Österreichische Erfinder und Unternehmen haben im vergangenen Jahr 2.303 Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt (EPA) eingereicht. Dies entspricht zwar einem Minus von 1,8 Prozent im Vergleich zum Rekordergebnis vom Vorjahr (2019: 2.346), das Anmeldevolumen liegt jedoch deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre von rund 2.232 Patentanmeldungen. [...]
Insgesamt blieben die Anmeldezahlen beim Europäischen Patentamt (EPA bzw. EPO für European Patent Office) im Jahr 2020 trotz Pandemie nahezu auf dem Niveau des Vorjahres. Mit 180.250 angemeldeten Patenten wurde das Rekordhoch aus 2019 nur knapp verfehlt (181.532; -0,7 Prozent). Insbesondere Erfindungen im Gesundheitswesen waren laut Bericht des EPA Treiber der Patentaktivitäten im Jahr 2020: Demnach entfielen auf das Segment Medizintechnik (+2,6 Prozent) die meisten Patentanmeldungen unter den führenden Technologiefeldern beim EPA, während die Felder Arzneimittel (+10,2 Prozent) und Biotechnologie (+6,3 Prozent) gegenüber 2019 am stärksten zunahmen. Im Bereich Arzneimittel stiegen die Anmeldungen sogar um nahezu das Doppelte auf 91 (+93,6 Prozent).
Der Patent Index 2020 des EPA zeige, so EPA-Präsident António Campinos, dass die Nachfrage nach Patentschutz nach wie vor hoch sei. Insgesamt hätten sich die Anmeldeaktivitäten stabil entwickelt, wenngleich zwischen den technischen Gebieten und im Vergleich der Wirtschaftsregionen erhebliche Schwankungen feststellbar seien. Insgesamt ist Campinos mit dem Ergebnis 2020 zufrieden, wobei er sicher ist, dass die Zahlen noch kein vollständiges Bild der langfristigen Auswirkungen der Pandemie zeigen: „Ich bin überzeugt, dass dies erst zu einem späteren Zeitpunkt sichtbar wird.“ Dennoch bleibe Innovation der Motor der Wirtschaft: „Selbst wenn wir die Entwicklungstrends in der Anmeldetätigkeit der kommenden Monate oder Jahre nicht zuverlässig vorhersagen können, so ist unbestritten, dass der Weg zu einer gesünderen Welt und stärkeren, nachhaltigeren Volkswirtschaften über Innovation, Forschung und Wissenschaft führt. Denn Innovation, unterstützt durch ein starkes Schutzrechtssystem, ist in jeder Hinsicht ein bedeutender Motor des Aufschwungs.“
Österreichische Unternehmen gegen Trend mit Anmeldeplus in der Messtechnik
Elektrische Maschinen, Geräte und Energie, worunter viele Erfindungen im Bereich Klimatechnologien fallen, war 2020 trotz des deutlichen Rückgangs von 25,1 Prozent das anmeldestärkste Segment österreichischer Unternehmen beim EPA. Dagegen stieg die Zahl der Patentanmeldungen im zweitstärksten Segment, dem Hoch- und Tiefbau, um 6,5 Prozent. Transport, der drittstärkste Bereich österreichischer Anmelder beim EPA, blieb nahezu stabil (-0,6 Prozent). Gegen den allgemeinen Anmeldetrend stiegen die Einreichungen aus Österreich in der Messtechnik, zu der auch die Sensortechnik zählt, um 8 Prozent auf 108 Patentanmeldungen.
In der gesamten Anmeldeentwicklung beim EPA lagen die Wachstumsführer aus dem Vorjahr, Digitale Kommunikation (einschließlich Technologien zur Implementierung von 5G-Netzwerken) und Computertechnik (einschließlich Erfindungen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz) mit weiter starken Patentaktivitäten auf dem zweiten (+1,0 Prozent) bzw. dritten Platz (+1,9 Prozent). Hingegen ging das Anmeldevolumen im Transport-Segment, zu dem auch der Fahrzeug-, Zug- und Schiffsbau sowie der Flugzeugbau zählen, am stärksten zurück (-5,5 Prozent).
Wien führt das Bundesländer-Ranking an
Die Rangliste der österreichischen Bundesländer wurde 2020 erneut von Wien angeführt, (-0,7 Prozent). Ein kräftiges Wachstum verzeichnete Oberösterreich auf dem zweiten Platz mit einem Plus von 8,6 Prozent. Hingegen ging das Anmeldevolumen aus der drittplatzierten Steiermark deutlich zurück (-8,6 Prozent). Niederösterreich platzierte sich auf dem vierten Rang (-1,3 Prozent), während Vorarlberg den größten Rückgang von 12,7 Prozent vermeldete und sich auf dem fünften Platz eingliederte.
China und Südkorea im Aufschwung – weniger Anmeldungen aus Europa
Die fünf aktivsten Ursprungsländer waren 2020 wie in den vergangenen Jahren die USA (44.293 Patentanmeldungen), gefolgt von Deutschland (25.954), Japan (21.841), China (13.432) und Frankreich (10.554). Erneut kamen die größten Zuwächse bei den führenden Ländern von chinesischen (+9,9 Prozent) und südkoreanischen Anmeldern (+9,2 Prozent).
Österreich lag 2020 im Ranking der größten Patentanmeldeländer auf dem 14. Platz. Gemessen an der Einwohnerzahl befand sich Österreich mit 260 europäischen Patentanmeldungen pro Million Einwohner sogar auf dem siebten Rang.
Insgesamt reichten Unternehmen und Erfinder aus den 38 EPO-Mitgliedsstaaten beim EPA im vergangenen Jahr 81.443 europäische Patentanmeldungen (2019: 82.554; -1,3 Prozent) ein. Während Patentanmeldungen aus Deutschland, Europas führendem Anmeldeland, um drei Prozent zurückgingen, meldeten französische und italienische Erfinder 3,1 Prozent beziehungsweise 2,9 Prozent mehr Patente an, die Anmeldungen aus Finnland stiegen gar um 11,1 Prozent.
Firmen aus den EPO-Mitgliedsstaaten verzeichneten ein bedeutendes Wachstum bei Arzneimitteln (+15 Prozent) und Biotechnologie (+4,5 Prozent). Für Technologiefelder wie Messtechnik (-10,4 Prozent), Organische Feinchemie (-3,6 Prozent) und Elektrische Maschinen, Geräte und Energie (-2,8 Prozent) wurden hingegen Anmelde-Rückgänge gemeldet.
Borealis erneut Top-Anmelder in Österreich
Im Ranking der anmeldestärksten Unternehmen aus Österreich lag 2020 erneut der Kunststoffhersteller Borealis vorne, gefolgt vom Beleuchtungsspezialisten Tridonic und dem Halbleiterhersteller AMS. Auf den Plätzen vier und fünf befanden sich ZKW (Lichtsysteme) beziehungsweise Fronius International.
Auf Ebene der größten Anmelder beim EPA spiegelt sich das anhaltende Wachstum der Patentanmeldungen aus China und Südkorea wider. So stand Samsung im Anmelder-Ranking mit 3.276 Anmeldungen an der Spitze, gefolgt vom Vorjahres-Erstplatzierten Huawei (3..113) und LG auf dem dritten Rang (2909). Unter den Top 10 befinden sich neben der Siemens AG (Platz 6), Robert Bosch (Platz 7) und BASF (Platz 10) mit Ericsson und Royal Philips zwei weitere Unternehmen aus Europa, und damit so viele wie seit 2014 nicht mehr. Weiter stammen zwei Firmen aus Südkorea und jeweils ein Unternehmen aus China, Japan und den USA.
Weitere detaillierte Statistiken sowie den vollständigen Patent Index 2020 finden Interessierte unter www.epo.org/patent-index2020
Be the first to comment