SAP-Transformationen enden nie

Unternehmen, die SAP im Einsatz haben, sind kontinuierlich gefordert. Anpassungen an neue Funktionen und Prozesse aber auch der Umzug in die Cloud sind zwei der wichtigsten Aspekte, die Unternehmen intensiv beschäftigen und wofür sie Lösungen finden müssen. [...]

Foto: Elchinator/Pixabay

Wie kann ein SAP-Dienstleister hier helfen? Patric Dahse, Geschäftsführer von Natuvion, im Gespräch mit it management-Herausgeber Ulrich Parthier.

Ulrich Parthier: Daten sind die unverzichtbare Basis für innovative, digitale Geschäftsmodelle und mit das wichtigste Kapital für Unternehmen. Deshalb steht bei Transformationsprozessen eine Bereinigung an, das sogenannte Housekeeping. Was zählen Sie im Einzelnen dazu?

Patric Dahse: Housekeeping ist nichts anderes als Aufräumen, Ordnen und Ausmisten – oftmals mit riesigen Datenmengen. Im Tagesgeschäft erleben wir drei Typen von Unternehmen. Der erste Typ behauptet, dass ihre Datenqualität gut sei und die Aussage ist auch nicht allzu weit weg von der Wahrheit.

Dann gibt es Unternehmen, die ebenfalls behaupten, dass die Qualität ihrer Daten super ist, nur dass das leider nicht stimmt.

Und dann gibt es Typ 3: Unternehmen, die genau wissen, dass sie ein Datenqualitätsproblem haben. Sie nutzen die Transformation dazu, um aufzuräumen. In allen Fällen stellt sich die Frage: Ist es sinnvoll, sämtliche Daten auf eine neue Plattform zu transformieren? Viele Altdaten sind Ballast und können gelöscht oder archiviert werden.

Bei Kunden, die so viele Altlasten haben, dass ein „Aufräumen“ unverhältnismäßig viel Aufwand darstellt, macht eine Selektiv Datentransformation, ein sogenannter Smart Brownfield-Ansatz am meisten Sinn. Der Kunde befüllt sein neues System nur mit den aktuellen und bereinigten Daten, die er braucht, und lässt den Rest im Altsystem.

Besteht nur eine geringe Datenhistorie, weil es sich um ein junges System handelt oder gibt es nur wenig Inkonsistenzen, macht wahrscheinlich ein Brownfield Approach Sinn. Das ist der Grund, warum viele Kunden erstmal ein Housekeeping-Projekt mit Roadmap Workshop vorneweg machen, um zu entscheiden, wie es weiter geht.

Ulrich Parthier: SAP hat das Ende des ECC-Supports auf Ende 2027 verschoben, weil Bestandskunden beim Wechsel in die Cloud gezögert haben und SAP bis zum ursprünglich geplanten Ende 2025 nicht alle Bestandskunden umstellen konnte. Was raten Sie den Kunden hinsichtlich des Zeitpunktes für den Umstieg und welche Zeitspanne sollten sie für die Transformation einplanen?

Patric Dahse: Unsere Erfahrung zeigt, dass der Umzug auf SAP S/4HANA im Schnitt ein bis zwei Jahre in Anspruch nimmt. Das kann bei komplexen Transformationsanforderungen auch länger dauern aber auch viel kürzer, bei optimalen Voraussetzungen. In den meisten Fällen – und das bestätigt unsere Transformationsstudie 2023 eindrucksvoll – wird die Transformation unterschätzt.

Ulrich Parthier: Welchen Ansatz sollten Unternehmen wählen, Brownfield- oder Greenfield-Ansatz?

Patric Dahse: Alle Methoden haben je nach Projektausprägung ihre Berechtigung. Laut unserer aktuellen Studie wird ausschließlich Brownfield zu 32 Prozent genutzt, Greenfield zu 27 Prozent und Selective Data Transition (SDT) zu 20 Prozent.

SDT in Kombination mit einer der anderen Methoden kommt zu 21 Prozent zum Einsatz. Bei unseren Kunden ist häufig die Kombination aus SDT und einer der anderen Methoden – wie dem Smart Brownfield – die beste Wahl. SDT ist vor allem beliebt, wo das Downtime-Fenster sehr klein ist.

Denn SDT ermöglicht eine Zero-Downtime-Transformation. Laut unserer Studie wird das auch immer wichtiger. 19 Prozent der Befragten müssen jedwede Downtime vermeiden und 30 Prozent haben höchstens ein paar wenige Stunden, ohne dass sie spürbare Auswirkungen auf ihren Geschäftsbetrieb hinnehmen müssen.

Unsere Mission ist es, alle Schwierigkeiten und Hinternisse beim Umzug auf die Wunschplattform der Kunden zu überwinden.

Patric Dahse, Natuvion GmbH

Ulrich Parthier: In ihrer aktuellen Transformationsstudie 2023 benennen Sie als größte Herausforderung die Tatsache, dass den Unternehmen Zeit & Ressourcen für die Digitale Transformation fehlen. Was empfehlen Sie ihnen?

Patric Dahse: Fehlendes Knowhow, mangelnde Datenqualität und Ressourcen gehören laut den Studienergebnissen zu den größten Herausforderungen. In DACH bestätigen 35 Prozent eine Ressourcenknappheit, 34 Prozent das fehlende Knowhow und 29 Prozent Probleme mit der Datenqualität. Die Kunst dabei ist es, diese Situation in geordnete Bahnen zu lenken, um eine Transformation erfolgreich durchzuführen.

Unsere Empfehlung ist im ersten Schritt eine fundierte Analyse und ein Housekeeping-Projekt, um die Qualität der Daten und Prozesse intensiv zu prüfen und zu steigern. Über eine Selektive Datentransformation beziehungsweise Smart Brownfield können unsere Kunden viele der Housekeeping-Anforderungen aber kombinieren und in einem Schritt vereinen.

Meine zweite Empfehlung: Planen Sie nicht zu knapp. Viele Unternehmen unterschätzen die Transformation. 40 Prozent derjenigen Befragten, die eine Transformation durchlaufen haben, wollen beim nächsten Mal viel früher mit der Migration anfangen. 46 Prozent wollen beim nächsten Mal mehr Ressourcen einplanen.

Ulrich Parthier: Aktuell sind alle SAP-Dienstleister für die kommenden Jahre gut gebucht. Sie selbst sind in den vergangenen 2,5 Jahren enorm gewachsen von 100 auf aktuell 300 Mitarbeiter. Eine der Herausforderungen des Fachkräftemangels bei Migrationsprojekten sind gerade die fehlenden SAP-Experten. Was tun?

Patric Dahse: Ja, wir sind stark gewachsen und tun das auch weiterhin. Dieses Wachstum zeigt, wie groß der Bedarf hinsichtlich professioneller Unterstützung bei der technischen Transformation ist, insbesondere bei SAP.

Und der Wettbewerb um diese Spezialisten ist hart. Wenn man heute derart viele Experten an Bord holt, dann darf man nicht einfach nur einen Job anbieten, sondern muss äußerst attraktive, gelegentlich auch kreative Arbeitsumgebungen schaffen. Bis dato gelingt uns das sehr gut.

Ulrich Parthier: Natuvion beschreibt sich selbst als digitales Umzugsunternehmen. Wie würden Sie selbst Ihre Mission beschreiben?

Patric Dahse: Moderne digitale Plattformen werden in der Cloud betrieben. Unternehmen mieten dort notwendige Funktionalitäten als Service. Die wertvollen Assets und IP liegen damit ausschließlich in den Daten.

Daten in hoher Qualität, frei von Inkonsistenzen und rechtskonform sind nicht nur die DNA und Geschäftsgrundlage des Unternehmens, sie sind vor allem das alles entscheidende Differenzierungsmerkmal.

Unsere Mission ist es, alle Schwierigkeiten und Hindernisse beim Umzug auf die Wunschplattform der Kunden zu überwinden.

Der Kunde wird in die Lage versetzt, seine Daten in bestmöglicher Qualität ein-, aus- oder umzuziehen, wo immer er hinwill. Das ermöglicht unseren Kunden einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil: Sie sind jederzeit und problemlos in der Lage, die modernsten Plattformen am Markt nutzen zu können.

Ulrich Parthier: Herr Dahse, wir danken für das Gespräch!


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