„Open Banking“, also die Öffnung von Finanzdaten für Drittanbieter, verunsichert Verbraucher, bietet aber der angeschlagenen Finanzbranche völlig neue Möglichkeiten. Laut der „Open Banking Konsumentenstudie“ der Unternehmensberatung A.T. Kearney kann eine Bank zur Lifestyle-Plattform werden, die alle finanziellen Aspekte des Lebens organisiert, von der Wahl des Stromanbieters bis zur Versicherung. [...]
Seit Anfang dieses Jahres ist dies durch die neue „PSD2 Open Bank-Richtlinie“ möglich, dass eine Bank, ein E-Mail-Anbieter oder Facebook könnte alle Zahlungen für jemanden leisten, den Stromtarif auf Basis des Verbrauchs optimieren oder bei jedem Urlaub eine Reiseversicherung abschließen kann. A.T. Kearney befragte 20.000 Konsumenten in Europa und den USA, davon 500 in Österreich, was sie von dieser neuen Chance halten. Das Fazit: Überzeugen Service und Mehrwert, dann sind Kunden bereit, ihre Finanzdaten mit Dritten zu teilen.
„41 Prozent der Österreicher würden ihre Finanzdaten mit einem Drittanbieter teilen, wenn so ihre Steuern oder Sozialleistungen automatisch verwaltet werden könnten. Jeder dritte Befragte ist auch daran interessiert, seine Versorgungszahlungen (Gas-, Strom-, aber auch Mobilfunkrechnungen) auf diesem Weg zu optimieren“, sagt Studienautorin Daniela Chikova, Partnerin Financial Services bei A.T. Kearney. Wer also den Stromanbieter, Versicherer, Netzbetreiber etc. wechseln möchte, der kann bald auf Vergleichsplattformen wie Durchblicker verzichten, da die Internetpräsenz der Hausbank diese Aufgabe übernimmt oder sogar aktiv die besten Tarife und Konditionen anbietet.
Maximales Vertrauen notwendig
Ob Open Banking zur Erfolgsgeschichte wird, hängt in erster Linie vom Vertrauen der Konsumenten ab. Die meisten Verbraucher erwarten, dass ihre Daten sicher sind und ernsthaft geschützt werden. Die Österreicher sind hier laut Chikova besonders skeptisch. Nur 24 Prozent der Befragten wären bereit, Dritten einen Zugriff zu gewähren. In Osteuropa sind die Bedenken in Bezug auf Datenschutz deutlich geringer. 44 Prozent der Kroaten und 39 Prozent der Italiener beantworteten diese Frage positiv. Für 34 Prozent der Österreicher ist die Sicherheit das wichtigste Kriterium, 18 Prozent würden Open Banking immerhin aus Bequemlichkeit erlauben.
Genau hier können die alteingesessenen Hausbanken der neuen Konkurrenz aus dem Netz die Stirn bieten. 78 Prozent der österreichischen Konsumenten vertrauen ihrer Primärbank am meisten. Im Gegensatz dazu sind Internetriesen wie Amazon, Google & Co mit 14 Prozent hier weit abgeschlagen. Dazu kommt, dass die Österreicher kaum Lust auf einen Wechsel der Bank aufweisen. Nur 12 Prozent der Österreicher spielen sich mit dem Gedanken, die Hausbank zu wechseln; der europäische Durchschnitt liegt bei 21 Prozent. Auf ihren Vertrauens-Lorbeeren sollten sich die Banken trotzdem nicht ausruhen, denn mit Paypal ist noch ein Internet-Player im Rennen. „Bereits heute vertrauen 58 Prozent der Europäer Paypal. Das ist ein bedeutendes Treuekapital, das die Firma in nur 20 Jahren ihres Bestehens aufgebaut hat. Der Grund dafür ist, dass PayPal nicht nur bequem, sondern nachweislich auch sicher ist“, so der zweite Studienautor Achim Kaucic, Principal Financial Services bei A.T. Kearney.
Kommt die „Bank of Amazon“?
Für die anderen Internetriesen ist Open Banking trotzdem eine Option, ermöglicht es doch, eigene Finanzdienstleistungen zu erweitern. Amazon verfügt über einen Schatz an Kundendaten. In Zusammenarbeit mit Visa bietet Amazon schon heute eine Kreditkarte an. Über Amazon Cash können Kunden auch Bargeld auf ihr Amazon-Konto laden, und man ist in Gesprächen mit US-Großbanken, um eine Art Girokonto für junge Kunden zu entwickeln. „Längerfristig macht derjenige das Rennen, der es schafft, positive Kundenerfahrung, Datenanalysefähigkeit, Agilität und starke Marken miteinander zu verschmelzen“, so Chikova.
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