TU Graz: IoT-Risiken minimieren

Die TU Graz fördert ihr erstes Leadprojekt "Verlässlichkeit im Internet der Dinge" mit 2 Mio. Euro. [...]

Selbstfahrende Autos kommunizieren mit ihrer Umgebung, Mini-Sensoren lokalisieren Lecks in Wasserleitungen und Produkte werden während der industriellen Fertigung am Fließband individualisiert: In nicht allzu ferner Zukunft wird es in unserem Alltag von intelligenten, sich selbst steuernden Objekten wimmeln. Milliarden von miniaturisierten Computern, die drahtlos miteinander kommunizieren und als winzige Systeme in alle möglichen Gegenstände integriert sind, ergeben das Internet der Dinge (engl. Internet of Things oder abgekürzt IoT), das, so weiß Kay Römer, IoT-Experte und Leiter des Instituts für Technische Informatik der TU Graz, auch einige Risiken birgt: „Solche Systeme sind teilweise sehr widrigen Bedingungen ausgesetzt. Sensoren, die in Straßen, Fahrzeugen oder Fassaden integriert sind, müssen unterschiedlichen Witterungen und Belastungen standhalten. Gezielte Attacken und Sabotagen sind eine ernstzunehmende Gefahr: Eine Cyberattacke auf das Energie- oder Wassernetz hätte gewaltige Folgen. Insgesamt ist das Internet der Dinge schwer zu schützen, weil es aus unzähligen einzelner Geräten besteht – und jedes einzelne das Gesamtsystem verwundbar macht“.

Eine interdisziplinäre Gruppe von zehn Forschern der Fakultäten für Informatik und Biomedizinische Technik sowie Elektrotechnik und Informationstechnik erarbeitet nun im ersten Leadprojekt der TU Graz das nötige Know-how, mit dem sich die Risiken dieses neuen Meganetzes minimieren lassen. Kay Römer, der das Projekt leitet, betont: „Wir haben im Leadprojekt die idealen Rahmenbedingungen, diese multidisziplinäre Herausforderung gründlich anzugehen und so ein internationales Leuchtturmprojekt aufzubauen.“

SICHER VERNETZTE GERÄTE IM ALLTAG

Bis 2020, so schätzen Experten, sind mehr als 50 Milliarden „Smarte Dinge”, also mit Kleinstcomputern ausgestattete Gegenstände, in das Internet der Dinge integriert, um eine Vielzahl von Alltagsanwendungen zu ermöglichen. Viele dieser Anwendungen im Bereich Gesundheit, Verkehr und Produktion müssen zu hundert Prozent zuverlässig arbeiten, selbst wenn sie Störeinflüssen und gezielten Attacken ausgesetzt sind. Heute existierende erste Ansätze zur Realisierung eines Internets der Dinge werden dieser Anforderung allerdings nicht gerecht.

Das wissenschaftliche Ziel dieses ersten TU Graz-Leadprojektes ist daher die Entwicklung von Konzepten, Methoden und Werkzeugen für den systematischen Entwurf eines Internets der Dinge, das auch unter den schwierigsten Bedingungen absolut zuverlässig arbeitet. Kay Römer erklärt die Herangehensweise: „Zunächst müssen wir ein tiefgreifendes Verständnis der diversen Umgebungseinflüsse erarbeiten und dieses Know-how in die Geräte integrieren, sodass sie ihr Verhalten daran anpassen können. Zu diesem Zweck entwickeln wir lernende Modelle der Realität, die auch gefährliche Situationen antizipieren können und ‚lehren‘ die Geräte damit, Bedrohungen zu erkennen und sich selbständig anzupassen oder im Extremfall vom Netz abzukoppeln.“

So etwa im Anwendungsbereich der vernetzten Fahrzeuge, wo in einem an der TU Graz aufgebauten Labor verschiedene Störszenarien an kommunizierenden Lastkraftwagen durchgespielt werden, um mögliche irritierende Einflüsse zu demonstrieren und die Ergebnisse der Forscher zu validieren. Das Leadprojekt ist in vier Teilprojekte gegliedert, die sich der verlässlichen Drahtloskommunikation und Lokalisierung, der verlässlichen Softwareausführung, der verlässlichen Komposition von mehreren smarten Dingen zu einem Gesamtsystem sowie der Verlässlichkeit vernetzter Steuerungssysteme widmen.

DAS KONZEPT „LEADPROJEKT“

Leadprojekte sind ein neues Konzept der TU Graz zur Stärkung der wissenschaftlichen Profilbildung. Durch die Förderung multidisziplinärer Projekte im Bereich der Grundlagenforschung sollen bestehende herausragende Spitzenforschungsbereiche weiterentwickelt werden. Die Fördermittel stehen für einen Zeitraum von maximal drei Jahren zur Verfügung. Eine Folgeförderung für ein Leadprojekt ist nach positiver Evaluierung maximal einmal für weitere drei Jahre möglich. Eine neue Leadprojekt-Ausschreibung ist bereits geplant.

Das erste Leadprojekt der TU Graz „Verlässlichkeit im Internet der Dinge“ wird aus Mitteln der Universität mit zwei Mio. Euro gefördert. Eine siebenköpfige internationale Jury hatte dem Projekt nach einem kompetitiven Auswahlverfahren und einem offenen Hearing im Herbst des Vorjahres grünes Licht erteilt. Nach intensiven Vorbereitungen erfolgte jetzt der Startschuss zum ersten Leadprojekt der TU Graz.

Der internationalen Fachwelt präsentiert Kay Römer das Leadprojekt erstmals bei einer europäischen Tagung im Themenbereich Internet der Dinge, die von 15. bis 17. Februar an der TU Graz stattfindet. Im Rahmen der „International Conference on Embedded Wireless Systems and Networks (EWSN)“ gibt es neben vielen Fachvorträgen auch einen internationalen Wettbewerb, in dem elf Teams die bisher verlässlichste Vernetzungstechnologie für das Internet der Dinge ermitteln.

An der TU Graz ist dieses Forschungsprojekt im Field of Expertise „Information, Communication and Computing“ verankert, einem von fünf strategischen Forschungsschwerpunkten. (pi)


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