YouTube-Alternativen unter der Lupe

YouTube ist längst nicht alles, was es auf dem Videomarkt gibt. Aber gibt es den einen Dienst, der dem Google-Giganten wirklich Paroli bieten kann? Wir zeigen Ihnen, was das Internet in Sachen Bewegtbild alles hergibt. [...]

Foto: febrianekasaputra/Pixabay

YouTube dominiert eindeutig den Markt unter den Videoplattformen (zum PCtipp-Channel gehts hier). Als einer der Pioniere im Feld machte YouTube die weite Verbreitung von eigenen Videos für jede und jeden erst wirklich möglich.

Doch es ist nicht alles Gold, was in den Vorschau­bildern glänzt. YouTube kämpft schon seit vielen Jahren mit einem praktisch unlösbaren Konflikt zwischen Videoproduzenten, Werbern und der eigenen Bilanz. Um mehr Werber anzulocken, hat der Mutterkonzern Google/Alphabet in den letzten Jahren die Daumenschrauben angezogen.

Bild 1: YouTube kennt jeder, doch was gibt es für Alternativen?
Quelle: PCtipp.ch

Unliebsame Inhalte können seither nicht mehr zu Geld gemacht werden. Und da Google gerne mit automatisierten Systemen arbeitet, wurden erwartungsgemäß Tausende von Inhalte­erstellern zu Unrecht aus dem Geldverteilungstopf ausgeschlossen. Gleichzeitig werden Videos von allen YouTube-Nutzern mit Werbung zugepflastert, die immer länger dauert und immer seltener übersprungen werden kann, Bild 1.

Dazu kommt der Druck von Regierungen, die mehr und mehr politische Inhalte von der Plattform verbannen möchten. Hier kann sich YouTube zwischen einem permanenten rechtlichen Shitstorm oder einer fragwürdigen Zensurpolitik entscheiden. Die unangenehme Diskussion über freie Meinungsäußerung, Zensur und die Verbreitung von Hass und Falschinformationen folgt auf dem Fuß.

Perfekt wird das Chaos dadurch, dass neue Inhaltsersteller kaum noch eine Chance haben, sich auf der Plattform zu etablieren, ohne vorher Tausende Euro in Werbe­einnahmen an YouTube abzutreten, bevor sie dem Partnerprogramm beitreten können.

Der Unmut gegenüber YouTube steigt und mehr und mehr Videografen und Konsumenten suchen nach alternativen Plattformen und finden dabei ein breites Angebot von interessanten Diensten, die wir im Folgenden kurz beleuchten werden (Aktualisiert am 27.04.2023).

Vimeo

Eine der bekanntesten Alternativen zu YouTube ist Vimeo (vimeo.com), Bild 2. Dieser Videohosting-Dienst ist ebenfalls für alle offen und lässt seine Nutzer kostenlos Inhalte ansehen. Allerdings verlangt Vimeo für den Upload von Videos Geld.

Bild 2: Vimeo ist ein guter Hoster für qualitativ hochwertige Videos, aber kein soziales Netzwerk
Quelle: PCtipp.ch

Wer nur sehr wenige Inhalte hochlädt, kann die kostenlose Version von Vimeo verwenden, allerdings werden schon bei 5 GB pro Woche Gebühren fällig. Jeder halbwegs ernsthafte Videoproduzent dürfte diese Grenze im Nu knacken.

Der soziale Aspekt von Vimeo ist ebenfalls weniger ausgeprägt als bei YouTube, dafür ist der Dienst liberaler bei Inhalten für Erwachsene. Pornografie ist verboten, aber im Gegensatz zu YouTube und Facebook wird hier nicht wegen jedem Nippel gleich ein puritanischer Schreikrampf ausgelöst. Ebenfalls stark ist bei Vimeo die Videoqualität. HQ-Videohosting (HQ = High Quality) ist kein Problem.

Geld verdienen ist auf Vimeo vor allem für Unternehmen in­teressant, die eigene Streaming­angebote und Marketingwerkzeuge verwenden können. 

  • gut für: HQ-Videohosting, Wer­befreiheit
  • schlecht für: Soziales, knappe Budgets

Dailymotion

Ähnlich wie bei Vimeo steht auch bei Daily­motion (dailymotion.com) vor allem das Videohosting im Zentrum, Bild 3. Allerdings wählt Dailymotion einen anderen Weg beim Geschäftsmodell. Statt eines bezahlten Abos gibt es hier ein Revenue-Share-System, ähnlich wie bei YouTube.

Bild 3: Dailymotion konzentriert sich ebenfalls aufs Hosting, finanziert sich aber anders als Vimeo
Quelle: PCtipp.ch

Videos werden mit Werbung monetarisiert und Dailymotion und der Uploader teilen sich den Erlös. Das klingt zunächst nach YouTube, hat aber einen zusätzlichen Haken: Dailymotion ist für Produzenten nicht frei zugänglich.

Um Videos auf der Plattform veröffentlichen zu können, muss man erst Zugang erhalten. So kann Daily­motion besser kontrollieren, welche Inhalte auf der Plattform veröffentlicht werden. Das funktioniert natürlich nur für etablierte Produzenten und Unternehmen.

Eine wirklich offene YouTube-Alternative ist Dailymotion damit natürlich nicht. Außerdem fehlen dem Dienst auch die sozialen Aspekte. Die Plattform ist daher vor allem für reines Videohosting und das Einbetten auf externen Webseiten beliebt.

  • gut für: HQ-Videohosting
  • schlecht für: Soziales, Werbefreiheit

Facebook und Instagram

YouTube ist insofern einzigartig, als es eine soziale Plattform mit einer Videohosting-Plattform verbindet. Als reine Videoplattform ist Facebook (facebook.com) kaum eine ernsthafte Konkurrenz zu YouTube, aber: Die unglaublichen Nutzerzahlen der Zuckerberg-Plattform können YouTube doch etwas nervös machen, Bild 4.

Bild 4: Facebook hat die Nutzer, aber hat es auch Inhalte?
Quelle: PCtipp.ch

Facebook hat so viele Nutzer, dass sogar ein technisch mäßiger Videodienst ordentlich erfolgreich sein kann.

Allerdings muss man sich als Videoproduzent doch fragen: Sind die Bedingungen bei Facebook wirklich besser als bei YouTube? Die ganzen Probleme mit der Vermarktung, dem Datenschutz, der Zensur und der Videoqualität sind die Gleichen wie bei YouTube.

Zudem ist es auf Facebook noch schwieriger, Geld mit Videos zu verdienen. Wo sich Facebook profilieren kann, ist bei Livestreams, wobei das Schwesterprodukt Instagram besser aufgestellt ist.

  • gut für: Soziales, Livestreams
  • schlecht für: alles andere

Instagram/IGTV

Instagram (instagram.com) ist als soziales Netzwerk noch stärker als Facebook, da die Interaktionen zwischen Nutzern häufiger stattfinden. Zudem hat der Dienst mit IGTV eine durchaus brauchbare Videoecke hervorgebracht und bietet mit Reels und Storys zwei interessante Kurzvideo-Formate an.

Bild 5: Instagram hat seinen eigenen Videokanal IGTV
Quelle: PCtipp.ch

Für cineastische Meisterwerke im traditionellen Sinn ist Instagram nicht ideal. Allerdings produ­zieren immer mehr News-Organisationen und Unternehmen richtig gute Infovideos, spe­ziell für mobile soziale Medien.

Gute Beispiele dafür sind die Infografiken der SRG oder die edukativen Alltagsvideos des Zoo Zürich. Sonst profitiert Instagram besonders davon, dass es aktuell nun mal die soziale Plattform der Stunde ist. Und wo die Leute sind, sind auch die Inhalte, Bild 5.

  • gut für: Soziales, Livestreams, Kurzvideos
  • schlecht für: lange Inhalte, Non-Mobile

Twitter

Auch Twitter (twitter.com) ist eine soziale Plattform mit Videoinhalten und ist somit mehr oder weniger mit YouTube vergleichbar, Bild 6. Die Videofeatures von Twitter sind jedoch eher mäßig und es fehlt eine wirkliche Nutzeroberfläche zum Entdecken von Videos.

Bild 6: Twitter ist nicht wirklich eine Videoplattform, hat aber Videos und viele Nutzer
Quelle: PCtipp.ch

Allerdings ist Twitter erwartungsgemäß da gut, wo die Plattform auch sonst erfolgreich ist: bei den News. Das Hashtag-System von Twitter funktioniert bestens, wenn man Inhalte zu einem aktuellen Thema sehen möchte.

Livestreams sind ebenfalls ordentlich, aber nicht ganz so gut wie beispielsweise bei Instagram oder eben YouTube. Wer auf Twitter allein zu einem Content-Ersteller werden und damit sein Geld verdienen will, kann das eigentlich nur auf eine Weise tun: Mit einem Channel mit dem Namen «Dumme Geschäfts­ideen», der dann tägliche Vlogs dieses Versuchs hochlädt.

  • gut für: News
  • schlecht für: alles andere

TikTok

Die Plattform der Jugend heisst derzeit TikTok (tiktok.com), Bild 7. Nach Instagram und Snapchat im letzten Jahrzehnt ist es derzeit die chinesische Kurzvideoplattform, welche die größte Aufmerksamkeit der Teenager bekommt. TikTok lebt dabei vor allem von Viralität und Trends.

Bild 7: TikTok lebt von viralen Trends und ist besonders bei der Jugend beliebt
Quelle: PCtipp.ch

Challenges, das Nach­ahmen von beliebten Videos und die Juxtaposition von Musik oder anderen Audioquellen in neue Kontexte sind zentrale Ausdrucks­for­men der Plattform. Geld wird vor allem durch Sponsoring gemacht. Influencer lassen sich Werbeposts von Unternehmen bezahlen, mal mehr und mal weniger korrekt deklariert – im Prinzip vergleichbar mit Instagram und natürlich YouTube.

Heikel ist dabei noch die Herkunft der App: TikTok kommt aus China und ist nicht immer positiv aufgefallen. Der Dienst war ursprünglich als musical.ly bekannt und war zu dieser Zeit besonders dafür berüchtigt, weder Copyright noch den Schutz von Minderjährigen besonders ernst zu nehmen. Der Datenschutz bei der App kann im besten Fall als mangelhaft bezeichnet werden, was gerade durch die sehr junge Nutzerschaft besonders heikel wird.

  • gut für: Kurzvideos, Virales, Soziales
  • schlecht für: lange Inhalte, Datenschutz

Twitch.tv

Unter Gamern ist Twitch (twitch.tv) schon seit vielen Jahren ein Begriff, Bild 8. Die zu Amazon gehörende Plattform ist die Anlaufstation für Game-Streams und E-Sport. Mittlerweile sind auf Twitch auch andere Inhalte verfügbar, der Fokus liegt aber nach wie vor auf Gaming.

Bild 8: Im E-Sport und Live-Gaming ist Twitch der König
Quelle: PCtipp.ch

Video on Demand ist auf Twitch grundsätzlich möglich, allerdings nur in Form von vergangenen Livestreams. Videodateien hochzuladen, geht nicht direkt. Twitch ist ein gutes Beispiel dafür, dass eine bestehende Nutzerbasis nur schwer zu transportieren ist.

Im Vergleich zu YouTube ist der Videoplayer von Twitch deutlich schlechter. Beispielsweise kann bei Twitch noch immer nicht in einem Livestream zurückgespult werden. Allerdings verlieren E-Sport-Events abertausende Zuschauer, wenn die Sendungen nicht auf Twitch verfügbar sind.

  • gut für: Gaming-Content, Livestreams
  • schlecht für: Video on Demand

Nebula

Nebula (nebula.app) lässt sich am einfachsten als Netflix für YouTuber erklären, Bild 9. Das klingt komisch, ergibt aber durchaus Sinn.

Auf Nebula haben sich etablierte YouTube-Stars zusammengetan, um dort ihre Videos in einem Bezahldienst zu veröffent­lichen.

Bild 9: Nebula ist quasi Netflix für YouTuber
Quelle: PCtipp.ch

Nutzer der Plattform zahlen eine monatliche Gebühr von rund 5 Franken und erhalten dafür Videos ihrer Lieblings-You­Tuber in bester Qualität, werbefrei und ohne die sonstigen störenden Nebengeräusche von YouTube.

Für etablierte YouTuber ist das eine exzellente Option, sich zu emanzipieren. Die limitierte Anzahl an Produzenten trägt zudem zur Videoqualität bei. Was fehlt, sind die sozialen Aspekte von YouTube.

  • gut für: etablierte Content-Ersteller und deren Fans
  • schlecht für: Neueinsteiger, strapazierte Budgets

Odysee

Bei Odysee (odysee.com) handelt es sich um eine Videoplattform auf Blockchain-Basis, Bild 10. Odysee verwendet die eigene LBRY-Plattform, die für zensurfreie Videos sorgen soll. Im Vergleich zu ähnlichen Plattformen ist der Inhalt von Odysee noch relativ zahm.

Bild 10: Blockchain-Alternative zu YouTube
Quelle: PCtipp.ch

Zwar ist auch Odysee bei rechten Gruppen beliebt, allerdings verteilt sich der Rechtspopulismus hier etwas besser im regulären Inhalt als bei anderen Plattformen. Odysee setzt auf dezentralisierten Speicher und die eigene Kryptowährung als Zahlungsmittel. So funktioniert die Blockchain nun mal.

Ansonsten ist Odysee eine simple Videoplattform ohne erweiterte Features, was beim noch jungen Alter der Seite kaum verwunderlich ist.

  • gut für: Blockchain-Fans
  • schlecht für: IT-Anfänger

Sonst nennenswert und Fazit

Sonst nennenswert

Die folgenden Dienste sollen auch nicht unerwähnt bleiben.

  • Uscreen (uscreen.tv) ist ein Hostingdienst, grösstenteils für Unternehmen. Das Angebot soll vor allem Business-Kunden anlocken, die YouTube schlicht als Dateihoster für Videos verwenden. Uscreen bietet gegen eine Gebühr bessere Videoqualität und diverse Business-Features wie eingebaute Monetarisierung und Statistik-Tools.
  • Rumble (rumble.com) ist eine der diversen Plattformen, die sich die freie Meinungsäußerung zur Aufgabe gemacht haben. Der Dienst ist technisch gesehen eine YouTube-Kopie, will aber keinerlei Inhalte zensieren. Ein Großteil der Inhalte stammen von rechtskonservativen bis rechtsextremen Medienhäusern und Persönlichkeiten aus den USA. Allerdings findet man auch einige neutralere Quellen wie Reuters oder Newsy darunter.
  • Bitchute (bitchute.com) vertritt die wohl radikalste Definition von Meinungsfreiheit und lässt praktisch alles zu, was nicht wirklich zweifelsfrei illegal ist, Bild 11. Die Startseite von Bitchute ist dann auch ein wilder Mix von Verschwörungstheorien, rechtsextremer Propaganda und Falschinformationen. Dazwischen findet man vereinzelt ein paar vergleichsweise milde Inhalte aus dem konservativen und libertären Spektrum.
  • DTube (d.tube) ist eine vergleichsweise kleine Videoseite auf Blockchain-Basis. Die Inhalte erinnern fast ein wenig an das alte YouTube, denn sie sind größtenteils einfache Selbstaufnahmen von Amateuren und drehen sich hauptsächlich um Blockchain-Themen.
Bild 11: Viele Inhalte auf Bitchute kann man nicht als salonfähig bezeichnen
Quelle: PCtipp.ch

Tipp: Am besten jetzt noch genießen, bevor die Webseite von gehässigen Politikvideos überflutet wird.

Fazit: Soziales zählt

Keiner der genannten Dienste kann YouTube ersetzen. Die meisten tun sich sogar schwer damit, YouTube in ihrer jeweiligen Spezialität zu schlagen. Das liegt zu großen Teilen daran, dass YouTube mehr als eine Videoplattform ist. YouTube bezieht einen großen Teil seiner Marktstärke von seinen sozialen Funktionen.

Während die Konkurrenzprodukte die technischen Features von YouTube angreifen können, ist es schwierig, das soziale Netz von YouTube einfach zu übertragen. Es ist daher auch kaum verwunderlich, dass die größten Erfolge bei sozialen Plattformen wie Facebook, Instagram und TikTok zu sehen sind.

*Luca Diggelmann ist Autor bei PCtipp.ch.


Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*