Rechenzentren im Roten Bereich? Steigende Temperaturen und Stromrechnungen verlangen nach Lösungen

Die jüngsten Hitzewellen sind und bleiben keine einmaligen Ereignisse. Jeder, der den Sommer 2022 erlebt hat, kann sehen, dass der Klimawandel das Quecksilber in die Höhe treibt. [...]

Foto: Markus Grau, Principal Technology Strategist bei Pure Storage [Quelle: Pure Storage]

Damit wird die Herausforderung, Rechenzentren kühl zu halten, immer komplexer, teurer und energie-intensiver. Der dafür erforderliche Strombedarf wirkt sich sogar auch auf andere Infrastruktur-Bereiche aus, wie kürzlich in London zu sehen war, wo der hohe Strombedarf von Rechenzentren sogar den Bau neuer Häuser beeinträchtigt.

Mit dem wachsenden Datenvolumen wird der Bedarf an Speicherressourcen in Rechenzentren nur noch zunehmen. Von sinkenden Strompreisen ist zudem mittelfristig auch nicht auszugehen.

Markus Grau, Principal Technology Strategist bei Pure Storage, nimmt die aktuellen Herausforderungen unter die Lupe. Der Experte für Storage und Data Management zeigt langfristige Lösungswege auf, wie fortschreitende Digitalisierung und der damit stets steigende Bedarf an Speicherressourcen mit steigenden Stromkosten und erhöhtem Kühlungsbedarf in Rechenzentren vereinbart werden könnte:

„Für diejenigen von uns, die in der Welt der Datenspeicherung und -verarbeitung tätig sind, ist es keine neue Herausforderung, kühl zu bleiben. Jeder Leiter eines Rechenzentrums ist mit der Notwendigkeit vertraut, einen effizienten Stromverbrauch und konstante Temperaturen mit den Anforderungen des Unternehmens in Einklang zu bringen.

Es gibt zwar viele High-End-Technologien, die bei der Kühlung von Komponenten helfen können, aber diese sind oft schwer zu implementieren oder sie müssen in bestehenden Rechenzentren nachgerüstet werden. Zum Glück gibt es einige pragmatische, nachhaltige Strategien, die als Teil einer ganzheitlichen Lösung in Betracht kommen.

Kühlere Luft zirkulieren lassen

Es sollte selbstverständlich sein, dass eine gute Klimatisierung ein Grundpfeiler aller Rechenzentren sein sollte. Es ist beunruhigend zu lesen, dass Gebäude auf Sachen wie Schläuche zurückgreifen müssen, um sicherzustellen, dass HVAC-Systeme (Heating, Ventilation and Air Conditioning) mit der Kühlung zurechtkommen (www.bloomberg.com/news/articles/2022-07-19/how-to-keep-cool-in-heatwave-uk-data-centers-use-hosepipes-on-roofs).

Wer die Möglichkeit besitzt, kann eventuell durch den Bau von Rechenzentren in kälteren Gegenden viel zur Reduzierung der Kühllast beitragen. Natürlich ist dies für viele keine praktische Option. 

Die Sicherstellung einer stabilen Stromversorgung für die HVAC-Systeme stellt eine Grundvoraussetzung dar. Für die Business Continuity und Notfallplanung sind Backup-Generatoren eine notwendige Vorsichtsmaßnahme – sowohl für Kühltechnologien als auch für Rechen- und Speicher-Ressourcen. Pläne für Business Continuity und Disaster Recovery sollten bereits Vorkehrungen für den Fall enthalten, dass die Stromversorgung und die Notfallstromversorgung ausfallen. 

Wenn die Temperaturen in die Höhe schnellen, zahlt es sich aus, Hardware zu verwenden, die langlebiger und zuverlässiger ist. Zum Beispiel sind Flash-Speicher in der Regel viel besser in der Lage, Temperatursteigerungen zu bewältigen als Lösungen für mechanische Festplatten. Das bedeutet, dass die Daten sicher sind und die Performance auch bei hohen Temperaturen konstant bleibt.

Vorschläge zur Energieeinsparung

Hier folgen drei Strategien, die IT-Organisationen in Betracht ziehen sollten. In Kombination miteinander können sie dazu beitragen, den Strom- und Kühlungsbedarf von Rechenzentren zu senken:

  • Effizientere Lösungen – Dies ist eine Selbstverständlichkeit: Jedes Stück Hardware verbraucht Energie und erzeugt Wärme. Unternehmen sollten sich nach Hardware umsehen, die auf einer kleineren Fläche im Rechenzentrum mehr leisten kann, was unmittelbar dazu beiträgt, die Temperaturen – und damit die Kühlkosten – zu senken. In der Tat achten bereits viele IT-Organisationen bei der Auswahl der Geräte für ihr Rechenzentrum zunehmend auf deren Energieeffizienz.
    In der Welt der Datenspeicherung und -verarbeitung werden zum Beispiel die Kapazität pro Watt und die Performance pro Watt als wesentliche Kennzahlen bewertet. Da die Datenspeicherung einen beträchtlichen Teil der Hardware in Rechenzentren ausmacht, kann eine Aufrüstung auf effizientere Systeme den kompletten Energie- und Kühlungsbedarf des gesamten Rechenzentrums erheblich reduzieren.
  • Getrennte Architekturen – Jetzt kommen wir zu Direct Attached Storage und hyperconverged Systemen. Viele Anbieter sprechen von der Wirksamkeit, Rechen- und Speichersysteme in einer Hyperconverged Infrastructure (HCI) miteinander zu verbinden.
    Das ist absolut richtig, aber diese Effizienz hat vor allem mit der schnellen Bereitstellung dieser Lösungen und der Reduzierung der daran beteiligten Teams zu tun. Es geht nicht unbedingt um Energieeffizienz allein. In der Tat wird bei Direct Attached Storage und hyperkonvergenten Systemen eine Menge Energie verschwendet.

Zum einen wachsen die Anforderungen an Rechen- und Speicherleistung selten in gleichem Maße. Manche Unternehmen investieren zuviel in die Rechenleistung, um ihren wachsenden Speicherbedarf zu decken. Gelegentlich geschieht das Gleiche auf der Speicherseite, und in beiden Szenarien wird eine Menge Energie verschwendet.

Wenn Rechen- und Speicherkomponenten voneinander getrennt werden, ist es einfacher, die Gesamtzahl der benötigten Infrastrukturkomponenten zu reduzieren – und damit auch den Energie- und Kühlungsbedarf zu senken. Darüber hinaus neigen Direct-Attached-Storage- und Hyperconverged-Lösungen dazu, Infrastruktursilos zu schaffen.

Ungenutzte Kapazitäten in einem Cluster lassen sich nur sehr schwer anderen Clustern zur Verfügung stellen, was zu noch mehr Over-Provisioning und Verschwendung von Ressourcen führt.

  • Just-in-Time Provisioning – Der alte Ansatz der Bereitstellung von Ressourcen auf der Grundlage der Anforderungen der nächsten drei bis fūnf Jahre ist nicht mehr zweckmäßig. Dieser Ansatz bedeutet, dass Unternehmen am Ende weit mehr Infrastruktur betreiben, als sie unmittelbar benötigen. Stattdessen können sie mit modernen On-Demand-Verbrauchsmodellen und automatisierten Bereitstellungs-Tools die Infrastruktur in ihren Rechenzentren im Laufe der Zeit problemlos aufrüsten. Die Infrastruktur wird „just-in-time“ und nicht „just-in-case“ bereitgestellt, so dass keine Komponenten mehr mit Strom versorgt und gekühlt werden müssen, die erst in Monaten oder sogar Jahre später benötigt werden.

Die meiste Zeit hängt die Kühlung von Rechenzentren von einer zuverlässigen Klimaanlage und einer soliden Notfallplanung ab.

Aber in jedem Rechenzentrum bedeutet jeder Bruchteil eines Grades, um den die Temperatur steigt, auch einen Bruchteil einer höheren Belastung für die Geräte. Kühlsysteme lindern diese Belastung von Racks und Stacks, aber kein Leiter eines Rechenzentrums möchte diese Systeme zusätzlich belasten – und genau das haben die jüngsten Hitzewellen getan.

Warum also sollten wir nicht von vornherein Maßnahmen ergreifen, um das Gerätevolumen und die Wärmeentwicklung zu reduzieren?

Wenn wir die Betriebskosten senken, unsere Rechenzentren vereinfachen und kühlen und unseren Energieverbrauch reduzieren können – und das alles zur gleichen Zeit –, dann bin ich mir nicht sicher, ob überhaupt noch eine Frage übrig bleibt.“


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