Kürzlich wurde bekannt, dass sich die Koalition auf einen Entwurf zur lange erwarteten Urheberrechtsreform geeinigt hat. Darin enthalten ist auch die umstrittene Festplattenabgabe, die neuerdings "Speichermedienabgabe" genannt wird, sowie das Leistungsschutzrecht. Das Bekanntwerden des Entwurfs hat bei allen beteiligten Parteien für heftige, größtenteils negative Reaktionen gesorgt. [...]
Medienberichten zufolge hat sich die Regierung auf eine Reform des Urheberrechts geeinigt, ein entsprechender Ministerialentwurf soll nun in Begutachtung gehen und am 16. Juni im Ministerrat sowie noch vor dem Sommer vom Parlament beschlossen werden. Schon am 1. Oktober könnte sie in Kraft treten. Aus der Festplattenabgabe wurde darin eine „Speichermedienabgabe“, die bei dem Neukauf von Speichermedien fällig wird – nicht nur im Computer, sondern beispielsweise auch im Smartphone.
Ebenfalls von Bedeutung für die Digitalbranche: Es soll auch ein „Leistungsschutzrecht“ in Kraft treten. Das würde es Medien erlauben, bei Suchmaschinen und anderen Diensten, die Inhalte aggregieren, die Hand aufzuhalten – etwa wenn sie Textschnipsel aus Artikel in ihren Suchergebnissen anzeigen. Mehr dazu finden Sie in unserem Artikel „Aus Festplattenabgabe wurde Speichermedienabgabe“.
BRANCHE IST NICHT ZUFRIEDEN
Mit dem von der Koalition ausgehandelten Entwurf ist jedoch niemand so ganz zufrieden, am wenigsten die heimische IKT-Branche. Die Idee, auf Speichermedien prinzipiell eine Abgabe einzuheben, stößt dort verständlicherweise auf wenig Gegenliebe. Sie warnt davor, dass die Einführung einer gerätegebundenen Speichermedienabgabe zu einer Verteuerungswelle für die Konsumenten führen würde. Die „Internetoffensive Österreich“ (IOÖ) beispielsweise, der viele große Player der heimischen IKT-Branche angehören, begrüßte etwa diplomatisch die „Bemühungen der Bundesregierung, klare Spielregeln bei der Entgeltung legaler Privatkopien zu schaffen“, sieht aber Verbesserungsbedarf. So sei die Festsetzung einer maximalen Deckelung – die Vergütungen aus der Speichermedienabgabe dürfen gemeinsam mit der Reprographievergütung bis 2019 nicht mehr als 29 Millionen Euro pro Jahr ausmachen – zwar prinzipiell gut, doch nur unter der Voraussetzung, dass die „Belastung für die Telekom-Branche in weiteren Verhandlungen deutlich verringert wird“. Denn es sei das volle Ausschöpfen der Deckelung von Seiten der Verwertungsgesellschaften zu erwarten, was deren Einnahmen laut der Rechnung der Internetoffensive um das drei- bis vierfache erhöhen würde. Außerdem wird davor gewarnt, dass die Käufer sich umorientieren und einfach via Internet im Ausland einkaufen könnten. Eine Studie der Plattform für modernes Urheberrecht – eine weitere Brancheninitiative gegen die Festplatten – pardon – Speichermedienabgabe – belegt dies: Demnach würden 61 Prozent der Österreicher nach Einführung einer solchen Abgabe im internationalen Online-Handel einkaufen.
Die Internetoffensive Österreich rechnet weiter vor: Dem iPhone 6 Plus mit 128 GB Speicherplatz drohe eine Verteuerung um mehr als 60 Euro. Sollten die „nicht ganz eindeutigen Bestimmungen des Entwurfs“ Smartphones als Geräte einstufen, dann sogar um bis zu 115 Euro. „Wir als Betreiber wollen zu einer Lösung kommen, die vor allem das Interesse der Konsumenten berücksichtigt. Das ist in der jetzigen Form nicht gegeben und erste Reaktionen zeigen, dass der Entwurf auf breiten Widerstand stößt. Neben drohender Teuerung ist es fraglich, ob eine Speichermedienabgabe in Zeiten von Video- und Musikstreaming überhaupt noch zeitgemäß ist“, so Hannes Ametsreiter, CEO von A1 und Vizepräsident der IOÖ. Auch die geplante Befreiung von der Abgabe für Geräte, die nicht privat sondern beruflich genutzt werden, müsse noch besser geregelt werden – anstatt dem Kunden zu überlassen nachzuweisen, dass ein Speichermedium nicht privat genutzt wird, solle die Ausnahmeregelung grundsätzlich für Business-Geräte gelten.
VERWERTER KONTERN
Von „Falschmeldungen der IKT-Branche“ spricht man angesichts der Behauptungen der IKT-Branchenvertreter seitens der acht österreichischen Verwertungsgesellschaften Verwertungsgesellschaften. „Es ist ja nicht neu, dass die IKT-Branche mit gezielten Falschmeldungen arbeitet. Das ist lediglich eine Fortsetzung ihrer kunst- und urheberfeindlichen Haltung. Allerdings bleiben für den Konsumenten viele Fragen offen. Denn für Smartphones ist eine Vergütung von 7,50 Euro im Gespräch. Wie die Mobilfunkunternehmen dann auf 62 Euro kommen, werden sie ihren Kunden erst ausführlich erklären müssen“, findet Franz Medwenitsch, Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft LSG, harte Worte.
Dass Handys, Smartphones oder Festplatten teurer würden, seien Horrormeldungen der Internetoffensive, die nicht belegbar sind: Schon bislang hätte der Handel die Vergütungen eingepreist. Gerade die großen Unternehmen haben den Verwertungsgesellschaften zufolge „enorme Rückstellungen“ für die Zahlung der Vergütung gebildet, leiten diese aber nicht an die Verwertungsgesellschaften weiter. Auch in Deutschland sei es nach Einführung der Festplattenabgabe nicht zu Verteuerungen gekommen.
Die Novelle stelle zudem eindeutig klar, dass E-Commerce-Lieferungen an österreichische Konsumenten mit dem heimischen stationären Handel gleichgestellt sind. Sandra Csillag, Geschäftsführerin der Verwertungsgesellschaft Literar-Mechana: „Von einer Schädigung des Handels oder einer Schwächung der Telko-Industrie kann doch keine Rede sein. In Wahrheit sind es die österreichischen Künstlerinnen und Künstler, die um ihre Existenz fürchten müssen.“
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