Trotz wachsender Bedeutung bleibt das Kundenvertrauen in Fintechs niedrig

Die Hälfte aller Bankkunden weltweit nutzt bereits Produkte oder Dienstleistungen mindestens eines FinTech-Unternehmens. Aber nur 23,6 Prozent vertrauen den FinTech-Anbietern. Das ist das Kernergebnis des World FinTech Reports (WFTR) von Capgemini und LinkedIn in Zusammenarbeit mit Efma. [...]

FinTechs befinden sich im Aufschwung und gewinnen bei jungen, technikaffinen und vermögenden Kunden immer mehr an Bedeutung, so das zentrale Ergebnis des World FinTech Reports (WFTR). Der Grund hierfür ist vor allem das Kundenverhalten in aufstrebenden Märkten. So nehmen 75 Prozent aller Kunden in China und Indien die Dienstleistungen von FinTech-Unternehmen in Anspruch, dicht gefolgt von Kunden in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Hongkong.
Die größten Zuwächse konnten FinTechs bei der Vermögensverwaltung erzielen. Hier nutzen 17,4 Prozent (Europa: 16,5 Prozent) aller Kunden ausschließlich die Dienste von FinTechs, während weitere 27,4 Prozent (Europa: 19,5 Prozent) die FinTech-Dienstleistungen zusätzlich zu ihren bisherigen Anbietern in Anspruch nahmen. Da sich viele FinTechs auf Nischen-Services spezialisieren, nutzen viele Kunden (46,2 Prozent) Dienstleistungen von mehr als drei FinTech-Anbietern.
Zwar wirken FinTech-Anbieter weiter disruptiv auf den Markt, aber Kunden setzen nur geringes Vertrauen in sie. So gaben nur 23,6 Prozent (Europa: 16,1 Prozent) aller Bankkunden an, FinTech-Anbietern zu vertrauen, im Gegensatz zu 36,6 Prozent (Europa: 24,1 Prozent) bei traditionellen Unternehmen. Die Verbraucher gaben an, dass traditionelle Banken gegenüber FinTechs noch immer viele Vorzüge bei Betrugsschutz, Service-Qualität und Transparenz haben. 
„Technologiefortschritte, steigende Kundenerwartungen an ein personalisierteres und verbessertes Online-Erlebnis, ein besserer Zugang zu Risikokapital und geringere Eintrittshürden haben einen fruchtbaren Boden für wachsende FinTechs geschaffen“, so Penry Rice, Vice President Marketing Solutions bei LinkedIn. „Indem sie Bedürfnisse erfüllen, die etablierte Branchenführer noch nicht bedienen können, gewinnen FinTechs immer mehr an Bedeutung. Doch sind viele zu intransparent, um Kundenvertrauen zu gewinnen und so marktbedingte Chancen optimal zu nutzen.“
Zusammenarbeit mit FinTechs ist wichtiger Innovationstreiber
Traditionelle Finanzinstitute stehen weiter vor Herausforderungen. So sind weniger als die Hälfte (44 Prozent) aller Führungskräfte überzeugt von ihrer FinTech-Strategie. Dieses Ergebnis überrascht nicht angesichts der Tatsache, dass nur ein Drittel (34,7 Prozent) angaben, eine gut strukturierte und proaktive Innovationsstrategie implementiert zu haben, die auch in der Unternehmenskultur verankert ist. Ihre risikoscheue Natur hindert traditionelle Unternehmen außerdem daran, eine Kultur zu etablieren, die Innovationen priorisiert. So gaben 40,3 Prozent der Führungskräfte an, dass ihre Organisation nicht innovationsfördernd sei.
„Den Führungskräften der Finanzdienstleister erscheinen FinTechs in einem neuen Licht, seit sie mehr und bessere Möglichkeiten zur Zusammenarbeit sehen. Sie machen aber auch selbst deutliche Fortschritte beim Aufbau agiler unternehmenseigener FinTech-Fähigkeiten“, so Stephan Kolarik, Leiter Business Transformation Consulting bei Capgemini Österreich. „Mit Ausnahme weniger Branchenführer tun sich dennoch die meisten Unternehmen schwer, positive Ergebnisse aus ihren Innovationsvorhaben zu ziehen. So gaben nur zehn Prozent aller Führungskräfte an, dass sie die mit Innovationen angestrebten Ziele erreichen konnten.“
Laut dem WFTR verfolgen etablierte Unternehmen im Bezug auf FinTechs eine große Bandbreite an Strategien. Eine Mehrheit der Finanzinstitute (60 Prozent) sieht FinTechs nun als potenzielle Partner. Doch fast der gleiche Prozentsatz (59,2 Prozent) baut unternehmensinterne Ressourcen auf. Über Partnerschaft und unternehmenseigene Entwicklung hinaus sehen Führungskräfte noch zahlreiche weitere Modelle: Investitionen in FinTechs (38 Prozent), Partnerschaften mit Bildungseinrichtungen (34,3 Prozent) oder die Schaffung sogenannter Accelerators (29,6 Prozent). Ein sehr viel kleinerer Teil (18,6 Prozent) kauft zudem FinTechs auf. 
Blockchain-Technologie im Kommen
Etablierte Unternehmen investieren aktiv in neue Technologien, um operative Prozesse und das Kundenerlebnis zu verbessern. Als Reaktion auf diesen Umbruch priorisieren etablierte Unternehmen solche Investitionen in Technologien hoch, die operative Prozesse verschlanken und effizienter gestalten. Sie wollen so außerdem das Kundenerlebnis im Tagesgeschäft verbessern. Fast 90 Prozent der Führungskräfte gaben an, sich hauptsächlich auf die Implementierung von Big Data und Analytics zu konzentrieren, gefolgt vom Internet of Things (IoT) (55,8 Prozent), Blockchain (54,7 Prozent), Robotic Process Automation (52,3 Prozent) und offenen API-Technologien (50 Prozent). Die Blockchain-Technologie, auf der die virtuelle Währung Bitcoin basiert, durchdringt die Finanzindustrie zunehmend. Denn mit ihr gehen zahlreiche Anwendungen, wie ein erweiterter Transfer digitaler Ressourcen, Identitäts-Management sowie eine bessere Verwaltung von Belohnungs- und Kundenbindungsprogrammen einher.
Vincent Bastid, Secretary General bei Efma: „Das Aufkommen von FinTechs hat dafür gesorgt, dass sich das Kundenerlebnis in der ganzen Branche sehr viel schneller verbessert hat. Doch es ist noch immer nicht auf dem Level, auf dem es dem Willen der Kunden nach sein müsste. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch große Technologieanbieter sowie führende E-Commerce- und Telekommunikations-Unternehmen in den Markt eintreten und ihren Teil vom Kuchen der Branchen-Disruption fordern.“

Mehr Artikel

Rüdiger Linhart, Vorsitzender der Berufsgruppe IT der Fachgruppe UBIT Wien. (c) WeinwurmFotografie
Interview

IT-Berufe im Fokus: Innovative Lösungen gegen den Fachkräftemangel

Angesichts des anhaltenden IT-Fachkräftemangels ist schnelles Handeln gefordert. Die Fachgruppe IT der UBIT Wien setzt in einer Kampagne genau hier an: Mit einem breiten Ansatz soll das vielfältige Berufsbild attraktiver gemacht und innovative Ausbildungswege aufgezeigt werden. IT WELT.at hat dazu mit Rüdiger Linhart, Vorsitzender der Berufsgruppe IT der Fachgruppe UBIT Wien, ein Interview geführt. […]

News

ISO/IEC 27001 erhöht Informationssicherheit bei 81 Prozent der zertifizierten Unternehmen

Eine Umfrage unter 200 Personen verschiedener Branchen und Unternehmensgrößen in Österreich hat erstmals abgefragt, inwiefern der internationale Standard für Informationssicherheits-Managementsysteme (ISO/IEC 27001) bei der Bewältigung von Security-Problemen in der Praxis unterstützt. Ergebnis: Rund 81 Prozent der zertifizierten Unternehmen gaben an, dass sich durch die ISO/IEC 27001 die Informationssicherheit in ihrem Unternehmen erhöht hat. […]

News

Public Key Infrastructure: Best Practices für einen erfolgreichen Zertifikats-Widerruf

Um die Sicherheit ihrer Public Key Infrastructure (PKI) aufrecht zu erhalten, müssen PKI-Teams, sobald bei einer Zertifizierungsstelle eine Sicherheitslücke entdeckt worden ist, sämtliche betroffenen Zertifikate widerrufen. Ein wichtiger Vorgang, der zwar nicht regelmäßig, aber doch so häufig auftritt, dass es sich lohnt, PKI-Teams einige Best Practices für einen effektiven und effizienten Zertifikatswiderruf an die Hand zu geben. […]

News

UBIT Security-Talk: Cyberkriminalität wächst unaufhaltsam

Jedes Unternehmen, das IT-Systeme nutzt, ist potenziell gefährdet Opfer von Cyberkriminalität zu werden, denn die Bedrohung und die Anzahl der Hackerangriffe in Österreich nimmt stetig zu. Die Experts Group IT-Security der Wirtschaftskammer Salzburg lädt am 11. November 2024 zum „UBIT Security-Talk Cyber Defense“ ein, um Unternehmen in Salzburg zu unterstützen, sich besser gegen diese Bedrohungen zu wappnen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*