Wenn IT-Systeme altern

Veraltete Systeme, schnelle Notlösungen und unübersichtliche Datenlandschaften sind in vielen Unternehmen weit verbreitet. Mit der Zeit entstehen daraus technische Altlasten, die den Betrieb zunehmend behindern. Der technische Rückstand (Technical Debt) verursacht laut Schätzungen jährlich rund 2,4 Billionen US-Dollar an wirtschaftlichen Schäden. [...]

Technologischer Rückstand lässt sich nicht über Nacht beheben – aber strategisches Vorgehen verhindert, dass er weiter wächst. (c) stock.adobe.com/Soeren

Technischer Rückstand entsteht oft aus Zeitdruck. Systeme werden angepasst, um schnelle Ergebnisse zu erzielen. Saubere Architektur, Dokumentation oder Skalierbarkeit bleiben auf der Strecke. Entscheidungen werden getroffen, ohne dass die langfristigen Folgen berücksichtigt werden. Statt robuster Lösungen entstehen Konstrukte, die funktionieren, aber schwer zu warten sind.

„Es ist, als würde man versuchen ein Haus mit Holzplatten und Nägeln anstatt mit Stein und Mörtel bauen – nicht aus Überzeugung, sondern weil Zeit, ein klarer Plan oder bessere Mittel und Fachwissen fehlen. Es mag zunächst funktionieren, doch auf Dauer fehlt die nötige Stabilität“, sagt Jon Knisley, Product Marketing Manager für Process AI bei Abbyy.

Besonders betroffen sind IT-Infrastrukturen, Datenmanagement und (nicht) digitalisierte Prozesse. Auch der aktuelle Trend, zunehmend auf KI-basierte Systeme umzustellen, verstärkt diesen Effekt.

Auch Software kann zum Problem werden, wenn sie nicht kontinuierlich weiterentwickelt wird. Technologischer Fortschritt und neue Geschäftsanforderungen führen dazu, dass ehemals stabile Systeme veralten. Ohne klare Strategie vergrößert sich der Rückstand – und mit ihm die Ineffizienz.

Rückstände in der Datenlandschaft

Besonders kritisch ist technischer Rückstand im Datenmanagement. Datensilos, doppelte Dateien oder fehlende Indexierungen erschweren die Analyse und führen zu fehleranfälligen Entscheidungen. Wenn die Datenbasis nicht stimmt, verlieren selbst gute Prozesse an Wirksamkeit.

Ein systematisches, digitales Inventar hilft, Schwachstellen sichtbar zu machen. KI-basierte Plattformen zur Prozessanalyse identifizieren redundante Bestände, Isolierungen und Integrationslücken. Entscheidend sind klare Standards, feste Richtlinien zur Datenpflege und regelmäßige Prüfungen der Datenintegrität. Nur Informationen mit echtem Nutzen sollten dauerhaft erhalten bleiben.

Wo anfangen – und wie weit gehen?

Nicht jeder Rückstand ist gleich kritisch. Daher lohnt es sich, gezielt zu priorisieren. Besonders Systeme mit direktem Kundenkontakt oder potenziellen Sicherheitslücken sollten im Fokus stehen. Auch Tools oder Codebasen, deren Wartung immer aufwändiger wird, verdienen besondere Aufmerksamkeit. Die 80/20-Regel hilft: Wer sich auf die 20 Prozent konzentriert, die 80 Prozent der Probleme verursachen, kommt schneller voran.

Technologischer Rückstand lässt sich nicht über Nacht beheben – aber strategisches Vorgehen verhindert, dass er weiter wächst. Datengetriebene Analysen und belastbare KPIs helfen dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen und die richtigen Bereiche anzugehen.

„Wer technischen Rückstand nicht nur als technisches Problem sieht, sondern strategisch angeht, schafft die Grundlage für nachhaltige Innovation“, rät Jon Knisley. „Unternehmen gewinnen dadurch an Klarheit, Agilität und Zukunftsfähigkeit – weil sie nicht nur reparieren, sondern aktiv gestalten.“


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