren, ist eines der größten Probleme der Mangel an Informationen über die Umgebung, die Ziele des Einsatzes und die Gefahren, mit denen sie konfrontiert sind. So liegen zum Beispiel möglicherweise keine Gebäudepläne vor oder das Feuer hat die Gebäudestrukturen verändert.

Die Idee der Forscher der UAM und der URJC besteht jedoch nicht darin, dass Roboter die Feuerwehr ersetzen, sondern dass sie sie bei ihren Einsätzen unterstützen und schützen. So sollen die Roboter vor den Feuerwehrleuten aktiv werden und mithilfe von Sensoren Informationen über den Einsatzort und das Feuer sammeln, zum Beispiel zur Temperatur oder zur Luftqualität.

Feuerwehr-Roboter: Der kleine Helfer soll Feuerwehrleute unter­stützen, indem er zum Beispiel vor dem Betreten eines brennenden Hauses die Lage checkt.
(Quelle: UAM)

Der Feuerwehr-Roboter ist dafür unter anderem mit Ultraschallsensoren ausgestattet, um Hindernisse zu erkennen. Außerdem sind Sensoren zur Messung von Temperatur, relativer Luftfeuchtigkeit und Luftqualität (eCO2, TVOC, H2 und Ethanol) installiert.

Diese Messungen werden in Echtzeit an die Basisstation gesendet und in einer Datenbank gespeichert, um die Umgebungsbedingungen des Feuers zu ermitteln, den Standort des Brandherds genau zu bestimmen und den Feuerwehrleuten zu ermöglichen, die jeweils am besten geeigneten Entscheidungen zu treffen.

Darüber hinaus kann der Roboter etwa Wärmebildkameras tragen, um Flammen und Opfer zu lokalisieren, was es den Feuerwehrleuten erleichtert, schnellere Einsätze mit weniger Risiko zu planen. Künftig könnten Roboter wie diese auch mehr Aufgaben übernehmen, etwa das Löschen des Feuers selbst, die Suche und die Rettung von Opfern, die Entschärfung bestimmter Gefahren, die Vorhersage der Flammenentwicklung oder die Strukturanalyse des Gebäudes.

Roboter-Fee zur Obstbaum-Bestäubung

Ein Roboter ganz anderer Art ist der Fairy Flying Aero Robot der Universität Tampere. Er soll ein Problem lösen, das die gesamte Menschheit betrifft: den steigenden Verlust an Bestäubern wie Bienen.

Der passiv fliegende Roboter aus Finnland ist mit künstlichen Muskeln ausgestattet und soll „als künstliche Fee“ bei der Bestäubung von Obstbäumen helfen. Er ähnelt Löwenzahnsamen.

Feen-Roboter: Dieser künstliche Löwenzahnsamen soll einmal beim Bestäuben großer Pflanzenfelder helfen.
(Quelle: Tampere University / Jianfeng Yang)

Der winzige Flying Aero Robot wiegt nur 1,2 Milligramm und kann so leicht in der Luft schweben. Die Flugrichtung bestimmt dabei, wie bei echtem Samen, der Wind.

Der Roboter lässt sich aber auch durch Lichtquellen wie eine LED oder einen Laserstrahl steuern. Hierzu verändert das Polymer des Roboters beim Auftreffen des Lichts seine Struktur.

Bis die kleine Fee die ersten Pflanzen bestäubt, wird es allerdings noch dauern. Die Forscher arbeiten daran, die Struktur so zu vergrößern, dass der Roboter zum Beispiel ein GPS oder Sensoren tragen kann.

Die Vision ist aber klar: In Zukunft könnten Millionen dieser künstlichen Löwenzahnsamen Pollen durch die Luft tragen und mit Licht zu bestimmten Bäumen gelenkt werden, die auf Bestäubung warten.

Spider-Man-Roboter als Extremkletterer

Bei diesem Roboter würde der Comic-Held Spider-Man neidisch werden: Marvel, entwickelt vom Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST), soll bei Wartungsarbeiten an Stahlkonstruktionen wie Brücken oder Öltankern helfen.

Dazu bewegt sich Marvel an Wänden empor und selbst an Decken – sofern der Untergrund magnetisch ist, was bei vielen Stahlsorten der Fall ist.

Die Forscher haben für die Beine des 8 Kilogramm schweren Roboters Fußpolster aus Elektromagneten entwickelt, die ihre magnetische Kraft schnell ein- und ausschalten können. Je nach Gangart werden also die Magneten an den Füßen aktiviert oder deaktiviert.

Marvel ist so auf vertikalen Wänden mit rund 70 Zentimetern pro Sekunde unterwegs, über Kopf an der Decke mit bis zu 50 Zentimetern pro Sekunde. Laut KAIST ist Marvel damit der derzeit schnellste Kletterroboter. In Test bewies Marvel, dass er auch auf gestrichenen, staubigen oder rostigen Oberflächen von Wassertanks laufen kann – mit bis zu 35 Zentimetern pro Sekunde.

Der vierbeinige Kletterroboter soll später einmal in großem Umfang für die Inspektion, Reparatur und Wartung großer Stahlkonstruktionen wie Schiffen, Brücken, Übertragungsmasten oder Ölpipelines eingesetzt werden.

Da die dort anfallenden Arbeiten mit großen Risiken wie Stürzen, Erstickungsgefahr und anderen Unfällen verbunden sind, die zu schweren Verletzungen oder zum Tod führen können, sei der Bedarf an Automatisierung in diesen Bereichen am dringlichsten.

Vorlesen mit Gefühl

Wer kennt das nicht: Man bekommt eine Kurznachricht auf das Smartphone und ärgert sich über deren Inhalt, zum Beispiel weil jemand eine Verabredung absagt. Dagegen möchten die Wissenschaftler der japanischen Universität Tsukuba etwas tun.

Sie haben einen kleinen Roboter entwickelt, der unangenehme Nachrichten positiver rüberbringen soll: „Dieses Gerät könnte dazu beitragen, die sozialen Interaktionen in einer Welt zu verbessern, in der wir zunehmend digital kommunizieren“, so die Forscher aus Japan.

Omoy: Der Roboter hilft dabei, negative Emotionen beim Lesen unangenehmer Nachrichten zu unterdrücken.
(Quelle: University of Tsukuba)

Der kleine Roboter namens Omoy lässt sich in der Hand halten und drückt beim Vorlesen von Kurznachrichten Emotionen durch Verlagerungen seines Gewichts aus.

Omoy wurde so konzipiert, dass er die Wut des Benutzers und andere negative Gefühle wie Rachegedanken unterdrücken und stattdessen die Vergebung fördern soll.

Was zunächst etwas seltsam klingt, soll aber in Praxis funktionieren: Die Forscher testeten 94 Personen mit einer Nachricht wie „Es tut mir leid, ich bin zu spät. Ich habe den Termin vergessen. Können Sie noch eine Stunde warten?“

Das Team fand heraus, dass der Omoy-Roboter tatsächlich in der Lage war, negative Emotionen zu reduzieren.

„Der Roboter kann eine frustrierende Nachricht übermitteln und anschließend seine eigene Meinung kundtun. Wenn dies von entsprechenden Gewichtsverlagerungen begleitet wird, konnten wir feststellen, dass der Benutzer die Absicht des Roboters wahrnimmt, ihm zu helfen, sich zu beruhigen.“

*Konstantin Pfliegl ist Redakteur bei der Zeitschrift com! professional. Er verfügt über mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung als Journalist für verschiedene Print- und Online-Medien.


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