Unternehmensblogs: Zwischen Selbstdarstellung und Recruiting

Es gab Zeiten, da hatten Blogs eher den Charme von Tagebüchern. Dass die längst vorbei sind, beweisen nicht zuletzt große Unternehmen. Bloggen ist dort zum Teil ähnlich gut organisiert wie die hauseigene Pressearbeit. [...]

Karrieremöglichkeiten im Ausland, das gute Arbeitsklima oder die Vorzüge neuer Produkte: Wenn Unternehmen Pressemitteilungen zu solchen Themen verschicken, landen die bei Journalisten häufig eher im Papierkorb. Um sich fernab von Bilanzzahlen und Pressekonferenzen darzustellen, setzen Konzerne verstärkt auf Blogs. Dem Zufall wird dabei kaum etwas überlassen.

Für den Autobauer Daimler ist sein Unternehmensblog mittlerweile der wichtigste Teil der Strategie in Sozialen Medien, wie Social-Media-Chef Uwe Knaus sagt. „Wir möchten damit diejenigen ansprechen, die wir mit unserer klassischen Medienarbeit zunehmend schlechter erreichen.“ Das hauseigene Blog – inzwischen eines der ältesten von deutschen Unternehmen – sieht man dort als „logische Ergänzung“ der Kommunikationsarbeit.

„Sie bekommen Öffentlichkeit, wenn Sie ihre Geschichten richtig gut erzählen“, sagt der Münchner Kommunikationsberater Klaus Eck, der zu sogenannten Corporate Blogs ein Buch veröffentlicht hat. Wie viele Konzerne in Deutschland mittlerweile bloggen, lasse sich nicht verlässlich sagen. Zu den Vorreitern gehörten neben Daimler aber der Tiefkühlhersteller Frosta und das Kaffee- und Handelsunternehmen Tchibo. Auch der Schokoladenhersteller Ritter, der Discounter Netto oder der Softwareriese SAP betreiben hauseigene Blogs – bei SAP sind es sogar gleich mehrere.

Der Vorteil gegenüber anderen Sozialen Medien wie Facebook oder Twitter: Im Blog ist der Konzern selbst Hausherr, wie Knaus sagt. Dadurch werde das Publikum weniger begrenzt – ebenso wie die Themen. Jedes Wort auf die Goldwaage lege man bei Daimler aber nicht, betont er. „Unsere Mitarbeiter wissen sehr gut, was sie bloggen dürfen und was nicht.“
SAP hat nicht nur ein Blog, sondern eine ganze Reihe. SAP hat nicht nur ein Blog, sondern eine ganze Reihe.

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Neben bereits vorhandenen und künftigen Kunden hat der Dax-Konzern noch eine Zielgruppe: potenzielle Fachkräfte. Das legt auch ein Blick auf die Themen nah. Da geht es um „Zwei einmalige Monate in Hong Kong“ (in einer Auslandsvertretung des Konzerns) oder „How an internship became a lifetime experience“ („Wie ein Praktikum zur Lebenserfahrung wurde“). Daneben bloggen Angestellte über Hobbys, Ehrenämter und Museumsbesuche.

„Das ist natürlich eine gute Vermarktungsmöglichkeit für das, was ein Unternehmen gerade bewegt“, sagt Britta Meyer, die beim Autobauer Audi für Soziale Medien zuständig ist. Anders als Daimler richtet sich das Audi-Blog vor allem an Journalisten. Statt Menschen aus Produktion oder Vertrieb greifen hier Profis in die Tasten. „Wir haben uns bewusst entschieden, vor allem Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung als Autoren zu gewinnen“, sagt Meyer.

Generell organisieren Unternehmen das Bloggen zunehmend professionell, wie Berater Eck beobachtet. „Das ist ein Trend insgesamt, dass man heute in größeren Unternehmen ein Redaktionsteam von etwa fünf Personen hat“, sagt er. Häufig gebe es feste Veröffentlichungstermine – idealerweise zweimal pro Woche.

„Wenn ich nicht einfach nur sage „Jeder kann schreiben, was er will“, sondern einer Strategie folge, kann ich das nutzen, um mein Unternehmen klar zu positionieren“, sagt Blog-Experte Eck. Er gibt allerdings zu bedenken: „Oft ist es so, dass man immer nur erzählt bekommt, wie toll ein Unternehmen ist. Da bin ich eher skeptisch, ob es funktioniert.“
*Thomas Cloer ist Redakteur unserer Schwesternzeitschrift Computerwoche.


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