Sieben Mythen über Low-Code aufgedeckt

Über Low-Code gibt es Vorbehalte. Diese treffen jedoch nicht auf alle Plattformen zu. Welche Annahmen über Low-Code unzeitgemäß sind und was mit High-Performance Low-Code gemeint ist, wird hier erklärt. [...]

Foto: BerndHildebrandt/Pixabay

Die Vorbehalte von IT-Fachleuten gegenüber Low-Code bestehen, seit es Low-Code gibt. Das Konzept klingt so gut, dass die Frage nach dem Haken an der Sache verständlich ist. In den vergangenen Jahren expandierte der Markt für Low-Code enorm.

Damit werden die angebotenen Plattformen zahlreicher und es wird umso wichtiger, die entscheidenden Unterschiede zwischen ihnen zu verstehen. Hierzu ist es hilfreich, verbreitete Mythen über Low-Code unter die Lupe zu nehmen und zu erklären, was es mit High-Performance Low-Code auf sich hat.

Mythos 1: Low-Code eignet sich nur für taktische, unkritische Anwendungen

Weit verbreitet ist die Vorstellung, dass Low-Code-Plattformen nur für kleine Projekte geeignet seien. Es ist richtig, dass viele Entwicklungsplattformen keine komplexeren Applikationen bereitstellen können. Allerdings sind nicht alle Low-Code-Plattformen gleich. Die begrenzten Plattformen mit regulärem Low-Code sind hierbei von High-Performance Low-Code zu unterscheiden. 

Mithilfe von High-Performance Low-Code lassen sich strategische, unternehmenskritische Anwendungen erstellen, bei gleichzeitig gesteigerter Produktivität. Eine solche Plattform verfügt über die notwendigen Tools, um beispielsweise konsistente Omnichannel-Erlebnisse zu erstellen. Dabei ermöglicht eine einzelne KI-gestützte Umgebung produktiveres Arbeiten durch eine beschleunigte Entwicklung.

Eindrucksvolle Beispiele für die Möglichkeiten, die High-Performance Low-Code eröffnet, finden sich bei dem Chemie-Logistikunternehmen Vopak und dem Finanzdienstleister Western Union: Vopak entwickelte ein Terminal-Management-System, Western Union eine digitale Banking-Lösung.

Mythos 2: Für den Enterprise-Gebrauch sind Low-Code-Plattformen unpassend

Ein weiterer Mythos handelt von der angeblich fehlenden Skalierbarkeit von mit Low-Code erstellten Applikationen. In anderen Worten, es wird davon ausgegangen, dass bei drastischem Anstieg von Benutzerzahl, Transaktionsvolumen und der Datenmenge, die Performance und damit das Benutzererlebnis beeinträchtigt wird.

Auch hier gilt: Nicht alle Low-Code-Plattformen sind gleich. Es gibt entsprechende Plattformen, die ohne Schwierigkeiten Millionen Anwender unterstützen – selbst an Großereignissen wie Black Friday. Mit einer solchen starken Resilienz können auch Anwendungen für z. B. Core-Banking-Services wie Echtzeitzahlungen entwickelt werden.

Für die Skalierbarkeit sind außerdem Cloud-native Bereitstellungsmodelle relevant. Durch sie wird es bestenfalls möglich, Applikationen in mandatenisolierten Phasen auszuführen, was wiederum erlaubt, Applikationen unabhängig voneinander mit separater Rechenkapazität zu skalieren.

Mythos 3: Low-Code ist ein Sicherheitsrisiko

Softwareentwickler sind vertraut mit folgender Faustregel: Alles, was die Entwicklung beschleunigen soll, bringt Abstriche bei der Sicherheit mit sich. Die ersten Hacks von Cloud-Software zeigten eindrucksvoll die möglichen Folgen für Unternehmen, wenn die Geschwindigkeit auf Kosten der Sicherheit priorisiert wird.

Low-Code-Plattformen können Sicherheitsrisiken abfangen, wenn sie statische Code-Analysen ermöglichen. Das ist wiederum nur dann machbar, wenn sie kompilierten Code generieren. Anders gesagt, Sicherheitslücken bleiben dann unentdeckt, wenn eine Plattform Code nur „just in time“ interpretiert. 

Zusätzlich ist es mittlerweile möglich Low-Code Applikationen mithilfe von KI auf Sicherheitsschwachstellen hin zu analysieren. Das beschleunigt und erleichtert die Sicherheitsprüfung.

Mythos 4: Bei Low-Code bleiben die Vorteile der neuesten Technologie ungenutzt

Die technologische Weiterentwicklung schreitet stets voran; die Zyklen werden immer kürzer. Diese schnelle Veränderung der Technologielandschaft führt dazu, dass Unternehmen oft auf veralteten Technologien feststecken – und ihre technischen Schulden anwachsen.

Die Architektur, der mit Low-Code erstellten Applikationen, kann hier den entscheidenden Unterschied machen. Ist diese unabhängig von der zugrundeliegenden Laufzeit und dem spezifischen Technologie-Stack, können Entwicklerteams ohne Beeinträchtigung der Applikationen die Laufzeit ändern. So sind Umstellungen weniger zeit- und kostenintensiv bzw. erfolgen meist sogar sofort und berührungslos.

Mythos 5: Low-Code ist nichts für professionelle Entwickler

Viele Unternehmen betrachten Low-Code als Lösung, mit der Mitarbeitende mit wenigen bis gar keinen Fachkenntnissen Applikationen entwickeln können. Einige No-Code- und Low-Code-Anbieter fokussieren sich exakt auf diesen Anwendungsfall. Daher entsteht die Vorstellung, Low-Code wäre nur etwas für Laien und solche Plattformen hätten professionellen Entwicklern nicht viel zu bieten. Bei High-Performance Low-Code Plattformen trifft dies allerdings nicht zu.

Diese Art von Plattformen sind darauf ausgerichtet, die Produktivität von Entwicklern zu verbessern und ihnen dabei gleichzeitig die vollständige Kontrolle über ihren Code zu geben. Entwickler können so repetitive und unterfordernde Aufgaben automatisieren. Außerdem können sie traditionell geschriebenen Code in neue Low-Code-Apps integrieren und so nahtlos auf bereits begonnene Projekte aufbauen.

Im Ergebnis eröffnet das Entwicklern die Möglichkeit, ihre Zeit auf das Programmieren und Bereitstellen von Innovationen zu verwenden, anstatt sich mit der Verwaltung von Abhängigkeiten oder der Code-Validierung zu beschäftigen.

Mythos 6: Low-Code-Plattformen sind geschlossene Systeme

Ein Funken Wahrheit ist an diesem Mythos dran. Typischerweise sind Interpreter und proprietäre Stacks die Grundlage für Low-Code-Architektur. Das erschwert ihre Erweiterung, Änderung und Integration sowie die Verständlichkeit.

Low-Code-Architektur muss allerdings nicht unbedingt so aussehen. Es ist möglich, eine Plattform so zu konzipieren, dass sie reibungslos mit anderen Systemen interagieren kann. Verfügen Plattformen über die architektonischen Voraussetzungen, ist die Integration in bestehende Enterprise-Entwicklungsinvestitionen ohne Weiteres machbar. Zudem können Entwicklerteams strategische APIs verwenden und traditionellen Code aufgreifen – was Low-Code offen und dynamisch macht.

Eine solche offene Architektur erlaubt Entwicklerteams zudem die einfache Migration von Applikationen und Daten. So wird die Dokumentation vereinfacht und ein Lock-in ausgeschlossen.

Mythos 7: Low-Code ist für Apps, die schnell erstellt und ebenso schnell vergessen werden

Ein weit verbreitetes Anwendungsszenario für Low-Code-Plattformen ist das Erstellen von taktischen Apps. In solchen Fällen, wie etwa bei der Urlaubsverwaltung oder einer automatisierten Dateneingabe, sind nach der App-Erstellung kaum Veränderungen notwendig.

Im Gegensatz dazu müssen sich strategische Anwendungen, wie etwa mobile Verbraucherapps, mit dem Unternehmen weiterentwickeln. Hier ist also eine kontinuierliche Anpassung unumgänglich. Zur Umsetzung eignen sich leistungsstarke Entwicklerorganisationen nach DORA-Definition.

Mithilfe integrierter DevSecOps– und Automatisierungsfunktionen können Entwicklerteams auch über Low-Code-Plattformen mehrmals am Tag Updates veröffentlichen. In der Umsetzung ist dies durch reduzierte Kompilierungszeiten möglich. Diese erlauben schnelle und parallel durchführbare Bereitstellungen.

Wie diese Mythen zeigen, ist Low-Code nicht gleich Low-Code. Plattformen können viele der Schwächen durch die richtigen Features überwinden und die Technologie somit für ein breites Publikum besser nutzbar machen. Gerade High-Performance Low-Code stellt auch für komplexe und dynamische Anwendungsfälle eine flexible und sichere Lösung dar.

*Als Senior Solution Architect bei OutSystems berät Tino Fliege seit 2019 Unternehmen dabei, maßgeschneiderte Software-Architekturen für komplexe, unternehmenskritische Anwendungen zu bauen. Dafür kann er auf eine über 20-jährige Erfahrung bei Unternehmen wie Workfront, RightsDirect, Intralinks und OpenText zurückgreifen.

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