Woran es beim Payment in Europa noch hakt

Ein einheitlicher Rechtsrahmen für Bezahlvorgänge in der EU - zwischen diesem Ziel und seiner praktischen Umsetzung klafft noch eine Lücke. Über den Status Quo der Strategie für den Massenzahlungsverkehr sprach Payment-Experte Ernst Stahl auf dem Payment Summit 2022. [...]

Foto: Photo Studio Büttner

Euro, SEPA, Request to Pay – in Sachen Payment hat sich in Europa in den letzten Jahren viel getan. Doch Ernst Stahl (Foto), Head of Payment beim IT-Beratungshaus NTT Data, ist der Ansicht: Das alles reicht bei weitem noch nicht.

Wo Payment in der Europäischen Union heute steht und was noch geschehen muss, erläuterte der Payment-Experte und frühere Gesellschafter des Ibi Research Center an der Uni Regensburg im Eröffnungsvortrag des Payment Summit 2022.

Ziel: Mehr Unabhängigkeit

Vor 30 Jahren wurde die Europäische Währungs- und Wirtschaftsunion gegründet, seit 20 Jahren gibt es den Euro. Für Payment-Experte Stahl sind das wichtige Grundlagen für das große Ziel der EU-Kommission: Den europäischen Zahlungsverkehr zu vereinheitlichen.

Ein wichtiger Antrieb für die EU-Bemühungen ist auch der Wille zu mehr Unabhängigkeit von anderen Ländern. Kritiker werfen Europa immer wieder vor, zu abhängig von den USA, dem Dollar und den großen Internet-Konzernen zu sein.

Bereits vor 20 Jahren hat die EU eine Strategie für den Massenzahlungsverkehr veröffentlicht. Die Retail Payment Strategy (RPS) fußt auf vier Säulen, nämlich auf dem Prinzip der Sofortzahlung, auf der Herstellung eines Wettbewerbes unter den Akteuren, der Interoperabilität von Payment-Lösungen und einer Effizienzsteigerung im internationalen Zahlungsverkehr, über den Euro-Raum hinaus.

Warum zwischen dem Beschluss in der EU und der praktischen Umsetzung immer so viel Zeit vergeht, machte Stahl an einem praktischen Beispiel deutlich.

Auf einen EU-Gesetzestext, etwa die Payment Services Directive, kämen noch ein Vielfaches an Regelungen bezüglich der Ausführungsbestimmungen, der Datenformate und der Bankrichtlinien hinzu.

Instant Payments soll der Normalfall werden

Dabei bleibe der Wille der EU erkennbar, Sofortzahlungen auch im digitalen Geldverkehr zum Normalfall zu machen. Zu diesem Thema steht eine Entscheidung des EU-Parlamentes unmittelbar bevor, bislang erreichen Instant Payments einen Anteil von nicht mehr als 10 Prozent am gesamten Zahlungsverkehr.

Stahl rechnet damit, dass auch das Thema Chargebacks bei Instant Payments eine Rolle spielen wird, ähnlich wie bei Kreditkarten. 

Ebenfalls Fahrt aufgenommen hat die Diskussion um den Digitalen Euro, hier ist Ende 2023 mit weiteren Entscheidungen zu rechnen. Dabei soll der Digitale Euro das Bargeld nicht ablösen, schon allein weil 30 Millionen EU-Bürger keinen Zugang zu einem Bankkonto haben.

„Big Bang“ im April 2023?

Spannend wird die – mehrfach verschobene – Einführung eines einheitlichen Datenaustauschformates im Zahlungsverkehr nach ISO 20022. Sie soll, so erläuterte Stahl in Hamburg, vermutlich im April 2023 im Zuge eines „Big Bang“ erfolgen, also auf einen Schlag, ohne Übergangsfrist. Stahls Rat: „Decken Sie sich für diese Zeit mit ausreichend Bargeld ein!“

Der Payment Summit 2022, die führende Fachkonferenz zum Thema Bezahlen im digitalen Handel, findet am 25. und 26. Oktober in Hamburg statt. Sie können an der hybriden Konferenz auch online teilnehmen. Tickets gibt es hier.

*Frank Kemper stieß 2001 zum Team der INTERNETWORLD und leitete von 2013 bis 2020 die Print-Ausgabe von INTERNET WORLD BUSINESS. Der Absolvent der Deutschen Journalistenschule in München blickt auf über 30 Jahre Redaktionserfahrung zurück und ist nahezu ebenso lang online.


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