Die Automobilbranche unterliegt der größten Transformation ihrer Geschichte. Produzenten sowie Zulieferer verlagern zunehmend ihren Fokus von klassischen hin zu digitalen Komponenten – von leistungsfähigen Chipsätzen bis hin zur eigenen Softwareplattform. [...]
Konsequent weiter vorwärts im Wandel – mit dieser Kurzformel lässt sich die Erwartung an die Automotive-Branche treffend beschreiben. Anlässlich der IAA 2021 haben Experten von Oracle einen Blick in die Zukunft gewagt und geben einen Überblick über die Megatrends im Bereich Automotive. Was schon heute als sicher gilt: Die Zukunft der Mobilität ist nicht ohne intensive Vernetzung und datenbasierte Prozesse zu denken.
Als einer der wichtigsten Industriezweige ist sie seit jeher Gegenstand umfassender Zukunftsinvestitionen. Im Zuge der digitalen Transformation richtet sich ein Fokus entsprechender Aktivitäten insbesondere auf die Technologietrends Elektromobilität, Connected Cars, Shared Services sowie Autonomes Fahren. Neben dem Bedarf nach geeigneten Betriebssystemen, die Fahrzeuge mit der Cloud verbinden, steht die Entwicklung im Zeichen einer allgemeinen Modernisierung der IT-Landschaft im Automotive-Sektor. Daran gekoppelt ist die Frage an Hersteller, auf welche Technologien und Partner sie konkret setzen sollten und an welchen Technologieoptionen sie sich idealerweise in Form einer Inhouse-Entwicklung geistiges Eigentum sichern sollten.
Neugestaltung traditioneller Organisationsstrukturen
In dem Maße, wie die wegweisenden Entwicklungen in der Branche eher zu softwarebasierten Lösungen führen, wird sich erkennbar auch das Mindset innerhalb der Belegschaft und der daran gekoppelten Organisation in Richtung dezentraler Teams mit entsprechender Kompetenz weiterentwickeln müssen. Angesichts einer überschaubaren Anzahl von lokalen Kandidaten wird es sich im Rennen um die besten Talente als entscheidend erweisen, den Fokus von reinen Fahrzeughardware-Lösungen zu verschieben und dem Transformationsprozess die dafür erforderliche Zeit einzuräumen. Während einige Hersteller bereits den Aufbau spezieller Funktionsbereiche für Fahrzeugsoftware vorantreiben, gilt es branchenweit Überkapazitäten etwa rund um den Verbrennerantrieb zu verändern.
Nachhaltigkeit und politische Rahmenbedingungen in globaler Perspektive
Mit Blick auf die zu erwartende Entwicklung ganzer Elektromodellreihen und der zumindest teilweisen Ablösung des Verbrennungsmotors in urbanen Räumen ist jeder Hersteller gut beraten, Kunden, Investoren, den Gesetzgeber und die Mitarbeiter in Form einer detaillierten Nachhaltigkeitsagenda mitzunehmen. CO2-Fußabdruck, Verfügbarkeit Seltener Erden für die Chipherstellung und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Kooperationen mit unterschiedlichen 5G-Anbietern sind wichtige Faktoren für das Entscheidungsspektrum, wie der drängende Wandel zu mehr Nachhaltigkeit in einer vernetzten Welt aussehen soll. Eng damit verbundenen ist das Erfordernis klarer Maßgaben für Investitionen in den dafür geeigneten Technologie-Stack ebenso wie für die politische Agenda – beispielsweise unter Einbeziehung von Multi Cloud-Szenarien in tendenziell restriktiven Ländern.
Monetarisierung von Daten
Der Anteil von digitalen Produkten und Services wächst rasant und unausweichlich verzeichnen klassische Erlösmodelle, die die Digitalisierung nicht explizit als Chance integrieren, einen Bedeutungsverlust. Neben der Möglichkeit, digitale Angebote von Anfang an in die Kalkulation einzubeziehen, gilt es aus Sicht der großen Fahrzeughersteller und ihrer Zulieferer Einsparpotenziale zu identifizieren. Parallel dazu empfiehlt es sich, bereits existierende datenbasierte Produkte und Services etwa in den Bereichen Versicherung, Verkehrssteuerung und Autonomes Fahren weiterzuentwickeln und als strategische Erlösquellen zu etablieren.
Beschleunigte Integration digitaler Geschäftsmodelle und Technologien
Als Schnittmenge aus den bereits aufgeführten Trends tun Unternehmen der Automotive-Industrie gut daran, die Wertschöpfungskette genau zu evaluieren: Welche Technologien eignen sich am besten, um die immer größeren Menge verfügbarer Daten im und rund um das Fahrzeug zu aggregieren, zu analysieren und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Das schließt eine vollständige Neubewertung von Geschäftsmodellen ebenso ein wie ein Redesign der Customer Experience unter dem Gesichtspunkt digitaler Interaktion und neuer Touchpoints. Die sinnvolle Kombination digitaler und physischer Funktionsmerkmale im Fahrzeug mit vernetzten Cloud-Lösungen legen die Basis für ein mobiles Ökosystem, in dem das Autofahren im Kern neu erfunden wird.
Abstimmung auf regulatorische Rahmenbedingungen
Um die Herausforderungen an die Branche erfolgreich anzunehmen und den genannten Trends zu folgen, ist ein Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen unverzichtbar, innerhalb deren jedes einzelne Unternehmen operiert. Dazu gehören neben dem allgemeinen Management von Geschäftsrisiken sowie Compliance- und Sicherheitsstandards auch der enorm wichtige Aspekt der Cybersicherheit speziell für Fahrzeuge sowie die Verankerung technologischer Compliance-Vorgaben von der Fahrzeugentwicklung über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Proaktives Engagement und der Aufbau von Expertise in diesem Sektor ist mehr als ein Nice-to-have – es dient vielmehr dem Schutz so wichtiger Werte wie Markenimage, Glaubwürdigkeit und Kapital.
Und läuft und läuft und läuft…
Die Automotive-Branche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Obwohl sich einige prägende Megatrends der kommenden Jahre identifizieren lassen, ist es sinnvoll sich klarzumachen, dass es nicht den einen Tag X geben wird, an dem von jetzt auf gleich alles anders läuft. Vielmehr werden bekannte und neue Technologien, Prozesse und Erlösmodelle in einer Weise koexistieren, die der Markt und damit die Nachfrageseite vorgeben. Wie auch immer sich die Zukunft entwickelt: Mobilität bleibt ein marktfähiges Gut – und das Kerngeschäft einer Branche, die ihre Innovationsfähigkeit seit Jahrzehnten Mal um Mal neu beweist.
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