Veränderungsmanagement: Mit dem richtigen Change-Modell zum Ziel

Um erfolgreich zu sein, ist Change Management Pflicht. Lesen Sie hier mehr über Methoden und Modelle des Veränderungsmanagements, die den Erfolg Ihrer Transformationsprojekte deutlich steigern können. [...]

Wenn Veränderung nachhaltigen Erfolg gewährleisten soll, müssen Modell und Methoden stimmen. Lesen Sie, welche Change-Management-Modelle Ihren Erfolg treiben können (c) pixabay.com

Veränderung, Change und Transformation. Alle reden davon und wissen, wie notwendig es ist, sich schnell an permanent wechselnde Bedingungen anzupassen. Und doch ist Veränderung schwer. Das zeigen Beispiele wie das Mann-Gulch-Disaster, bei dem erfahrene Feuerwehrmänner starben, weil sie nicht schafften, Erlerntes abzulegen und ihr Verhalten spontan zu ändern. Auch in der aktuellen COVID-19-Pandemie sehen wir das, und gleichzeitig lernen wir, dass Veränderungen möglich sind, wenn deren Notwendigkeit als groß genug empfunden wird. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Methoden und Modelle des Veränderungsmanagements.

Change Management: Definition

Unter Change Management „lassen sich alle Aufgaben, Maßnahmen und Tätigkeiten zusammenfassen, die eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltlich weitreichende Veränderung – zur Umsetzung neuer Strategien, Strukturen, Systeme, Prozesse oder Verhaltensweisen – in einer Organisation bewirken sollen.“ Soweit die Definition, aber was genau adressiert das Change Management? Wandel oder Veränderung ist aus dem Unternehmensalltag nicht mehr wegzudenken: Geänderte Marktbedingungen, gestiegene Kundenanforderungen sowie der technische Fortschritt fordern neue Strukturen und bessere Prozesse. Der Faktor Mensch spielt die zentrale Rolle – auch in der Digitalisierung. Der Ökonom Peter Drucker stellte schon vor über 50 Jahren fest: „We are becoming aware that the major questions regarding technology are not technical but human questions.”

Und genau diesen Faktor Mensch adressiert Change Management. Veränderungen fallen uns Menschen schwer. Unser Gehirn ist auf Überleben programmiert. Es will Gefahren abwehren und ist stets auf der Suche nach Belohnung. Die Gefahrenabwehr spielt jedoch die dominantere Rolle. Sie ist bei Veränderungen, die in ihrer Auswirkung nicht vorhersehbar sind, zusätzlich aktiviert: Analytisches Denken wird dadurch unterdrückt, Veränderung deshalb schwierig. Change-Management-Methoden sorgen nun dafür, dass Veränderungen dennoch vollzogen werden können, denn sie führen stringent und wirksam durch den Veränderungsprozess, definieren Handlungsfelder und einzelne Aufgaben.

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Change-Management-Modelle: Ein Überblick

Das Modell nach Lewin

Das Change-Management-Modell von Lewin ist mit seinen drei Phasen „Unfreeze – Move – Refreeze“ eines der einfacheren. Der Psychologe Kurt Lewin hat es in den 1940er-Jahren entwickelt. Ursprünglich als Modell für soziale Veränderungen in einer Gesellschaft gedacht, findet es heute überall Anwendung, wo Veränderungen stattfinden – so auch in Unternehmen und Projekten.

Drei-Phasen-Modell nach Lewin (c) Eigene Darstellung

Die Abbildung zeigt die drei Phasen und deren Kernaufgaben. In der „Unfreeze-Phase“ wird der bestehende Zustand aufgetaut, das bereitet die Veränderungen vor. Indem die Beteiligten feststellen, dass Veränderung nötig ist, kommt Bewegung in die Dinge. In der „Move-Phase“ findet die eigentliche Veränderung statt. Hier gilt es, neue Lösungen zu schaffen, neue Verhaltensweisen zu erlernen und so die Veränderung zu vollziehen. Sind die Veränderungen eingeführt, so wird in der „Refreeze-Phase“ der neue Zustand eingefroren, um die Änderungen beizubehalten. Dies gelingt unter anderem durch Training und Coaching. Das Einfrieren signalisiert aber auch, dass das Ziel der aktuellen Veränderungsmaßnahmen erreicht ist.

Das 8-Stufenmodell von Kotter

Das wohl bekannteste Modell für die erfolgreiche Umsetzung von Business-Transformationen ist das Modell von John P. Kotter. Die Grafik zeigt hierzu den achtstufigen Prozess von Kotter, der sich ebenfalls in drei Phasen gliedert.

Das Change-Management-Modell nach Kotter (c) Eigene Darstellung, nach John P. Kotter

Bei den ersten drei Stufen geht es darum, die Veränderungsbereitschaft aufzubauen. Ist das Bewusstsein für den Veränderungsbedarf da, lässt sich das Führungsteam für die Transformation gewinnen. Erst wenn diese Schritte erfolgreich abgearbeitet sind, können die weiteren Schritte folgen.

Dringlichkeit aufzeigen („Increase Urgency“): Die Notwendigkeit zur Veränderung muss aufgezeigt werden: So, wie es gerade ist, kann es nicht weitergehen. Gezielte Kommunikationsmaßnahmen machen den Beteiligten bewusst, dass das Unternehmen und damit auch Arbeitsplätze unsicher sind, wenn nicht etwas getan wird. Hintergrund dessen: Erst wenn die Beteiligten verinnerlichen, dass es Gefahren abzuwehren gilt, ist Veränderung möglich.

Folgende Punkte sind zu beachten:

  • das Bedrohungsszenario darstellen und gleichzeitig eine mögliche Lösung aufzeigen;
  • den Nutzen der neuen Strategie für das Unternehmen darstellen;
  • den Nutzen für die Betroffenen herausarbeiten und die Antwort auf „What is in it for me?“ geben;
  • Zielbild klar darstellen: Alle Fakten beschreiben, auch die als gegeben vorausgesetzten. Dabei das „KISS“-Prinzip anwenden (KISS = Keep It Short & Simple);

Führungsteam aufbauen („Build Guiding Team“): Es braucht ein gutes Führungsteam aus einflussreichen Personen, die alle gemeinsamen an einem Strang ziehen. Nur so lassen sich anstehende Veränderungen durchsetzen und im Unternehmen verankern. Es ist wichtig, Menschen ins Führungsteam aufzunehmen, die einen großen Einfluss und/oder ein gutes Ansehen in der Belegschaft haben. Gleichzeitig müssen diese voll hinter der geplanten Veränderung stehen. Wenn es dann noch gelingt, sogenannte „graue Eminenzen“ – Menschen im Unternehmen, die für ihre kritische Haltung bekannt sind – zu gewinnen, stärkt dies das Team noch weiter.

Vision entwickeln („Get Vision Right“): Eine starke Vision ist essentiell, denn sie hilft dabei, den Wandel umzusetzen. Sie gibt das übergeordnete Ziel vor, zeigt auf, wie die Zukunft aussehen soll, und beantwortet die Frage nach dem Sinn: Warum und wozu gibt es uns? Welche Rolle spielt das jeweilige Team in Bezug auf die übergeordneten Ziele? Die Vision ist eines der wichtigsten Instrumente im Change Management. Ist sie in der Lage, auch die unbewussten Ziele der Menschen anzusprechen – denn diese sind es, die ihre Denk- und Verhaltensweisen steuern –, dann wirkt sie wie ein Magnet. Sie motiviert Projekte und ist einer von mehreren Erfolgsfaktoren für die Mobilisierung der Mitarbeiter. Die Strategie ergänzt die Vision: Sie beschreibt den konkreten Weg zu den übergeordneten Zielen.

In der zweiten Phase wird die Organisation eingebunden und dadurch befähigt, den anstehenden Wandel zu begleiten. Wichtig ist hier, dass möglichst viele Betroffene zu Beteiligten werden und die Veränderungen mitgestalten. Das steigert Erfolgsaussichten und Nachhaltigkeit der Veränderungen enorm.

Die Vision kommunizieren („Communicate for buy-in“): Die Kommunikation kommt vor der Umsetzung. Betroffene müssen diese verstehen, um so zu Beteiligten beziehungsweise Unterstützern zu werden. Maßnahmen einzuleiten, ohne den Beteiligten vorher den Zusammenhang zu erläutern, würde unnötig Unruhe im Unternehmen erzeugen. Bei der Kommunikation ist es sinnvoll, in mehreren Schritten vorzugehen: Das Veränderungsteam informiert zuerst die Auftraggeber und holt sich dort ein „Go“. Danach informiert das Veränderungsteam die Führungskräfte, damit diese bei einer unternehmensweiten Kommunikation auch Fragen der Mitarbeiter beantworten können. Anschließend geht es darum, die geeignete Form zu finden, um allen Beteiligten die Vision zu kommunizieren.

Bevollmächtigung („Empower action“): Nur wer sich „empowered“ fühlt, kann wirklich helfen. Deshalb ist es so entscheidend, den Beteiligten neben den Aufgaben auch Handlungsspielräume zu geben. So wird die Umsetzung auf viele Schultern verteilt. Sind alle betroffen, so müssen am Ende auch alle etwas tun, etwas verändern, damit die Vision erreicht werden kann. Planung ist ebenfalls wichtig: Wer muss was tun, damit alle das Ziel erreichen? Mit den Aufgaben wird auch Verantwortung verteilt. Hier empfiehlt es sich oft, die Ziele in Unterziele für Teams beziehungsweise Organisationsbereiche herunterzubrechen, statt lediglich Aufgaben zu verteilen. Teams können dann selbst planen. Sie sind „empowered“.

Kurzfristige Erfolge sichtbar machen („Create short term wins“): Schnelle Erfolge müssen realisiert und sichtbar gemacht werden, damit die Motivation steigt. Im Rahmen der Zieldefinition sollten deshalb auch Quick Wins identifiziert werden, denn Erfolge sind wichtig, um die initial erzeugte Motivation nicht verpuffen zu lassen. Erste Erfolge sollten einen Bezug zum übergeordneten Gesamtziel haben, denn dann stärken sie die intrinsische Motivation. Kleine Erfolge können damit eine große Wirkung bekommen.

Die letzten beiden Stufen dienen der nachhaltigen Umsetzung der Veränderung, dem nachhaltigen Wandel.

Nicht nachlassen („Don´t let up“): Stufe 7 geht Hand in Hand mit Stufe 6 – nach einer Zeit der Veränderungsarbeit droht die Gefahr, in alte Muster zurückzufallen und in den Veränderungsbemühungen nachzulassen. Das Hauptproblem ist, dass die Menschen im Unternehmen oder Projekt die in Stufe 1 erzeugte Notwendigkeit und Dringlichkeit nicht mehr wahrnehmen. Denn man hat ja schon etwas erreicht. Jetzt gilt es, fokussiert und stark zu bleiben und beispielsweise sich selbst und dem Team immer wieder klarzumachen, aus welcher Notwendigkeit heraus die Veränderungsmaßnahmen gestartet wurden. Und auch klar aufzuzeigen, dass das Ziel noch nicht erreicht ist.

Veränderungen in der Unternehmenskultur verankern („Make change stick“): Erst wenn es gelungen ist, die erreichten Veränderungen in der Unternehmenskultur zu verankern, sind sie nachhaltig und erst dann kann von einem erfolgreichen Change-Management-Prozess gesprochen werden. Um dies zu erreichen, müssen die richtigen Werte vermittelt werden. Trainings und Entwicklungsprogramme können dies zwar unterstützen, aber es ist ebenso wichtig, Prozesse und Verfahrensweisen abzuschaffen, die nicht in die neue Kultur passen. Zu guter Letzt muss auch entschieden werden, wie man mit Kollegen umgeht, die sich langfristig gegen die umgesetzten Veränderungen und die neue Kultur wehren, also nicht bereit sind, das Neue anzunehmen.

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Umsetzung nach Covey

Auch wenn Stephen Coveys Methode zur Umsetzung nicht zu den gängigen Change-Management-Verfahren zählt, sei diese hier erwähnt. Denn Covey zeigt auf, warum die Umsetzung von Plänen (insbesondere Veränderungen) oft scheitert, und was getan werden kann, damit die Umsetzung gelingt. Um eine nachhaltige Veränderung zu erreichen, ist es wichtig, den Fortschritt langfristig zu überwachen und den Erreichungsgrad transparent für alle Beteiligten zu kommunizieren. Damit wird die sogenannte Umsetzungslücke geschlossen. Diese Umsetzungslücke – dargestellt in der folgenden Abbildung – gliedert Covey in vier Ebenen:

  1. Mitarbeiter kennen das Ziel nicht.
  2. Mitarbeiter wissen nicht, was sie tun müssen, um das Ziel zu erreichen.
  3. Mitarbeiter haben keine Ahnung, wo sie auf dem Weg zum Ziel stehen.
  4. Mitarbeiter fühlen sich nicht für das Erreichen des Ziels zuständig.

Im Grunde werden diese vier Stolperfallen auch in Kotters Modell behandelt. Dennoch ist es bei jeder Veränderungsmaßnahme enorm hilfreich, bewusst zu hinterfragen:

  • Kennen die Beteiligten das Ziel?
  • Wissen sie, was sie tun müssen, um es zu erreichen?
  • Wissen sie, wo sie auf dem Weg zum Ziel stehen?
  • Und fühlen sie sich auch verantwortlich?
Die Umsetzungslücke nach Covey (c) Eigene Darstellung

Um die beiden letzten Punkte zu adressieren, empfiehlt Covey, kontinuierlich den Erreichungsgrad der Ziele zu messen sowie aktiv und regelmäßig an alle Beteiligten zu kommunizieren. Damit wird nicht nur die dritte, sondern auch die vierte Stolperfalle umgangen. Denn durch die regelmäßige Einbindung teilt das Führungsteam die Verantwortung mit allen Beteiligten. So entsteht Vertrauen, und die Beteiligten können möglichst eigenständig ihren Beitrag leisten. Und genau das stellt Menschen zufrieden: Zu wissen, was von ihnen erwartet wird, verbunden mit der Freiheit, mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen. Es fördert ihre Motivation nachhaltig, insbesondere wenn transparente Kommunikation anzeigt, dass sie selbst gerade Teil einer erfolgreichen Umsetzung sind.

Veränderungsmanagement: Chance nutzen!

Dass Veränderung möglich ist, zeigt – wie eingangs erwähnt – unter anderem die aktuelle Pandemie. Und sie trainiert uns alle darin, mit Veränderungen umzugehen. Mit Kotters oder Lewins Methoden gibt es gute Herangehensweisen, die sich durch den von Covey eingebrachten Blickwinkel wirksam ergänzen lassen. Genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich mit diesen noch näher auseinanderzusetzen, denn sowohl Bereitschaft als auch Notwendigkeit für Veränderungen haben gerade ein Hoch.

*Dr. Oliver Janzen ist Geschäftsführender Gesellschafter des Beratungshauses FAKTOR D consulting. Als Experte schreibt er zu den Themen Digitalisierung, Transformation, IT Strategie und Digitalisierung im Gesundheitswesen und der Industrie.


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