Kürzlich wurde bekannt, dass sich die Koalition auf einen Entwurf zur lange erwarteten Urheberrechtsreform geeinigt hat. Darin enthalten ist auch die umstrittene Festplattenabgabe, die neuerdings "Speichermedienabgabe" genannt wird, sowie das Leistungsschutzrecht. Das Bekanntwerden des Entwurfs hat bei allen beteiligten Parteien für heftige, größtenteils negative Reaktionen gesorgt. [...]
„Teuerungen sind nicht zu erwarten. Erstens, weil der Handel die Abgabe zum Teil bereits eingepreist hat und zweitens, weil Geräte in Nachbarländern, auch nach gesetzlicher Einführung der Speichermedienvergütung, das gleiche Preisniveau wie in Österreich aufweisen“, erklärt auch Gernot Graninger, Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft austromechana. Zudem müsse der Internethandel genauso die Vergütung bezahlen, was auch bisher der Fall gewesen sei. Der EuGH habe das schon 2011 klar gestellt und bereits zuvor hätten die Verwertungsgesellschaften ausländische Firmen erfolgreich auf Zahlung geklagt. In Österreich gäbe es diese gesetzliche Klarstellung seit 2006.
Die Deckelung kritisieren die Verwerter ebenso wie die IKT-Branchenvertreter, jedoch mit umgekehrten Vorzeichen: Für sie sind die knapp 30 Mio. Euro zu wenig. Der Entwurf stelle eine Verschlechterung zum aktuellen Modell dar, gefährde eine faire Entlohnung der Kunstschaffenden und widerspräche „der EU-rechtlichen Vorgabe eines „gerechten Ausgleichs“ für die Urheber. „Das Ziel der fairen Vergütung für die Künstler ist noch nicht erreicht. So ist die Deckelung von 29 Mio. Euro willkürlich und für zwei völlig unterschiedliche Ansprüche festgelegt – Reprographie und Speichermedienvergütung –, die Unterschiedliches abgelten. Das Ergebnis für die Speichermedienvergütung ist erheblich geringer und liegt weit unter dem international üblichen Rahmen. Hier hoffen wir, mit unseren Forderungen im Namen der Künstler auf offene Ohren zu stoßen,“ so Gernot Schödl, Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft VDFS.
NUTZER EBENFALLS SAUER
Der Verein für Internet-Benutzer Österreichs (VIBE) spart auch nicht mit Kritik am Entwurf. So sei mit Ausnahme der Neufassung des Zitatrechts, das nun unter gewissen Bedingungen ein „Recht auf Remix“ ermöglicht, der Reformvorschlag des Justizministeriums enttäuschend ausgefallen. VIBE kritisiert in einer Stellungnahme zum Gesetzesvorschlag besonders, dass die Regelung zur Speichermedienabgabe „nicht einmal demEuGH-Urteil Rechnung trägt, wonach eine derartige Vergütung an der Höhe des entstandenen Schadens bemessen werden muss“. Statt dessen soll die Höhe der Belastung für Konsumenten laut der Meinung von VIBE willkürlich festgelegt werden.
„Während die EU-Abgeordnete Julia Reda mit ihrem Bericht gezeigt hat, was die Eckpunkte eines Urheberrechts im 21. Jahrhundert sein sollten, bleibt der Reformvorschlag für die dringend nötige Regelung dieser Materie in Österreich weit hinter unseren Erwartungen zurück. Nicht nur, dass überholte Modelle für die Zukunft festgeschrieben werden, man orientiert sich dabei nicht einmal an höchstgerichtlichen Vorgaben“, kritisiert Joachim Losehand, der bei VIBE die Urheberrechtsthematik koordiniert. Konkret ist damit den Angaben zufolge § 42b Abs. 4 gemeint, der die Vergütungshöhe regeln soll. Während ein EuGH-Urteil (vom 21.10.2010, Az. C-467/08) sagt, „dass der gerechte Ausgleich zwingend auf der Grundlage des Schadens zu berechnen ist, der den Urhebern geschützter Werke infolge der Einführung der Ausnahme für Privatkopien entstanden ist“, ist im vorgeschlagenen Paragrafen VIBE zufolge nichts davon zu lesen, dass die Abgabe auf Basis eines entstandenen Schadens berechnet werden muss.
In der Stellungnahme (hier als PDF), die VIBE zur Urheberrechtsnovelle eingebracht hat, listet der Verein zahlreiche weitere Kritikpunkte auf; etwa jene am Leistungsschutzrecht, einer „Lex Google“, wie es VIBE ausdrückt, die sich nicht nur gegen die Suchmaschine richte und die Ergebnisse für österreichische User massiv einschränken werde, sondern auch gegen heimische Startups, die ihre Businessmodelle auf international anerkannten Prinzipien eines offenen Netzes aufbauen. „Die österreichische Diskussion zum Urheberrecht ist ein Trauerspiel. Das Gesprächsklima zwischen den verschiedenen Stakeholdern ist nachhaltig vergiftet worden. Das zuständige Ministerium hat es leider nicht geschafft, einen Entwurf vorzulegen, der auf einen fairen Interessensausgleich abzielt und damit einen Weg in die Zukunft weist“, kritisiert Losehand.
Ob trotz der gesammelten Kritik aller beteiligten Parteien – außer der politischen – der vorhandene Entwurf noch umfassend geändert wird, bleibt abzuwarten. Dabei steht andernorts sogar schon das gesamte Konzept „Copyright“ unter – wenn auch akademischer – Diskussion. Eine Studie von Juristen der University of Illinois und der University of Glasgow stellt die Behauptung auf, dass kreative Werke wie Bücher, Bilder oder Musik größeren wirtschaftlichen und sozialen Wert haben, wenn sie keinem Copyright mehr unterliegen. Exzessives Copyright verursache eigentlich hohe Kosten, so die Forscher. Ein interessanter Gedanke. (rnf)
Update (9.7.2015): Die Speichermedienabgabe wurde jetzt im Nationalrat durchgewunken. Das Leistungsschutzrecht kommt allerdings noch nicht.
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