Knapp 380 Unternehmenszentralen internationaler Unternehmen verzeichnet Österreich aktuell, die Tendenz ist steigend. [...]
Eine aktuelle Studie von WU-Professor Phillip Nell gemeinsam mit WU-Wissenschaftler Jan Schmitt zeigt nun, dass zwischen dem Jahr 2000 und 2017 mehr als doppelt so viele Firmensitze nach Österreich verlegt wurden, als abwanderten. Dabei gehe es beim Zuzug nach Österreich meist nicht um die Reduktion von Kosten, sondern um Wertschöpfung, so die Studie. Wichtigster „Austauschpartner“ ist Deutschland.
„Headquarters“ sind die Leitzentralen international tätiger Unternehmen, ihr Sitz ist entscheidend für die Frage, in welchem Land ein Unternehmen Steuern zahlt oder wo die Strategie des Unternehmens erarbeitet wird. Gleichzeitig fördern sie den Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte und stärken den Arbeitsmarkt im Land. Eine aktuelle Studie von WU-Professor Phillip Nell und Wissenschafter Jan Schmitt vom WU-Institut für International Business mit Unterstützung der Erste Bank Stiftung zeigt, dass alleine zwischen 2000 und 2017 mehr als doppelt so viele Headquarters neu in Österreich angesiedelt wurden, als sich aus Österreich zurückzogen. 45 Unternehmen verlegten entweder den Sitz des Mutterkonzerns (10) oder einer speziellen Sparte (35) nach Österreich, während nur 20 das Land verließen. Besonders hohe Mobilität zeigte sich dabei vor allem in den Jahren nach der Finanzkrise: Sowohl 65 Prozent der Abwanderungen (13 von 20) als auch 67 Prozent der Zuzüge (30 von 45) fanden in diesem Zeitraum statt.
Werte vor Kostenreduktion
Die Reduktion von Kosten aber auch die erhöhte Wertschöpfung für das Unternehmen wurden als Grund für die Übersiedlung des Headquarters genannt. Beim Zuzug nach Österreich stehen vor allem Werte wie politische Stabilität, Sicherheit, Leistungsfähigkeit der Regierung, staatliche Ordnungspolitik, Mitspracherecht der BürgerInnen, Rechtsstaatlichkeit und Korruptionskontrolle im Vordergrund. Tendenziell übersiedeln Unternehmen ihre Headquarters in Länder mit eher höheren Lohn- und Einkommenssteuern (von 40,6 Prozent auf 45,6 Prozent) sowie leicht höherer Körperschaftssteuer (von 23,8 Prozent auf 24,7 Prozent). Allerdings zeigt sich auch, dass jene Länder, die sich aus Österreich zurückziehen, in Länder mit niedrigerer Körperschaftssteuer gehen.
Deutschland beliebtester „Austauschpartner“
Trotz des hohen Stellenwerts der CEE-Länder, stellt Deutschland nach wie vor Österreichs wichtigsten Partner dar, wenn es um Headquarter geht. 30 Prozent jener Unternehmen, die Österreich verlassen, gehen nach Deutschland (weitere 15 Prozent gehen in die Schweiz), während umgekehrt 20 Prozent von dort ihren Firmensitz nach Österreich verlegen. 13 Prozent der Unternehmen kamen aus der Schweiz. „Unsere Studie hat sicherlich nicht alle Zu- und Abwanderungen erfassen können. Aber es zeigt sich deutlich – auch in vielen Gesprächen mit Top-Managern –, dass Österreich, und hier vor allem Wien, ein toller Standort für Unternehmenszentralen ist. Derzeit arbeiten wir an einer Folgestudie, in der wir unter anderem den Einfluss der Digitalisierung auf den Headquarter Standort Österreich analysieren“, so Studienautor Phillip Nell. Die ersten Resultate der Studie, die gemeinsam mit der Organisation „Headquarters Austria“ und der Unternehmensberatung Roland Berger durchgeführt wird, werden am 22.10. in der Wirtschaftskammer Wien präsentiert.
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