TU Wien baut Solarzellen, dünn wie ein Atom

An der TU Wien konnte erstmals eine Diode aus aus Wolfram und Selen hergestellt werden. Das könnte in Zukunft hauchdünne, biegsame Solarzellen ermöglichen. [...]

Nur aus einer einzigen Atomlage besteht das Kohlenstoff-Material Graphen, das ganz besondere elektronische Eigenschaften aufweist. Nun zeigt sich, dass auch andere Materialien, wenn man sie in einer einzelnen oder in ganz wenigen Atomschichten anordnet, aufregende neue technologische Möglichkeiten eröffnen. An der TU Wien konnte nun erstmals eine Diode aus Wolframdiselenid hergestellt werden. Experimente zeigen, dass dieses Material geeignet ist, um hauchdünne, biegsame Solarzellen anzufertigen. Sogar biegsame Displays sollen möglich werden.

Spätestens seit 2010 der Physik-Nobelpreis für die Herstellung von Graphen vergeben wurde, galten die „zweidimensionalen Kristalle“ aus Kohlenstoffatomen als große Zukunftshoffnung der Materialforschung. Im Jahr 2013 wurde die Graphen-Forschung von der EU als Flaggschiff-Projekt ausgewählt und mit einer Milliarde Euro gefördert. Graphen hält enormen mechanischen Kräften stand und es hat wunderbare elektro-optische Eigenschaften: Mit Graphen als Lichtdetektor kann man in winzigen Sekundenbruchteilen optische Signale in elektrische Signale umwandeln.

Eine wichtige, damit eng verwandte Anforderung kann Graphen allerdings nicht erfüllen: Es ist nicht als Solarzelle verwendbar. „Die elektronischen Zustände in Graphen sind für den Einsatz als Solarzelle nicht besonders gut geeignet“, erklärt Thomas Müller vom Institut für Photonik der TU Wien. Er begann mit seinem Team daher, andere Materialien zu untersuchen, aus denen sich ähnlich wie Graphen ultradünne Schichten aus nur einer oder aus wenigen Atomlagen herstellen lassen, die aber noch bessere elektronische Eigenschaften aufweisen.

Die Wahl fiel auf Wolframdiselenid: Es besteht aus einer Schicht Wolfram-Atome, die oberhalb und unterhalb mit Selen-Atomen verbunden sind. Das Material absorbiert Licht, ähnlich wie Graphen – in Wolframdiselenid lässt sich damit allerdings elektrische Leistung generieren.

DÜNNSTE SOLARZELLE DER WELT
Weil die Schicht so extrem dünn ist, lässt sie 95 Prozent des Lichts durch, doch von den verbleibenden fünf Prozent an Lichtleistung, die vom Material absorbiert wird, kann ein Zehntel in elektrische Leistung umgewandelt werden. Der interne Wirkungsgrad des Materials ist somit relativ hoch. Will man einen größeren Anteil des einfallenden Lichtes nutzen, könnte man mehrere dieser ultradünnen -Schichten übereinanderpacken – doch die hohe Transparenz ist manchmal durchaus gewünscht: „Wir können uns etwa Solarzellen-Schichten auf Glasfassaden vorstellen, die das meiste Licht ins Gebäude lassen und trotzdem Elektrizität generieren“, meint Thomas Müller.

Herkömmliche Solarzellen sind heute meist aus Silizium, sie sind relativ dick und unflexibel. Auch organische Materialien werden für opto-elektronische Anwendungen eingesetzt, doch sie altern schnell. „Ein großer Vorteil der zweidimensionalen Strukturen aus einzelnen Atomlagen ist, dass sie kristallin sind. Kristallstrukturen verleihen Stabilität“, erklärt Thomas Müller.

Die Wolframdiselenid-Schicht kann nicht nur Sonnenlicht in Strom umwandeln, sie kann auch umgekehrt mit Hilfe von Stromzufuhr zum Leuchten gebracht werden. „Wir erhoffen uns damit eines Tages dünne, flexible Displays, oder auch großflächig-diffuse Raumbeleuchtung“, sagt Müller.

Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten an der TU Wien wurden nun im renommierten Fachjournal „Nature Nanotechnology“ veröffentlicht. Wie kompetitiv die Forschung in diesem Bereich ist, zeigt sich daran, dass in der selben Ausgabe des Journals auch noch zwei andere Beiträge veröffentlicht wurden, in denen ganz ähnliche Ergebnisse präsentiert werden: Auch am MIT (Cambridge, USA) und der University of Washington (Seattle, USA) hat man das Potenzial von Wolframdiselenid erkannt und kam zeitgleich zu analogen Ergebnissen. (pi)


Mehr Artikel

Otto Neuer, Regional VP und General Manager bei Denodo. (c) Denodo
Kommentar

Wie logisches Datenmanagement das ESG-Reporting vereinfacht

Mit zunehmendem Bewusstsein für Nachhaltigkeitsthemen wächst auch der Druck, den Stakeholder diesbezüglich auf Unternehmen ausüben. Gerade auf Seiten der Gesetzesgeber entstehen vermehrt Richtlinien, die „ESG“ (Enviornmental, Social und Governance)-Anliegen vorantreiben und Unternehmen zu mehr Transparenz in Form von entsprechender Berichterstattung verpflichten. […]

Frank Schwaak, Field CTO EMEA bei Rubrik (c) Rubrik
Kommentar

Wie CIOs Unternehmen als Cloud-Lotse sicher durch Daten- und Sicherheitsrisiken führen

In einer fragmentierten Infrastruktur ist es herausfordernd, den Durchblick über Daten und Kosten zu behalten. CIOs werden zu Lotsen, die das Unternehmen sicher durch die unterschiedlichen Cloud-Umgebungen steuern müssen. Was können Unternehmen also tun, um den Überblick über Cloud-Anwendungen zu behalten und den Kurs zwischen Cloud und Cyberresilienz zu halten? […]

Ass. Prof. Dr. Johannes Brandstetter, Chief Researcher bei NXAI (c) NXAI
News

KI-Forschung in Österreich: Deep-Learning zur Simulation industrieller Prozesse

Als erstes Team weltweit präsentiert das NXAI-Forscherteam um Johannes Brandstetter eine End-to-End-Deep-Learning Alternative zur Modifizierung industrieller Prozesse, wie Wirbelschichtreaktoren oder Silos. Das Team strebt schnelle Echtzeit-Simulationen an, plant den Aufbau von Foundation Models für Industriekunden und fokussiert sich im nächsten Schritt auf die Generalisierung von Simulationen. […]

img-9
News

Die besten Arbeitgeber der Welt

Great Place To Work hat durch die Befragung von mehr als 7,4 Millionen Mitarbeitenden in den Jahren 2023 und 2024 die 25 World’s Best Workplaces identifiziert. 6 dieser Unternehmen wurden auch in Österreich als Best Workplaces ausgezeichnet. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*