Trauerbewältigung via Facebook will gelernt sein

Stirbt ein Facebook-User, so ist der Umgang mit den digitalen Hinterlassenschaften für die Hinterbliebenen wie auch Freunde oft nicht einfach. [...]

Der Grund: Das User-Profil zeigt am Ende oft nicht mehr, wie der Verstorbene tatsächlich war, sondern eher die Erinnerungen seiner Facebook-Freunde an ihn. „Das Erinnerungsarchiv des Einzelnen wird so zu einem sozialen Archiv“, heißt es in der neuen Studie der beiden Forscherinnen Rhonda McEwen und Kathleen Scheaffer von der University of Toronto. Den Expertinnen nach wird die Plattform so zu einem virtuellen Raum, in dem den Verstorbenen gedacht wird.

Speziell unter die Lupe genommen haben die Fachfrauen den vom Social Network angebotenen Service, das Profil des Dahingeschiedenen in den Gedenkzustand zu versetzen. Verglichen wurden für die Untersuchung traditionelle Methoden der Trauer, wie gedruckte Nachrufe, mit jenen, die Facebook bereitstellt.

„Die Trauerbewältigung besteht in der Regel aus mehreren Phasen. Es beginnt damit sich bewusst zu machen, dass der verstorbene Mensch nicht mehr da ist und auch nicht wieder kommt“, erklärt Psychologe Michael Thiel im Interview mit der Nachrichtenagentur pressetext. Er erläutert, dass schließlich auch aufbrechende Gefühle ins Spiel kommen – vom Weinen, über Aggressivität und Suizidgedanken sind alle Gefühlsregungen dabei. „Schließlich endet es im besten Fall in Akzeptanz und dem Fassen neuen Lebensmutes.“

Seit 2007 besteht auf Facebook die Möglichkeit, das Profil eines Verstorbenen zu löschen oder es in den sogenannten „Gedenkzustand“ versetzen zu lassen. Wird das Profil in jenen „Memorialization State“ geändert, werden alle Facebook-Freunde des Toten darüber benachrichtigt. Ab sofort kann sich niemand mehr mit diesem Account anmelden und nur noch Freunde und Familie sind berechtigt, auf der Pinnwand zu posten. Auch eine irrtümlich beendete Freundschaft kann mit diesem Profil nicht mehr hergestellt werden.

Im Falle eines Todes steht das soziale Netzwerk als Plattform bereit, auf der User direkt ihre Emotionen und Trauer mit vielen anderen teilen können und durch „Likes“ und Fotos virtuelle Unterstützung durch die Gruppe erfahren. Hinterbliebene können dort ihre Online-Beziehung zu den Verstorbenen aufrechterhalten.

Das wiederum führt jedoch möglicherweise auch dazu, dass User unbeabsichtigt die Erinnerung an eine tote Person und ihr Bild, das sie auf Facebook von sich selbst kreiert hatte, verändern oder untergraben. Die Untersuchung hat außerdem ergeben, dass sich die Beiträge der Hinterbliebenen gar zu einer Art Trauerwettbewerb aufschaukeln können, etwa wer ihn oder sie am meisten geliebt hat. (pte)


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