Was ein digitalisiertes Gesundheitswesen ermöglicht

Ein Blick nach Asien zeigt, was mit digitaler E-Health-Technik im Kampf gegen Corona möglich ist. [...]

Während hierzulande noch über die Digitalisierung des Gesundheitswesens diskutiert wird, nutzt man in Asien bereits die moderne Technik (c) pixabay.com

In deutschen Krankenhäusern wird derzeit viel Personal gebunden, um akute Notfälle von Covid-19-Patienten zu behandeln. Die reguläre medizinische Versorgung wird teilweise auf das Notwendigste reduziert. Dazu kommt die latente Bedrohung, sich zu infizieren. Moderne Digitaltechnik kann helfen, den Kontakt zu Patienten zu minimieren und im Land vorhandenes medizinisches Wissen zu teilen.

Ein Beispiel hierfür sind Konsultationssysteme auf Basis moderner Telekommunikation. Hier können sich Ärzte und Patienten an weit voneinander entfernten Orten aufhalten und dennoch miteinander beraten. Das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn es beispielsweise um die Beurteilung von Ultraschall- oder MRT-Bilder geht.

In China wurden beispielsweise im Rahmen der Corona-Krise ein Krankenhausinformationssystem (KIS) und ein sogenanntes Picture Archiving and Communication System (PACS) installiert. Mit deren Hilfe wurden Diagnosen zwischen den unter Quarantäne stehenden medizinischen Einrichtungen in Wuhan und Spezialisten in Shanghai, Peking oder Guangzhou übertragen und ausgetauscht. Ähnliche Anwendungsfälle gibt es heute fast in jedem Klinikum ganz unabhängig von der Pandemie. Zentrale Patienten-Archiv-Systeme und der schnelle interaktive Zugriff auf Patienten-CT-Informationen stellen die Krankenhaus-IT durchaus vor Herausforderungen.

Der Roboter desinfiziert

Die Übertragung dieser großen Datenmengen erfordert ein leistungsfähiges Netz – 5G ist hier ein Vorteil. Da die Mobilfunknetze der fünften Generation in Asien schon seit geraumer Zeit laufen, geht dort die leistungsfähige Telekommunikations- und Cloud-Technologie bereits einen Schritt weiter: So kamen im Rahmen der Corona-Pandemie bereits medizinische Assistenzroboter zum Einsatz. Gesteuert über ein 5G-Netz und entsprechende Cloud-Applikationen unterstützten die Roboter das medizinische Klinikpersonal bei einfachen Tätigkeiten wie Reinigung, Desinfektion und Medikamentenverteilung.

Mit der Laser-SLAM-Technologie (SLAM – Simultaneous Localization and Mapping), 3D-Vision und den Multi-Ultraschall- und Infrarot-Fusionstechnologien kann ein VCM eine Selbstpositionierung durchführen. Der eingebaute Algorithmus für den vollständigen Abdeckungspfad erlaubt präzises navigieren und Umfahren von Hindernissen, so dass die Bodenreinigungsmaschine jede Ecke abdecken und den glatten Boden reinigen kann. Darüber hinaus nutzt sie einen Lernalgorithmus, um Hindernisse und Flecken zu klassifizieren und zu identifizieren, damit eine automatische und hocheffiziente Reinigung gewährleistet ist. Experten zufolge kann einer dieser Reinigungsroboter die Arbeit von mehr als 20 Menschen in gefährlicher Umgebung übernehmen. Auf diese Weise wird das Personal in Quarantänestationen reduziert und potenzielle Multiplikatoren einer Infektion fallen weg.

Sicher dank Bilderkennung

Viele Technologien zum Schutz des Behandlungspersonals sind bereits vorhanden. In Quarantänestationen arbeitet das medizinische Fachpersonal häufig mit speziellen Schutzanzügen. Ist die gesamte Schutzausrüstung angelegt, dann ist es für den Träger meist schwierig herauszufinden, ob die Ausrüstung richtig getragen oder versehentlich – auch durch ein eingeschränktes Sichtfeld bedingt – beschädigt wurde. Spezielle mit Ultra-HD-Kameras und geteilten Bildschirmen ausgestattete Schleusen ermöglichen die schnelle Kontrolle der Schutzausrüstung, bevor medizinisches Personal sich in potenzielle Gefahr begibt. Die Beurteilung kann dabei selbstständig oder über geübte Spezialisten erfolgen, die dazu nicht unbedingt vor Ort sein müssen.

Dem Thema Video-Übertragung kommt gerade bei längerfristigen Quarantäneaufenthalten eine gesteigerte Bedeutung zu. Zwar ersetzt der Kontakt per Live-Schaltung keinen persönlichen Besuch, dennoch ist der Effekt aufrechterhaltener Sozialkontakte auf die Genesung Erkrankter nicht zu unterschätzen. Auch bei der psychologischen Betreuung von Patienten und Personal lassen sich Videosysteme gewinnbringend einsetzen.

KI erkennt Corona-Lunge

Auch Künstliche Intelligenz (KI) kam beim Ausbruch der Covid-19-Pandemie zum Einsatz. Dabei ging es vordergründig um Machine Learning. Das neueste Corona-Virus sorgt bei betroffenen Patienten für Veränderungen in der Lunge, die beim CT-Scan sichtbar werden. Während ein Arzt für diese Aufgabe (inklusive des zu erstellenden Berichts) etwa fünfzehn Minuten benötigt, kommt ein entsprechender Algorithmus für die Analyse mit zehn Sekunden – rechnet man den Gegencheck durch einen Mediziner und die automatisierte Berichterstellung hinzu – mit gut zweieinhalb Minuten aus.

Bei einem großen Untersuchungsbedarf, wie jetzt etwa während der Pandemie, ergibt sich ein erheblicher Zeitvorteil. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Medizinier in einem akuten Krisenfall für ganz andere, wichtigere Tätigkeiten benötigt werden.

Mit AI Viren schneller sequenzieren

Gute Dienste lieferten und liefern auch Algorithmen zur Gen-Sequenzierung des Virus. Hierdurch lassen sich wichtige Aussagen zur Herkunft der Viren und dem Grad der Erkrankung ablesen. Wird die Auswertung einer solchen Gensequenzierung manuell durchgeführt, dauert es aufgrund der großen Datenmenge bis zu 36 Stunden, ehe ein Ergebnis vorliegt.

Die in China eingesetzte, KI-basierte Software „Cell Ranger“ half dabei, den Zeitraum der kompletten Analyse auf zweieinhalb Stunden zu senken.

Rechner schlägt Corona-Medikation vor

Immer, wenn ein neuer Krankheitserreger auftaucht – zumal, wenn es sich um einen derart aggressiven wie bei Covid-19 handelt – geht es darum, möglichst schnell wirksame Behandlungsmethoden zu entwickeln. Neue Medikamente stehen noch nicht zur Verfügung, also werden diejenigen gesucht, von denen man sich einen möglichst hohen Effekt erwarten kann. In China kamen dazu KI-Systeme zum Einsatz, die ein Medikamenten-Screening in der Datenbank „DrugBank“ durchführten. Die Datenbank wird von der University of Alberta gepflegt und ist eine umfassende Quelle für bioinformatische und chemische Informationen, die detaillierte Daten von Arzneimitteln enthält. Durch das Screening von 8.506 hier abgelegten Präparaten, sowie ein Screening von mehr als 160 Millionen möglichen Molekül-Verbindungen in der Molekularbibliothek von UniChem, einem indischen Pharmaunternehmen, wurden innerhalb einer Woche fünf wirksame Antiviren-Kandidaten für die Soforthilfe gefunden.

Die gegenwärtige Corona-Krise mit all ihren negativen Auswirkungen zeigt, dass die Digitalisierung des Gesundheitswesens wichtig ist. Dazu zählt auch ein leistungsfähiges 5G-Netz, um benötigte Dienste schnell bereitzustellen. Geringe Latenz, deterministische Netzwerke und Edge-Computing sind 5G-Kernfunktionen, die im Gesundheitswesen große Vorteile bieten – nicht nur bei der Bekämpfung von Epidemien.

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*Michael Lemke ist Senior Technology Principal (ICT) bei Huawei Technologies Deutschland.


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