Verkaufsförderung unterstützen: Henkel entwickelt SAP-basierte Sales-Cloud

Der Konsumgüterkonzern Henkel reorganisiert mittels einer neuen Sales-App seine Händler-Discounts und Rabatte. [...]

Henkel dx, das Digital-Hub des Konzerns, entwickelte für die komplexen Händler-Rabattprogramme ein eigenes System auf Basis der SAP Business Technology Platform (c) pixabay.com

Ein „Baum mit Billionen an Kombinationsmöglichkeiten“ – so beschreibt der Konsumgüterkonzern Henkel seine Verkaufsförderungsaktionen für Händler. Sie funktionieren wie ein Vielfliegerprogramm: Der Retailer kauft Henkel-Produkte ein und sammelt im Verkaufsprozess Punkte („Accruals“) auf Basis lokaler, saisonaler oder anderer Sales Promotions. Bei der Endabrechnung vergütet Henkel diese.

Die Höhe der Rückerstattung hängt zum einen von der Hierarchieebene des Handelspartners ab – agiert er bundesweit oder regional – und zum anderen von der Hierarchieebene der Produkte. Es geht dabei um Faktoren wie Kategorie, Gebinde und Duftnote. Aus diesem Zusammenspiel entsteht die Komplexität der sogenannten „Linie 6“. Das ist die interne Bezeichnung aller Discounts und Rabatte.

Vor diesem Hintergrund setzte sich Sascha Wirtz, seit 2020 CVP Consumer, Customer & Markets beim Digital-Hub Henkel dx, ein ehrgeiziges Ziel: Er will die Linie 6 gemäß Henkels übergeordneter Wachstumsstrategie datengetrieben steuern können. „Die Fähigkeit verstehen wir als Schlüssel für unsere Wettbewerbsfähigkeit“, sagt der Manager. Er holte Vertreter der Geschäftsbereiche an einen Tisch und stieß einen kompletten Neustart an. Wirtz wollte ein plattformbasiertes Tool entwickeln, das Henkels Bedürfnissen „hundertprozentig“ entspricht.

Wegen der großen Datenmenge in die Cloud

Aus Kostengründen sollte die neue Lösung bestehende Berechnungsroutinen und andere Elemente integrieren. Für Wirtz kam wegen der großen Datenmenge nur die Cloud in Frage. Klar war auch: Die Prozesse rund um das Trade Promotion Management sind bei Henkel über zahlreiche Schnittstellen stark mit dem SAP-Kernsystem ECC 6.0 verzahnt. Das sprach für die SAP Business Technology Platform (SAP BTP) als Basis. Diese Überlegungen verdichteten sich zu SPARC, das Kürzel steht für Sales Promotions and Revenue Cloud.

Den ersten Piloten setzte Henkel binnen acht Monaten um. Im Mai 2021 ging die Lösung in den deutschen Standorten live. Der Konsumgüterkonzern holte als Hauptpartner die Management- und Technologieberatung BearingPoint ins Boot. Partiell unterstützten außerdem Accenture, CapGemini und SAP Consulting. Leonardo Lopez, Program Manager & Head of dx TPM (Trade Promotion Management), sagt im Rückblick: „Die hohe Geschwindigkeit war eine gewaltige Herausforderung. Vor allem wenn man bedenkt, dass ich das Projekt praktisch alleine begonnen habe und wir zunächst ein Team mit SAP BTP-Knowhow aufbauen mussten.“ Gemeinsam mit BearingPoint stellte er innerhalb weniger Tage ein Team zusammen und setzte das Projekt auf.

Lopez geht es darum, mit SPARC alle Business-Anforderungen umzusetzen und alle Geldströme der Line 6 zuverlässig nachverfolgen zu können. Ist das erreicht, will der Programm-Manager die Promotion-Maßnahmen optimieren: „Dann können wir prüfen, welche Verkaufsförderungsmaßnahmen in welchem Zeitraum am erfolgreichsten waren und unsere Promotion-Strategie nicht nur anpassen, sondern strategisch planen und ausrichten“, sagt er und fügt an: „Dann kommen auch Tools aus Analytics und Big Data für wertvolle Insights voll zum Tragen.“

Bis zu 200.000 Promotions weltweit

Inzwischen rollt Henkel SPARC weltweit aus, und zwar in seinen drei Geschäftsbereichen Adhesive Technologies, Beauty Care, Laundry & Home Care. Ganz oben auf der Liste stehen Iberica & Benelux, gefolgt von Nordamerika, Australien und Neuseeland, Polen, Österreich, Italien, Frankreich und Großbritannien. „Unser Ziel ist es, im nächsten Schritt 70 Prozent der Line 6-Prozesse weltweit abzudecken“, erklärt Lopez. Das bedeutet hohe Ansprüche an die Skalierbarkeit: „Statt zwei bis dreitausend Promotions pro Jahr im Bereich Beauty Care Deutschland, sind künftig bis zu 200.000 Promotions weltweit zu steuern.“ Hinzu kommen regional unterschiedliche Prozesse wie beispielsweise variierende Mehrwertsteuerregeln innerhalb ein- und desselben Landes.

Technisch gesehen kombiniert die selbstentwickelte Lösung komplexe Strukturen und Berechtigungskonzepte aus dem SAP ERP mit einer neuen intuitiven Benutzeroberfläche. Sie nutzt vorgefertigte Integrationen und Schnittstellen zur SAP-Welt sowie moderne, kollaborative Entwicklungswerkzeuge auf der Grundlage der In-Memory Datenbank SAP HANA. Die zugrundeliegende Plattform stellt zugleich eine zentrale Governance und Security bereit. Wirtz und Lopez sprechen von einer innovativen und wertschöpfenden Sales-App: Accruals-Berechnungen lägen nun in Sekunden vor, so die Manager. Denn der Prozess läuft nicht mehr im ERP-System ab, sondern in der Cloud.

Hinzu kommt eine höhere Zufriedenheit der Partner im Handel: Wollen Händler ihre Accruals in Rechnung stellen, konnte das vor dem Projekt mehrere Minuten Wartezeit pro Klick bedeuten. Mit der neuen Lösung lassen sich die Forderungen in Echtzeit abrufen und abrechnen. Henkel verzeichne außerdem deutlich geringere Preisdifferenzen zwischen der Promotion-Planung und der Abrechnung. Lopez führt das auf die Robustheit der neuen Schnittstellen zurück. Jede Preisänderung sei sofort zuverlässig im SPARC-System sichtbar.

Gängige Lösungen bildeten die komplexen Prozesse nicht ab

Für das Gelingen von SPARC nennt Lopez zwei Erfolgsfaktoren: erstens entschied sich Henkel für einen agilen Ansatz („Macintosh-Approach“). Dabei widmen sich die Team-Mitglieder dem Projekt in Vollzeit und mit vollem Fokus, um binnen weniger Wochen einen ersten Prototypen zu präsentieren. Danach erweitern sie das Tool alle zwei Wochen mit einer neuen Applikationsversion.

Dieses Vorgehen hat Henkel-CDIO Michael Nilles (Chief Digital and Information Officer) eingeführt. Zweitens organisiert sich das Team nach dem BizDevOps-Prinzip. Die Kombination aus Business, Development und Operations soll sicherstellen, dass IT- und Business-Knowhow gleichermaßen in das Projekt einfließen und die Team-Mitglieder auf Augenhöhe zusammenarbeiten.

Wirtz und Lopez sehen zu der Eigenentwicklung keine Alternative. Ihr Unternehmen habe in den vergangenen fünfzehn Jahren verschiedenste Lösungen ausprobiert, die auf dem Markt verfügbar waren. Das Problem: diese Standard-Werkzeuge konnten Henkels komplexe Prozesse nicht abbilden. Dagegen stellt SPARC laut Wirtz nun eine grundlegende Transformation dar, die einen Paradigmenwechsel bewirkt: „Wir sprechen hier von einer BizDevOps-Organisation, in der wir unsere Kräfte seitens IT, Digital und Business bündeln.“

*Christiane Pütter ist Journalistin aus München. Sie schreibt über IT, Business und Wissenschaft. Zu ihren Auftraggebern zählen neben CIO und Computerwoche mehrere Corporate-Publishing-Magazine, vor allem im Bereich Banken/Versicherungen.


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