Unternehmen fühlen sich oft Cyber-Kriminellen schutzlos ausgeliefert

Signifikante Qualifikationslücken belasten Security-Experten und bedrohen die Unternehmenssicherheit. Der Druck auf bereits überlastete Mitarbeiter erhöht sich dadurch zusätzlich. [...]

Die Work-Life-Balance von Security-Experten ist derzeit eher unausgewogen: Fast zwei Drittel der Cyber-Security-Experten denken daher bereits darüber nach, die Branche zu wechseln oder ihrem aktuellen Arbeitgeber zu kündigen. (c) AdobeStock - Murrstock

Eine von Symantec in Auftrag gegebene Studie zeichnet ein düsteres Bild hinsichtlich der Belastung und den Fähigkeiten von Cyber-Security-Teams in Unternehmen. Die Studie basiert auf einer Befragung von 3.045 Cyber-Security-Entscheidern aus Europa. Durchgeführt wurde die High-Alert-Studie vom Wissenschaftler Dr. Chris Brauer, Director of Innovation bei Goldsmiths, University of London, und seinem Team im Auftrag von Symantec. Die Ergebnisse zeigen, in welch einer erschreckenden Lage sich Unternehmen bereits befinden. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sie sich weiter verschlechtert. Ein Teufelskreis aus Überlastung und Stress verhindert die Weiterentwicklung beruflicher Fähigkeiten und Entscheidungsfindungen.

Fast die Mehrheit (48 Prozent) der Cyber-Security-Entscheider sind der Auffassung, dass ihre Teams und deren Kenntnisse denen von Cyber-Kriminellen oft nicht gewachsen sind. Das Ergebnis: Der Druck auf bereits überlastete Mitarbeiter erhöht sich dadurch zusätzlich. Die Folge ist, dass 63 Prozent der Cyber-Security-Experten bereits darüber nachdenken, die Branche zu wechseln oder ihrem aktuellen Arbeitgeber zu kündigen (64 Prozent).

„Es ist beängstigend, zu wissen, dass die Feinde bereits vor dem eigenen Tor stehen. Noch beunruhigender ist allerdings, dass sich die zum Schutz eingestellten Mitarbeiter dem Angreifer unterlegen fühlen – und auf einen Burnout zusteuern. Und genau das zeigen die aktuellen Ergebnisse“, erklärt Darren Thomson, EMEA CTO, Symantec. „Die Bedrohung wird nicht überschätzt, wenn der Feind schneller lernt als du selbst. Unternehmen, die Wert auf die Sicherheit ihrer Daten und Finanzen legen, müssen strategische Investitionen tätigen, um diese Kompetenzlücken -auch durch den Einsatz künstlicher Intelligenz- zu schließen.“

Knapp die Hälfte der Security-Experten gab zu, dass ihre Teams nicht über die notwendigen persönlichen Fähigkeiten verfügen, um tägliche Bedrohungen zu bekämpfen, denen ihre Unternehmen ausgesetzt sind. Bei mehr als einem Drittel der Befragten sind die Teams nicht einmal in der Lage, die aktuelle Arbeitsbelastung zu bewältigen. „Ich sehe ein großes Burnout-Risiko in unserer Branche. Viele Angestellte arbeiten bereits am Limit“, sagt Steve Purser, Head of Core Operations ENISA, der früher als CISC in der Finanzbranche tätig war. „Schaut man sich die Überstunden an, wird schnell klar, dass es so nicht weitergehen kann.“

Der Rückstand wird größer

Cyber-Security-Teams fällt es schwer, mit möglichen Angreifern Schritt zu halten, gleichzeitig nimmt die Geschwindigkeit des technologischen Wandels weiter zu. Andererseits gilt der Arbeitsmarkt als leergefegt, wenn es um erfahrene IT-Sicherheitsexperten geht und wo es immer weniger Talente im Cyber-Security-Umfeld gibt, bleiben Stellen unbesetzt und die IT-Security-Teams dauerhaft gefährlich unterbesetzt. Schon allein dadurch werden die Abwehrmechanismen der Unternehmen kontinuierlich schwächer. Die Ergebnisse der von Symantec in Auftrag gegebenen Studie belegen diese Entwicklung:

  • 51 Prozent der Security-Experten geben an, dass ihre Teams zu viele Tagesaufgaben übernehmen müssen, um wichtige Kompetenzen weiter auszubauen.
  • 48 Prozent sehen den technologischen Wandel schneller voranschreiten, als sie und ihre Teams sich daran anpassen können.
  • Fast die Hälfte geben an, dass Angreifer über extrem hohe Ressourcen und Unterstützung von „böswilligen Akteuren“ verfügen – darunter zum Beispiel aus der organisierten Kriminalität und staatlich geförderte Hacker.

„Security-Experten sind Ersthelfer, gefangen in einem ständigen Wettrüsten mit Angreifern – Talent und Cyber-Security-Kompetenz sind dabei die wichtigsten Waffen“, erläutert Chris Brauer, Director of Innovation, Goldsmiths, University of London. „Für viele ist dieser geistige Wettstreit aufregend und eine willkommene intellektuelle Herausforderung. Doch die Arbeit ist enorm anspruchsvoll und mit einem hohen Einsatz und rasanten Tempo verbunden. Gleichzeitig erhalten die Teams wenig Unterstützung. Aber das ist noch nicht alles: Die Kontrolle und Bewertung einer enormen Menge an IT-sicherheitsrelevanter Alarmmeldungen der IT-Sicherheitssysteme und anderer alltäglichen Aufgaben lässt das Arbeitsumfeld schnell zu einem wahren Gift für die Arbeitnehmer und somit für die Unternehmenssicherheit werden. Stark gestresste Arbeitnehmer koppeln sich schneller vom Unternehmen ab und kündigen letztendlich. In einem Umfeld, welches bereits einen hohen Fachkräftemangel hat, stellt dies ein erhebliches zusätzliches Risiko für die Unternehmen dar.“

Alles fordert seinen Tribut

Die Sicherheit von Unternehmen ist unter anderem durch die schwindende Bedrohungsanalyse-Fähig- und Möglichkeiten und dem schwindenden Pool an Cyber-Security-Talenten stark gefährdet:

  • Drei von vier Security-Experten unterschätzen den Aufwand und die notwendigen Aktionen die erforderlich wären, um mit einer Bedrohung oder einem Vorfall richtig umzugehen.
  • 77 Prozent entscheiden sich zu schnell und zu wenig fundiert bei der Beurteilung einer Bedrohung.
  • Mehr als zwei Drittel der Security-Experten fühlen sich für einen bereits im eigenen Unternehmen stattgefundenen Sicherheitsvorfall verantwortlich, der sich hätte vermeiden lassen.

„Neueinstellungen allein sind nicht die Lösung, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Das System innerhalb der Unternehmen muss sich komplett verändern“, erklärt Darren Thomson, EMEA CTO bei Symantec. „Das Cyber-Security-Feld hat sich seit den Berufsanfängen der heutigen CISO dramatisch geändert. Durch die täglich Tausende von Bedrohungen sowie eine exponentiell wachsende Komplexität der IT-Strukturen wird es immer schwieriger, Schritt zu halten. Die Verteidigungsstrategien müssen sich ändern. Fortschrittlichste Technologien für die zuverlässige und präzise Bedrohungsanalyse erfordern eine KI-optimierte Cyber-Security, denn der sich kontinuierlich verschärfende massive Mangel an Cyber-Security-Fachkräften bedingt diesen Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Analytics und Automatisierung von Sicherheitsaufgaben, die damit den Sicherheitsexperten ein hohes Maß an der notwendigen Agilität zurückgegeben. Oft werden beispielsweise Lösungen für Security Information and Event Management (SIEM) eingesetzt, deren Aufgabe es ist, Anomalien umfassend zu erkennen. Aber durch den Mangel an Ressourcen – wie die Studie belegt – können selbst diese sicherheitsrelevanten Ereignismeldungen nicht mehr von den Mitarbeitern abgearbeitet werden. Viele Außenstehende befürchten, dass die Werkzeuge Teil des Problems wären und empfehlen – mit fatalen Folgen – die Sensitivität der eingesetzten Tools zu reduzieren. Es zeigt sich somit, dass das komplexe Cyber-Security-Konstrukt als Solches einfacher werden muss und die Nutzung von Cloud-Security, eine verstärkte Automatisierung und die intelligente Nutzung von Managed Services sollten mehr als bisher genutzt werden, um Überlastungen zu reduzieren und Mitarbeiter im Unternehmen zu halten.“


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