Verbesserung des öffentlichen Verkehrs in Tirol

In einem soeben gestarteten Forschungsprojekt unter der Leitung von Fraunhofer Austria werden in den nächsten zwei Jahren Methoden zur Ermittlung von Fahrgastströmen erprobt. [...]

Im Forschungsprojekt unter der Leitung von Fraunhofer Austria werden in den nächsten zwei Jahren Methoden zur Ermittlung von Fahrgastströmen erprobt. (Foto: Ötztaler Verkehrsgesellschaft mbH)

Soll die Mobilitätswende gelingen und will man das Klima schützen, so muss ein exzellentes Angebot an öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) zur Verfügung stehen, das ideal an die Bedürfnisse der Bevölkerung angepasst ist. Wie aber lässt sich der Bedarf an Mobilität messen, in Zahlen fassen und in optimierte Fahrpläne und Linienführungen übertragen?

Das sind die Fragen, die im soeben gestarteten Forschungsprojekt „Nachhaltigkeit durch öffentlichen Verkehr: Vermeiden, verlagern, verbessern“, kurz: „Övvvi“, geklärt werden sollen. In dem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projekt arbeiten Fraunhofer Austria und TU Graz als wissenschaftliche Partner, Verkehrsverbund Tirol und Ötztaler Verkehrsgesellschaft als potenzielle Anwender, sowie Invenium, SonoBeacon und Tech Meets Legal mit ihrer technischen Expertise eng zusammen. Der Kick-off fand am 19. und 20. Oktober in Innsbruck statt.

Gruppenfoto des Projekt Kick-Offs, zur verbesserung des öffentlichen Verkehrs.
Der Projekt-Kick-off fand am 19. und 20. Oktober in Innsbruck statt. (Foto: Michael Gruber / VVT)

Aktuelle Angebote im öffentlichen Verkehr basieren vielerorts auf veralteten Anforderungsanalysen und werden den heutigen Mobilitätsbedürfnissen nicht mehr gerecht. Dadurch verfügt der ÖPNV – zumindest abseits von Innenstädten – über eine niedrige Akzeptanz, was sich in einem hohen Aufkommen des motorisierten Individualverkehrs widerspiegelt.

Nur wenn die öffentlichen Verkehrsmittel als attraktive Alternative zum eigenen Auto wahrgenommen werden, können sie sich als umweltverträgliches Verkehrssystem der Zukunft etablieren. Um das ÖPNV-Angebot optimal auf die Bedürfnisse der Bevölkerung abstimmen zu können, müssen sowohl die Nutzung der bestehenden öffentlichen Verkehrsmittel als auch der allgemeine Mobilitätsbedarf, der derzeit noch nicht von diesen abgedeckt wird, ermittelt werden. Die dadurch bereitgestellte Datenbasis muss genau und aktuell genug sein, um den ÖPNV nachhaltig und bedarfsorientiert zu gestalten.

Besondere Herausforderungen des öffentlichen Verkehrs

„Die besondere Herausforderung in unserem Projekt besteht darin, dass wir nicht einfach die Anzahl von Fahrgästen in einzelnen Bussen, sondern fahrzeug- und sogar verkehrsunternehmensübergreifende Fahrgastströme erfassen wollen“.

Projektleiter Michael Rader von Fraunhofer Austria

Konkret bedeutet das: Um festzustellen, ob Personen derzeit einen großen Umweg oder lange Wartezeiten beim Umsteigen in Kauf nehmen müssen, um mit dem ÖPNV an ihr Ziel zu gelangen, müssen Fahrgäste nach dem Umsteigen wiedererkannt werden – eine Tatsache, die auch datenschutzrechtliche Auswirkungen hat, die vom Projektkonsortium mit großer Sorgfalt berücksichtigt werden.

Daten müssen in abstrakte Informationen, sogenannte Identifikatoren, umgewandelt werden, damit der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Fahrgäste sichergestellt ist.

„Mit der Erhebung von Fahrgastströmen nicht nur im Fahrzeug, sondern über dieses hinweg, können wir als Verkehrsverbund noch kundenorientierter planen. Besonders spannend bei diesem Projekt ist die Kombination unterschiedlicher Technologien unter Einhaltung des Datenschutzes“, sagt Matthias Triendl, Bereichsleiter Digitalisierung beim Verkehrsverbund Tirol.

Als Basis zur Fahrgaststromerfassung infrage kommende Technologien, die im Rahmen des Projekts hinsichtlich ihrer Eignung untersucht werden, sind Kamerasysteme, WiFi und Mobilfunk.

„Der Mobilfunk spielt hier eine besondere Rolle, denn er bietet als einzige der drei Technologien die Möglichkeit, Personenströme auch außerhalb der öffentlichen Verkehrsmittel zu erfassen, sodass wir Angebot und Nachfrage aufeinander abstimmen können“, erklärt Michael Cik, Gründer von Invenium sowie stellvertretender Institutsleiter an der TU Graz.

Um vorhandene Expertise möglichst umfassend für das Projekt nutzen zu können, wurde mit SonoBeacon auch ein deutscher Partner mit ins Boot geholt, der sich auf die Erfassung von Fahrgastströmen spezialisiert hat.

„Wir können mit WiFi schon heute Fahrgastströme recht zuverlässig erfassen, sehen für die Verbesserung des ÖPNV aber großes Potenzial in der Kombination von Wifi mit anderen Technologien“

Thoralf Nehls, Geschäftsführer von SonoBeacon

. So soll der erste wichtige Schritt zur Attraktivierung des ÖPNV bewältigt werden. In weiterer Folge sollen die im Projekt erhobenen Daten ausgewertet und mit zusätzlichen Informationen verknüpft werden, sodass konkrete Handlungsempfehlungen zur ÖPNV-Optimierung abgeleitet werden können.

„Wir sind bei der Ötztaler Verkehrsgesellschaft stetig darum bemüht, unser Angebot für die Tirolerinnen und Tiroler sowie unsere Gäste noch weiter zu verbessern. Im Projekt Övvvi wollen wir gemeinsam mit den Projektpartnern Mittel und Wege finden, die es ermöglichen, den Bedarf der Bevölkerung genau und schnell zu erheben, sodass wir entsprechend darauf reagieren können.

Darüber hinaus wird durch ein Aufzeichnen der Fahrgastströme auch die Auslastung der bestehenden Busverbindungen für die uns beauftragenden Gemeinden sichtbar, sodass sie fundierte Entscheidungen über einen weiteren Ausbau treffen können“.

Franz Sailer, Geschäftsführer der Ötztaler Verkehrsgesellschaft

Das Projekt fügt sich in den strategischen Fraunhofer Austria-Forschungsschwerpunkt „Shared Logistics“ ein, welcher sich mit der geteilten Nutzung von Ressourcen befasst.


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