Österreicher:innen sehen Cyberkriminalität als größte Bedrohung der Zukunft

In Österreich wird die Kluft zwischen einem hohen subjektiven Sicherheitsgefühl und einer gleichzeitig wahrgenommenen Zunahme an Bedrohungen größer. Dies zeigt eine groß angelegte Sicherheitsstudie des Verbandes der Sicherheitsunternehmen Österreichs (VSÖ), die sich bereits vor dem Amoklauf an einer Grazer Schule mit dem Sicherheitsempfinden innerhalb der österreichischen Wohnbevölkerung auseinandergesetzt hat. [...]

Cyberkriminalität gilt für 37 Prozent aller in der VSÖ-Sicherheitsstudie befragten Personen als größte Bedrohung der kommenden Jahre. Und auch in Unternehmen wird sie als akutes Problem geortet: Mehr als die Hälfte der Sicherheitsbeauftragten (52 Prozent) sieht hier ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für ihr Unternehmen. Das ist mit weitem Abstand der höchste Wert aller wahrgenommener Bedrohungen. (c) stock.adobe.com/flipper1971

Mehr als die Hälfte der im Rahmen der Sicherheitsstudie 2025 Befragten sieht eine Verschlechterung der Sicherheitslage. Allerdings hängt das Sicherheitserleben stark von Alter, Bildung und Geschlecht ab. Cyberkriminalität wird dabei in Österreich als größte Bedrohung der Zukunft wahrgenommen.

„Wenn wir Schulwege sichern können, können wir auch darüber nachdenken, Schuleingänge zu sichern. Alles mit Maß und Ziel – eine Schule muss keine Festung werden, wie in den USA, das entspricht auch nicht unserer Sicherheitslage. Aber es gibt eine Vielzahl von präventiven Möglichkeiten, zu denen wir Expertise haben“, sagt VSÖ-Vorstand Martin Wiesinger. Die Bereitschaft zu mehr präventiver Sicherheit ist in der Bevölkerung grundsätzlich hoch. So zeigt die Studie etwa, dass es in Österreich eine hohe Zustimmung zu Sicherheitsdienstleistungen im öffentlichen Raum gibt. 76 Prozent der Frauen und 65 Prozent der Männer halten die Präsenz von Sicherheitsdienstleistern für wichtig. Daraus lässt sich ableiten, dass eine sichtbare Sicherheitspräsenz an öffentlichen Einrichtungen etwa durch Portierdienste oder geschultes Sicherheitspersonal für den Großteil der Bevölkerung eine adäquate Präventions- und Schutzmaßnahme darstellen könnte.

84 Prozent der Bevölkerung fühlen sich sicher in Österreich

84 Prozent der Bevölkerung fühlen sich zum Zeitpunkt der Studienerhebung sicher in Österreich. Gleichzeitig haben mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) den Eindruck, dass sich die Sicherheitslage in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert hat. Eine Verbesserung nehmen nur fünf Prozent wahr. Als größte Bedrohungen der kommenden Jahre werden von jeweils mehr als einem Drittel der Befragten Cyberkriminalität (37 Prozent), generelle Gewaltbereitschaft (36 Prozent) und politischer Extremismus (33 Prozent) genannt.

Die Untersuchung anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Verbandes der Sicherheitsunternehmen Österreichs bietet auf Basis einer repräsentativen Erhebung in der Wohnbevölkerung eine Bestandsaufnahme sicherheitsrelevanter Fragestellungen in Österreich, die es in diesem Umfang noch nicht gegeben hat. Gesondert betrachtet wurde dabei die Zielgruppe der Sicherheitsbeauftragten in Unternehmen. Mithilfe eines umfassenden Fragenkatalogs wurden die großen Themen aus dem Bereich Sicherheit von der Sicherheitslage in Österreich über das persönliche Sicherheitsgefühl bis hin zum Schutz von Wohnraum und Betriebsstandorten detailliert durchleuchtet.

VSÖ als Kompetenzzentrum für Sicherheitsrichtlinien

„Die Erkenntnisse der Sicherheitsstudie bestätigen die Schwerpunktsetzung in der Arbeit des VSÖ: Zertifizierung, Standardisierung, Ausbildungsoffensive und Aufklärung bzw. Informationstätigkeit adressieren Bereiche, die für die Menschen relevante Anliegen im Zusammenhang mit Sicherheit darstellen. Auch die Rolle, die der Verband im Zusammenspiel mit Akteuren der öffentlichen Sicherheit gefunden hat, scheint sich positiv auf das Niveau des allgemeinen Sicherheitsgefühls im Land auszuwirken“, analysiert VSÖ-Generalsekretär Robert Grabovszki.

Anlässlich des Amoklaufs in Graz bietet der VSÖ als Kompetenzzentrum für Sicherheitsrichtlinien den zuständigen Behörden und Einrichtungen seine Unterstützung an: „Der schreckliche Amoklauf in Graz löst auch in unseren Reihen große Betroffenheit aus. Umso wichtiger ist es uns, im Rahmen unserer Möglichkeiten einen Beitrag zu leisten, um die Sicherheit an öffentlichen Einrichtungen zu erhöhen. Wir bringen jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung von Richtlinien mit“, so VSÖ-Vorstand Mag. Martin Wiesinger. „Dieses Know-how können wir jetzt gerne gezielt einbringen, etwa durch das gemeinsame Erarbeiten praxisnaher Leitlinien für mehr Sicherheit an Schulen gemeinsam mit dem Bildungsministerium sowie den betroffenen Behörden und Trägern.“

Vielfältige Einflussfaktoren prägen Sicherheitsgefühl

Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist nicht einheitlich, sondern wird von vielen persönlichen und sozialen Faktoren beeinflusst. Die Studie zeigt, welche Rolle etwa Wohnort, Alter, Bildungsgrad oder Geschlecht dabei spielen:

  • Regionalisierung: Hier zeigt sich ein deutliches Land-Stadt-Gefälle, das Wiener Sicherheitsgefühl ist signifikant niedriger ausgeprägt. Während sich in der Bundeshauptstadt 75 Prozent der Befragten sehr/etwas sicher fühlen, sind es im übrigen Österreich 87 Prozent. 25 Prozent der Wiener*innen fühlen sich somit eher nicht/überhaupt nicht sicher.
  • Altersdynamiken: Ältere Personen sehen die Sicherheit künftig noch stärker durch klassische Kriminalität bedroht, jüngere Menschen fürchten eher aktuellere Gefahrenpotenziale wie etwa Cybercrime. So sehen 17 Prozent der 65- bis 75-jährigen Einbrüche als sicherheitsrelevante Bedrohung, in der Altersgruppe der 16- 29-Jährigen sind es acht Prozent. Umgekehrt erkennen 42 Prozent der Jungen Cyberkriminalität als wesentliches Bedrohungsfeld, während das nur für 31 Prozent der Älteren der Fall ist.
  • Bildung: Das allgemeine Sicherheitsgefühl ist etwa bei Personen mit Matura deutlich positiver ausgeprägt (91 Prozent fühlen sich etwas/sehr sicher) als bei jenen ohne Matura (81%). Weiteres Beispiel: Politischer Extremismus stellt für 29 Prozent der Menschen ohne Matura eine relevante Bedrohung dar, in der Gruppe mit höherem Bildungsabschluss ist dieser Anteil mit 42 Prozent deutlich höher.
  • Geschlechtsspezifische Aspekte: Die Wahrnehmung von Gefahren, aber auch, mit welchen Mitteln man ihnen begegnet, ist bei Männern und Frauen unterschiedlich. So empfinden etwa 22 Prozent der Frauen sexuelle Übergriffe als bedrohlich, bei Männern sind es 15 Prozent der Befragten. Die Präsenz von Sicherheitsdienstleistern im öffentlichen Bereich ist für 76 Prozent der Frauen, aber nur für 65 Prozent der Männer wichtig.

Cyberkriminalität: Datenzugang als Einfallstor

Cyberkriminalität gilt für 37 Prozent aller in der VSÖ-Sicherheitsstudie befragten Personen als größte Bedrohung der kommenden Jahre. Und auch in Unternehmen wird sie als akutes Problem geortet: Mehr als die Hälfte der Sicherheitsbeauftragten (52 Prozent) sieht hier ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für ihr Unternehmen. Das ist mit weitem Abstand der höchste Wert aller wahrgenommener Bedrohungen.

Der VSÖ engagiert sich bereits seit einigen Jahren dafür, Cybersicherheit auf die Agenda zu setzen. Ein großer Schritt gelang 2024 mit der „Technischen Richtlinie für Cybersecurity für Alarm-, Video- und Zutrittskontrollanlagen für Betreiber und Errichter“. Von den VSÖ-Mitgliedern auf Basis umfassender Expertise ausgearbeitet, zielt sie darauf ab, Errichter:innen von Sicherheitsanlagen und deren Kund:innen bei der Einhaltung von Qualitätsstandards zu unterstützen.

Bemerkenswert: 59 Prozent der Privatpersonen schätzen die Möglichkeit der Steuerung elektronischer Sicherheitssysteme über mobile Endgeräte – also gerade jene Vernetzung von Geräten, die Expert:innen als bedeutsames Einfallstor für Cyberangriffe ausmachen. Jürgen Leimer, Vorsitzender der Fachgruppe Elektronik im VSÖ: „Viele Menschen übersehen, dass über den Zugang zu Daten auch Zugriff auf physische Werte möglich wird. Diese Problematik wird in Zukunft weiter an Relevanz gewinnen und aufgrund der rasanten Verbreitung digitalisierter Sicherheitssysteme in Unternehmen, aber auch in privaten Smart Homes einen immer größeren Kreis von Menschen unmittelbar betreffen. Auch der Nachweis eines Versicherungsfalls wird zum Problem, da keine sichtbaren Einbruchsspuren vorliegen.“

Guter Kenntnisstand entscheidend

In solch komplexen Bereichen, wo intuitives Erfassen von Zusammenhängen und Risiken selbst für Expert:innen nur noch schwer möglich ist, wird Information zu einem entscheidenden Faktor. Die Sicherheitsstudie zeigt, dass dieser von der Bevölkerung auch große Bedeutung eingeräumt wird: Für 92 Prozent ist Aufklärung über Sicherheitsthemen sehr/etwas wichtig. Bei Frauen und in der jüngeren Zielgruppe steigt dieser Wert sogar auf 94,5 Prozent. Jürgen Leimer: „Wir verstehen diesen Befund als Auftrag, der Öffentlichkeit sicherheitsrelevante Inhalte noch ambitionierter als bisher zu vermitteln. Gerade in einer veränderungsintensiven Zeit, wie wir sie aktuell erleben, ist ein guter Informationsstand zur Etablierung hochwertiger Sicherheit mitentscheidend.“

Hoher Standard bei Produkten und Dienstleistungen gefragt

Von überragender Bedeutung entpuppt sich in der VSÖ-Sicherheitsstudie der Aspekt einer nationalen Zertifizierung als Qualitätsnachweis. „Das betrifft sowohl jene von Sicherheitsprodukten als auch die der Unternehmen, welche Sicherheitsanlagen errichten. Die Frage nach der Relevanz von Zertifizierungen haben die Befragten mit enorm hohen Zustimmungsraten bedacht“, sagt Herbert Maté, Vorsitzender der Fachgruppe Mechanik.

So spielt die Zertifizierung elektronischer Sicherheitssysteme für 89 Prozent der Privatpersonen eine wichtige Rolle (Sicherheitsbeauftragte 86 Prozent). Noch stärker ausgeprägt ist der Wunsch nach einer Zertifizierung der installierenden Unternehmen: Sie ist für 92 Prozent der Befragten wichtig (Sicherheitsbeauftragte 91 Prozent). Bei mechanischen bzw. mechatronischen Sicherheitssystemen ist die Qualitätszertifizierung von Produkten (87 Prozent) sowie Errichterfirmen (89 Prozent) für eine große Mehrheit der Befragten sehr/eher wichtig. Letztere sehen gar 94 Prozent der Sicherheitsbeauftrag­ten so, lediglich ein Prozent dieser Zielgruppe findet eine Unternehmens-Zertifizie­rung überhaupt nicht wichtig.


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