Städte der Zukunft: Technologie ist kein Alleskönner

Die Städte der Zukunft werden, getrieben durch neue technologische Innovationen, smarter und vernetzter – egal ob im Bereich Mobilität, Energie oder Wohnen. Das hat aber nicht nur positive Effekte. [...]

Grundpfeiler der digitalen Infrastruktur der Smart Cities der Zukunft sind das Internet der Dinge und Cloud Computing. (c) Fotolia/nirutft
Grundpfeiler der digitalen Infrastruktur der Smart Cities der Zukunft sind das Internet der Dinge und Cloud Computing. (c) Fotolia/nirutft

Die Städte der Zukunft werden, getrieben durch neue technologische Innovationen, smarter und vernetzter – egal ob im Bereich Mobilität, Energie oder Wohnen. Das hat aber nicht nur positive Effekte: Online-Shopping setzt Geschäften in der Innenstadt zu, Airbnb sorgt für steigende Mietpreise und Uber zieht Fahrgäste von öffentlichen Verkehrsmitteln ab. Wie Städte dennoch Vorteile aus den aktuellen Entwicklungen ziehen können, beleuchteten Experten bei einer Veranstaltung der Plattform „Digital Business Trends“ (DBT).

„Für die Stadt der Zukunft gibt es keine Lösungsschablonen, sondern viele Maßnahmen, die zusammengeführt werden müssen“, erklärte Nikolas Neubert vom Austrian Institute of Technology (AIT). Notwendig sei eine durchdachte Strategie, eine gute Stadtplanung und Technologie. „Das wird entscheiden, wie wir leben, wie wir uns bewegen und wie unsere Umwelt aussieht“, so Neubert. Technologie sei wichtig, aber kein Alleskönner. Die Mehrheit der auf Smart-City-Kongressen vorgestellten Innovationen würde wieder sang- und klanglos in der Schublade verschwinden oder massiv überschätzt. So sei nach der Vorstellung des Segway gesagt worden, man müsse den Elektroroller bei der Stadtplanung unbedingt mitdenken, sonst werde man in zehn Jahren ausgelacht.

Sichtbar sei die Transformation beispielsweise schon in den Innenstädten: „Der Onlinehandel führt dort zu massiven Veränderungen.“ Leer stehende Erdgeschoß-Lokale würden künftig vermutlich anders genutzt. Der Schlüssel sei, schon jetzt nachzudenken, wie man diese Räume gestalten wolle. „Wenn manche Funktionen, wie das Einkaufen, wegfallen, werden neue Funktionen nachfolgen“, so Neubert. Städte seien inzwischen auch riesige Data-Clouds. „Die Kombination von Big Data mit künstlicher Intelligenz bietet viele Chancen für die Stadtplanung und die Verwaltung, etwa um Hitzeinseln durch Baumpflanzungen an den richtigen Stellen vorzubeugen oder die Auswirkungen von Starkniederschlägen zu minimieren.“

Nutzen statt Besitzen – auch beim Auto

In zehn bis zwanzig Jahren werde es kaum mehr klassische Shops in den Innenstädten geben, prognostizierte auch Rudolf Mayrhofer-Grünbühel vom Car-as-a-Service-Dienstleister LeasePlan Österreich. Fachmarktzentren hätten hier schon Vorarbeit geleistet, dazu komme der boomende E-Commerce. Künftig werde es mehr Showrooms beziehungsweise Windowshopping geben, der Einkauf finde dann online statt. Große Veränderungen erwartet er auch im Bereich Mobilität: „Wir werden elektrisch, vernetzt und autonom unterwegs sein. Bis 2030 wird niemand mehr selbst von Wien nach Salzburg fahren, wozu auch? Man reist sicherer und gewinnt Zeit“, ist Mayrhofer-Grünbühel überzeugt. Im Trend liege Nutzen statt Besitzen – Stichwort Carsharing. Im beruflichen Umfeld sei das aber noch nicht angekommen.

Bequemlichkeit und Schnelligkeit werden auch beim Banking wichtiger, etwa durch „Cloud Payments“, so Markus Gremmel von der BAWAG P.S.K. Das gehe über das Konzept des mobilen Bezahlens weit hinaus: „Es kommt zur Verschmelzung von Zahlprozessen mit den Kernprozessen. Ein Pionier dabei war sicher Uber“, sagte Gremmel. Hier zahle man beim Aussteigen automatisch in der Cloud ohne bewussten Zahlungsvorgang. „Daran gewöhnt man sich schnell. Für Kunden ist das angenehmer und schneller, aber auch mit einem gewissen Kontrollverlust verbunden“, konstatierte der Experte. Würden sich Banken nicht auf diese neuen Entwicklungen einstellen könnten sie ersetzt werden und aus dem Prozess herausfallen.

Bürger werden zu Energiehändlern

„Neue Ideen und Technologien gibt es viele, aber ob die Menschen das annehmen, ist eine andere Sache“, meinte Wolfgang Nimführ von IBM Österreich zu Smart-City-Konzepten. Zuversichtlich ist er für den Energiebereich. So sei der flächendeckende Einsatz von Smart Metern nur eine Frage der Zeit. „Das ermöglicht eine ständige Kontrolle und die Fernsteuerung. Und auch die dadurch entstehende Transparenz kann man hier selbst bestimmen. Das Zeitalter des Energiehandels – so wie wir heute mit Aktien handeln – steht bevor“, sagte Nimführ. Thermostate könnten beispielsweise Heizungsentscheidungen aufgrund schwankender Energiekosten treffen.

Grundpfeiler der digitalen Infrastruktur der Smart Cities der Zukunft seien das Internet der Dinge und Cloud Computing, ist Stefan Nastic von der Technischen Universität (TU) Wien und Chef des TU-Spin-offs Reinvent überzeugt. „Ohne diese Eckpfeiler riskieren wir, dass künftige Giga-Städte zu unbewohnbaren Monsterstädten werden“, so Nastic. Gelinge es, die technischen und gesellschaftlichen Herausforderungen zu meistern, würden Smart-City-Anwendungen in unseren Alltag eingeflochten, „sodass wir sie nicht mehr wahrnehmen“. Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür sei eine aktive Teilnahme von Forschung sowie Klein- und Mittelbetrieben, weil sie traditionell an vorderster Front der Innovation stehen würden.


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