Test: MacBook Pro 13 Zoll (2022)

Selten war die Zielgruppe für einen Mac so klein, wie beim «neuen» MacBook Pro. [...]

Das MacBook Pro: es ist und bleibt eine Schönheit (Quelle: Apple Inc.)

Es ist wieder einmal Update-Zeit bei Apple. In diesem Durchgang vom Sommer 2022 wird der neue M2-SoC (System on Chip) eingeführt, der im MacBook Pro und im MacBook Air zum Einsatz kommt. Früher hätte das eine nichts mit dem anderen zu tun gehabt. Doch dieses Mal wäre es unverzeihlich, das MacBook Pro zu testen, ohne es mit dem MacBook Air zu vergleichen. Und schlussendlich wird es nur auf eine Frage hinauslaufen: «Was hat sich Apple dabei gedacht?» Immerhin: Wir haben eine halbwegs plausible Theorie.

Die äußeren Werte

Die Äußerlichkeiten sind schnell abgehandelt: Denn das Design und das Gehäuse des neuen MacBook Pro – wenn man es «neu» nennen will – unterscheidet sich nicht vom Vorgänger.

Das Gehäuse aus einer Aluminium-Legierung präsentiert sich allerdings so hübsch wie eh und je: Die massive, hochwertige Verarbeitung und die elegant gerundeten Kanten zeigen bei jeder Gelegenheit die Liebe zum Detail. Das MacBook Pro ist in meinen Augen eines der schönsten Notebooks überhaupt, innerhalb und außerhalb der Apple-Welt.

Auch das Trackpad spielt in einer eigenen Liga: Geradezu riesig, wird die Oberfläche aus geätztem Glas zur Wohlfühlzone, während jeder vermeintliche Klick durch ein Anstupsen von unten durch die «Haptic Engine» erzeugt wird. Dieses Trackpad ist nach wie vor unerreicht.

Durch und durch ein Klassiker
Quelle: Apple Inc.

Auf der linken Seite befinden sich die beiden Thunderbolt-/USB-4-Anschlüsse im USB-C-Formfaktor, mit denen das Gerät geladen und außerdem mit jeglicher Peripherie verbunden wird. Die beiden Ports unterstützen Thunderbolt 3 und USB 4 mit bis zu 40 Gbit/s, USB 3.1 Gen 2 mit bis zu 10 Gbit/s und DisplayPort.

Außerdem wird ein externes Display mit einer Auflösung von bis zu 6K bei 60 Hz angesteuert. Damit lässt sich gut leben. Ich hätte mir einzig gewünscht, dass je ein Port links und rechts vom Gerät angebracht ist, damit immer ein Port beim Laden an der richtigen Seite ist – auch wenn das MacBook Pro an einem externen Display hängt.

Das Retina Display ist identisch zu jenem im Vorgänger: mit einer 13,3 Zoll Diagonale und einer hohen Auflösung von 256×1600 Pixeln, 500 Nits Helligkeit, der vollständigen Abdeckung des P3-Farbraums und natürlich mit Apple True-Tone-Technologie, die die Farbwiedergabe an das Umgebungslicht anpasst und zu einer sehr angenehmen Darstellung führt – ganz besonders im Dämmerlicht.

Das hätte es allerdings nicht gebraucht

Das aktuelle MacBook Pro teilt auch noch ein paar andere Gemeinsamkeiten mit seinem Vorgänger: So wurde die viel gescholtene Kamera mit ihrer 720p-Auflösung nicht verbessert, von einer Optimierung des Bildes durch den M2 abgesehen.

Außerdem wurde die Touch Bar beibehalten: Das Multitouch-Display ersetzt die physischen Funktionstasten über der Tastatur und ändert seine Funktion je nach Anwendung. Apple weist natürlich darauf hin, dass diese Einrichtung ihre Fans hat. Das wird vermutlich auch stimmen. Doch wenn man sich in den Diskussionsforen umhört, herrscht fast durchs Band eine starke Aversion gegen diesen ergonomischen Fehlgriff aus der Jony-Ive-Ära.

Die Touch Bar gilt nicht gerade als ergonomischer Meilenstein
Quelle: PCtipp.ch

Tipp: Am besten wird BetterTouchTool installiert: Diese Software unterstützt nahezu jedes Eingabegerät bis hin zur Apple-Fernbedienung und sorgt dafür, dass die Touch Bar in jeder Situation genau das tut, was man von ihr verlangt, inklusive dem Abspulen von Makros.

BetterTouchTool bringt jedem Gerät neue Tricks bei; das gilt auch für die Touch Bar
Quelle: PCtipp.ch

Der M2

Der Apple M2 ist exakt derselbe, wie jener im kommenden MacBook Air. Technisch gesehen bietet er eine 8‑Kern-CPU mit 4 Performance- und 4 Effizienz-Kernen. Dazu kommt eine um 35 Prozent schnellere 10‑Kern-GPU und die Neural Engine mit 16 Kernen. Apple erwähnt in diesem Zusammenhang erstmals auch eine Speicherbandbreite von 100 GB/s: eine glatte Verdoppelung im Vergleich zum M1.

Der M2 liefert den Antrieb
Quelle: Apple Inc

Der M2 fährt natürlich die neusten Apple-Technologien auf, die Bestandteil der Media-Engine sind. Dazu gehört die native Wiedergabe von 8K-Videos im H.264- oder HEVC-Format, eine hardwarebeschleunigte Kodierung und Dekodierung von ProRes-Medien und eine verbesserte Neural Engine, die mit 15,8 Billionen Operationen pro Sekunde über 40 Prozent schneller ist als jene im M1.

Bei der Videoverarbeitung verspricht Apple außerdem einen Leistungszuwachs von 40 Prozent gegenüber dem M1 oder sogar das sechsfache Tempo gegenüber dem letzten MacBook Pro mit Intel-CPU.

Außerdem wird der maximale RAM von 16 GB beim M1 auf 24 GB angehoben. Allerdings erstaunt es mich immer wieder, dass mein M1 mit 16 GB nicht kleinzukriegen ist, selbst wenn ein Dutzend Anwendungen aller Couleur gleichzeitig geöffnet sind. Die aktuellen Standardmodelle bieten 8 GB RAM, wahlweise aber auch 16 GB (+200 Euro) oder 24 GB (+440 Euro).

Die eigentlichen Vorzüge des M2

Wo also punktet das MacBook Pro gegenüber dem MacBook Air mit M2 oder sogar mit einem M1-Gerät? Für die allermeisten Anwender sind die Unterschiede nicht so erschlagend, wie es suggeriert wird.

Mein aktueller Arbeitsrechner, ein kleiner Mac mini mit M1, fühlt sich allerdings fast genauso schnell an, wie seine muskelstrotzenden Brüder. Denn einerseits ist der M1-SoC immer noch sehr schnell, dem M2 zum Trotz. Jede Aufgabe in InDesign oder Photoshop wird ohne Murren erledigt. Das gilt erst recht für Büro-Anwendungen und andere Fingerübungen. Denn es gibt eine Grenze der Reaktionsfreude: nämlich dann, wenn eine Aufgabe ohne spürbare Verzögerung erledigt wird.

Zum anderen sind der M1 und der M2 für bestimmte Kraftakte gezüchtet worden: vor allem für die Videoverarbeitung und den Videoexport, aber auch für K.I.-Aufgaben, die sich auf die Neural Engine stützen. Gerade die Neural Engine wird bei der Bildverarbeitung für die breite Masse immer wichtiger, wenn clevere Effekte und Funktionen auf die Bildanalyse angewiesen sind.

Doch so erfreulich diese Zuwächse für die Profis auch sind: Der «gewöhnliche Anwender» ohne Ambitionen in der Videoverarbeitung spürt davon nicht so viel, wie das beeindruckende Datenblatt vermuten lässt. Für diese Gruppe ist das MacBook Pro einfach ein rasantes, schönes Notebook mit einem langen Atem.

Und damit kommen wir zum Kern.

MacBook Pro vs. MacBook Air

Tempo. Das MacBook Air bietet exakt denselben M2, wie das MacBook Pro. Wenn es einen Unterschied beim Tempo gibt, dann macht sich das nur unter Dauerlast bemerkbar. Denn das MacBook Pro ist mit einer aktiven Kühlung (lies: einem Lüfter) ausgestattet, damit der M2 auch bei längerer Auslastung nicht gedrosselt werden muss, etwa beim Export von umfangreichen Videoprojekten. Doch obwohl der Lüfter bei normalen Arbeiten nie zu hören ist, verspricht das lüfterlose Design des MacBook Air natürlich, dass zu keiner Zeit etwas zu hören ist.

MagSafe. Das MacBook Air lässt sich über Thunderbolt laden, bietet aber gleichzeitig den allseits beliebten MagSafe-Ladestecker. Er löst sich unter Zug sofort, statt das Gerät in den Abgrund zu reißen. Er wirkt also gegen spielende Kinder, Haustiere und die eigene Ungeschicklichkeit. Und so ganz nebenbei bleiben beide Thunderbolt-Anschlüsse frei, wenn das Gerät geladen wird.

Hat schon so manches MacBook gerettet: der MagSafe-Anschluss, hier am neuen MacBook Air
Quelle: PCtipp.ch

Design. Das MacBook Air kommt in einem neuen, sehr gediegenen Design daher. Das Design des MacBook Pro ist zwar ohne Tadel; aber wenn Ihnen der Sinn nach etwas Unverbrauchtem steht, gilt das neue Gewand als Pluspunkt. 

Keine Touch Bar. Das lassen wir an dieser Stelle einfach so stehen.

Fast Charging. Das MacBook Air unterstützt als erstes Apple-Notebook «Fast Charge», mit dem sich die Batterie laut Apple innerhalb von 30 Minuten auf bis zu 50 Prozent aufladen lässt. Dazu braucht es jedoch das optionale 67-Watt-Netzteil, das für 60 Euro zu haben ist.

Webcam. Das MacBook Pro bietet eine popelige 720p-Kamera, gegenüber der 1080p-Kamera im MacBook Air.

Gewicht. Das MacBook Pro wiegt 1,4 Kilogramm, das MacBook Air 160 Gramm weniger.

Die Luft um das MacBook Pro ist also sehr dünn. Punkten kann das Pro-Modell mit der aktiven Kühlung und einer etwas besseren Laufzeit, wobei voraussichtlich auch das MacBook Air problemlos durch den Tag führen wird.

Mögliche Beweggründe

Natürlich würde sich Apple nie zu den Motiven äußern, die zu einer so schrägen Modellpolitik führen. Doch vermutlich sind die üblichen Verdächtigen schuld daran: Probleme mit der Lieferkette, eine Pandemie aus und in China, Chip-Mangel usw.. Das MacBook Pro wurde zwar innerlich aufgerüstet; aber es kann auf bestehenden, bewährten Produktions-Straßen hergestellt werden. Und in irgendeiner Kiste lagerten garantiert noch ein paar Hunderttausend Touch Bars, die sonst nur schlecht geworden wären.

Darauf deuten auch die Lieferzeiten hin. Das MacBook Pro in der Standard-Ausführung hat jetzt, sechs Tage nach Bestellfreigabe, eine Lieferzeit von ungefähr einer Woche. Doch sobald an der Konfiguration geschraubt wird, steigt die Lieferzeit auf zwei bis drei Wochen. Das ist allerdings immer noch wenig im Vergleich zu anderen Mac-Modellen, die bis zu drei Monate lang auf sich warten lassen.

Fazit

Das MacBook Pro ist tolles, hochwertiges und bewährtes Arbeitstier für den Alltag von anspruchsvollen Anwendern – wenn man es für sich allein betrachtet. Und es ist eines der besten Notebooks, die man aktuell für Geld kaufen kann.

Doch es braucht gute Gründe, um zum MacBook Pro zu greifen, sobald es dem kommenden MacBook Air mit M2 gegenübergestellt wird. Genau genommen bleiben nur der Lüfter gegen die Drosselung, die etwas längere Batterielaufzeit und die Touch Bar – falls man denn eine will.

Wer seine Brötchen also nicht mit professionellen Videoprojekten verdient, sollte unbedingt zuwarten und sich im Juli das MacBook Air schnappen, sobald es bestellt werden kann.

*Klaus Zellweger ist Autor bei PCtipp.ch


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