Bei Apple, Google und Twitter läuft der Countdown für die Öffnung ihrer Büroräume. Wie die Tech-Unternehmen Hybrid Work künftig umsetzen, sieht sehr unterschiedlich aus. [...]
Nachdem vor zwei Jahren die Corona-Epidemie weltweit ausbrach und die meisten Unternehmen zwang, ihre Büros zu schließen und den beschäftigten Home-Office zu verordnen, scheint nun – trotz der immer noch weit verbreiteten, aber nicht ganz so gefährlichen Omikron-Variante – die Bereitschaft groß zu sein, zur Normalität zurückzukehren. Was für eine neue Normalität das sein wird, darüber herrschen von Betrieb zu Betrieb unterschiedliche Ansichten.
Immerhin zeichnet sich nun bei den Tech-Giganten Apple, Google, Microsoft und Twitter eine Richtung ab. Alle hatten die Wiedereröffnung ihrer Büros bereits mehrfach verschoben. Inzwischen haben die Konzerne aber ihre jeweiligen Pläne für die Zukunft der Arbeit in ihren Unternehmen offengelegt. Die IT-Riesen genießen eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit und könnten beispielgebend für andere Firmen sein, die ebenfalls mit den veränderten Erwartungen ihrer Beschäftigten an den Arbeitsplatz der Zukunft umgehen müssen.
Microsoft: Rückkehr ins Office hat begonnen
Einen Tick früher als die anderen war Microsoft dran: Die Redmonder kündigten schon vor ein paar Wochen an, dass geimpfte Mitarbeiter am 28. Februar über ein mehrstufiges Modell in den Hauptsitz im Bundesstaat Washington und in andere Büros zurückkehren würden. Bis zum 28. März sollen dann alle Beschäftigten in die Bürogebäude zurückkehren. Über die Präsenzzeiten verhandeln die Mitarbeiter mit ihren jeweiligen Managern.
Microsoft hat schon während der bisherigen Pandemie an Konzepten für hybrides Arbeiten gefeilt – sicherlich auch, weil diese Aktivitäten für die eigene Geschäftsentwicklung des Softwarekonzerns nicht unerheblich sind. Immerhin verdient Microsoft mit Hard- und Software rund um hybrides Arbeiten eine Menge Geld.
Apple öffnet am 11. April die Büros
Obwohl jedes Unternehmen seine eigene Herangehensweise an die Rückkehr ins Büro verfolgt und Regeln für Remote- und Präsenzarbeit aufstellt, gibt es keinen Fall, in dem ein Comeback der klassischen Fünf-Tage-Woche im Firmenbüro angestrebt wird. Apple hatte schon im vergangenen Jahr gesagt, dass die Mitarbeitenden mindestens drei Tage pro Woche im Firmenbüro anwesend sein sollten, war damit aber auf wenig Begeisterung gestoßen. So gab es Petitionen und öffentliche Proteste gegen diese Entscheidung. Trotzdem ist das Unternehmen weiter entschlossen, seine Mitarbeiter in die Firmenbüros zurückzuholen.
Vor wenigen Tagen veröffentlichte The Verge eine interne E-Mail des Apple-Managements, in der CEO Tim Cook eine „schrittweise“ Öffnung der Büros ankündigte. Als Startpunkt wurde der 11. April genannt. Anfangs soll die Apple-Belegschaft demnach einen Tag pro Woche ins Büro gehen. Ab der dritten Woche dieser Übergangszeit sollen es zwei Tage pro Woche sein. „Wir werden dann am 23. Mai mit einem Hybrid-Work-Pilotprojekt beginnen, das vorsieht, dass die Mitarbeiter an drei Tagen in der Woche ins Büro kommen – Montag, Dienstag und Donnerstag. Auf Wunsch können sie am Mittwoch und Freitag flexibel arbeiten“, heißt es in der E-Mail.
CEO Cook weiß natürlich, dass die Verpflichtung ins Büro zurückzukehren nicht überall auf Gegenliebe stoßen wird. Doch seiner Meinung nach werden viele Beschäftigten auch Die Möglichkeit begrüßen, ihre Kolleginnen und Kollegen wieder persönlich zu treffen.
„Sie sollen wissen, dass wir uns sehr dafür einsetzen, Ihnen in dieser nächsten Phase die Unterstützung und Flexibilität zu geben, die Sie brauchen“, äußert sich Cook in dem Memo. Mit der schrittweisen Einführung des Hybrid-Work-Pilotprojekts wolle man den Beschäftigten entgegenkommen, ebenso mit der zugestandenen Möglichkeit, dass Apple-Mitarbeiter bis zu vier Wochen pro Jahr am Stück remote arbeiten könnten, wenn sie etwa einen längeren Ortswechsel anstrebten.
Google probt neues Arbeitskonzept vom 4. April an
Google hatte eigentlich vor, seine Büros schon am 10. Januar wieder zu öffnen, wurde dann aber durch das Auftauchen der COVID-19-Variante Omikron jäh ausgebremst. Jetzt rechnet der Internet-Gigant damit, die Mitarbeiter vom 4. April wieder ins Office zurückzurufen. Das geht aus einem internen Memo hervor, das Reuters vorliegt. Die Entscheidung gilt für Mitarbeiter in einigen US-Büros, in Großbritannien und im asiatisch-pazifischen Raum. Mitarbeiter, die noch nicht dazu bereit sind ins Firmenbüro zurückzukehren, können eine Verlängerung beantragen.
Der Reuters-Meldung zufolge müssen Google-Mitarbeiter, die ins Büro gehen, vollständig gegen COVID-19 geimpft sein oder eine Ausnahmegenehmigung vorweisen können. Nicht geimpfte Mitarbeiter sollen erst einmal die Möglichkeit haben, weiter aus der Ferne zu arbeiten.
So wie bei Apple stellt man sich auch bei Google vor, dass die Mitarbeitenden etwa drei Tage pro Woche im Büro sind. Das soll allerdings nach Team und Funktion variieren können. Allerdings hat das Unternehmen erst im vergangenen Jahr Tausende von Mitarbeiteranträgen bewilligt, die ausschließlich und auf lange Sicht remote arbeiten wollten. Berichten zufolge lehnte das Management nur 15 Prozent dieser Anträge ab. CEO Sundar Pichai hatte zuvor die Regel ausgesprochen, dass Mitarbeiter – ähnlich wie bei Apple – bis zu vier Wochen pro Jahr außerhalb ihres Firmenbüros arbeiten dürfen.
Twitter lässt die Mitarbeiter entscheiden
Der Ansatz von Twitter unterscheidet sich insofern von den anderen, als dass die Büros zwar vom 15. März an wieder geöffnet werden sollen, die Mitarbeiter aber selbst entscheiden können, wo sie arbeiten. „Es ist fast zwei Jahre her, dass wir unsere Büros geschlossen und die Reisetätigkeit ausgesetzt haben. Ich freue mich ankündigen zu können, dass wir bereit sind, Geschäftsreisen wieder zu ermöglichen und unsere Büros auf der ganzen Welt vollständig zu öffnen!“, teilte CEO Parag Agrawal Anfang März in einem Tweet mit.
Agrawal, der Twitter-Mitbegründer Jack Dorsey im November 2021 als CEO abgelöst hatte, versprach, Remote-Arbeit auch nach der Pandemie zu ermöglichen. „Wo immer Sie sich am produktivsten und kreativsten fühlen, können Sie arbeiten. Das schließt auch die Möglichkeit ein, für immer von zu Hause aus in Vollzeit zu arbeiten“, schrieb der CEO. „Jeden Tag im Büro? Auch das geht. Einige Tage im Büro, einige Tage von zu Hause aus? Ja, natürlich.“
Agrawal räumte dabei ein, dass ein Hybrid-Work-Modell operative Herausforderungen mit sich bringe. „Verteiltes Arbeiten wird viel, viel schwieriger sein“, so der Twitter-Chef, „jeder, der schon einmal aus der Ferne an einer Konferenz teilgenommen hat, während die anderen vor Ort anwesend waren, kennt diesen Schmerz.“ Es komme jetzt darauf an, mit diesen Herausforderungen umzugehen, bewusst zu handeln und zu lernen.
Twitter auf dem Arbeitsmarkt im Vorteil?
J. P. Gownder, Vice President und Principal Analyst bei Forrester Research, glaubt, dass Twitters flexibler Ansatz bei den Mitarbeitern besser ankommen wird. Das Unternehmen werde dadurch einen „bemerkenswerten Vorteil“ auf dem angespannten Arbeitsmarkt haben. Die Flexibilität in Sachen Arbeitsort könne dem Unternehmen in Bezug auf die Mitarbeiterbindung und die Gewinnung von Talenten zugutekommen. „Gerade jetzt, während der andauernden Great Resignation und der hohen Mitarbeiterfluktuation spielt das Ermöglichen von ‚Anywhere Work‘ eine wichtige Rolle im Wettbewerb um Talente“, sagt Gownder.
Eine Umfrage von Forrester zeigt, dass die meisten Unternehmen (51 Prozent) planen, eine hybride Strategie zu verfolgen und 15 Prozent eine „Remote-first-Regelung“ anstreben. Etwa ein Drittel (34 Prozent) setzt darauf, dass die Beschäftigten an jedem Tag der Woche im Büro anwesend sind.
Hybrid-Work-Modelle haben Auswirkungen
Gartner-Analyst Adam Preset meint, dass die Remote-Work-Strategien der Tech-Giganten einen größeren Einfluss auf andere Unternehmen haben werden. „Wenn diese Unternehmen signalisieren, dass sie ihre Büros wieder öffnen wollen, regt das in verschiedenen Unternehmen Gespräche darüber an, wie man selbst verfahren will“, sagt Preset. Einige würden übereifrig dem Vorbild der Techkonzerne folgen, andere wohl eher abwarten, welche Erfolgs- oder Misserfolgsgeschichten Apple, Google, Microsoft und Twitter in ein paar Monaten erzählen werden.
Die kommenden Hybrid-Work-Modelle haben Auswirkungen in vielerlei Hinsicht, nicht zuletzt auch auf die Diversity- und Inclusion-Ansätze der Unternehmen. Neuere Umfragen zeigen, dass Frauen und farbige Menschen eher dazu neigen, von zu Hause aus zu arbeiten. Es stellt sich also die Frage, ob es diese Talente in Zukunft nicht eher zu Twitter als zu Google oder Apple ziehen wird.
Forscher warnen zudem vor einem sogenannten Proximity Bias. Demnach könnten Vorgesetzte eher den räumlich anwesenden Mitarbeitern als den Remote Workern vertrauen. Eine schleichende Entfremdung vom Unternehmen wäre für Menschen im Home-Office die Folge, was die Karriere beeinträchtigen könnte.
*Matthew Finnegan lebt in Großbritannien und schreibt für unsere US-Schwesterpublikation Computerworld zu den Thema Collaboration und Enterprise IT.
**Heinrich Vaske ist Editorial Director von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO sowie Chefredakteur der europäischen B2B-Marken von IDG. Er kümmert sich um die inhaltliche Ausrichtung der Medienmarken – im Web und in den Print-Titeln.
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