Facebook muss Datensammeln in Deutschland einschränken
Das deutsche Bundeskartellamt hat entschieden: Facebook ist es nicht erlaubt, Daten aus verschiedenen Quellen ohne Zustimmung der Nutzer zu kombinieren. Die Wettbewerbshüter hatten geprüft, ob das Netzwerk eine marktbeherrschende Stellung besitzt und sie missbraucht. [...]
Das deutsche Bundeskartellamt hat Facebook die Datensammlung ausserhalb des Online-Netzwerks zum Beispiel mit dem «Like»-Button untersagt, weil es darin unfairen Wettbewerb sieht. Facebook besitze in Deutschland eine marktbeherrschende Stellung und missbrauche sie, erklärte die Behörde.
Facebook will sich gegen das Votum des Kartellamtes vor Gericht wehren. Es ist ein Fall, der durch die Verknüpfung von Datenschutz und Wettbewerbsaufsicht wegweisend werden könnte – und jahrelang durch die Instanzen geht.
Das Kartellamt untersagte Facebook auch, die auf fremden Websites gesammelten Daten mit Informationen zusammenzuführen, die bei den Nutzern auf der Plattform des Online-Netzwerks selbst gesammelt wurden. Die Behörde betrachtet dabei auch zum Konzern gehörende Apps wie Instagram und WhatsApp als Drittquellen.
Verhalten muss geändert werden
Das Online-Netzwerk bekam zwölf Monate Zeit, sein Verhalten zu ändern und muss innerhalb von vier Monaten Lösungsvorschläge präsentieren. Innerhalb eines Monats kann das Online-Netzwerk Beschwerde gegen die Entscheidung des Kartellamts beim Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen.
Facebook kontert, das Online-Netzwerk sei zwar populär, aber habe keine marktbeherrschende Stellung. Man verstosse auch nicht gegen die EU-Datenschutzgrundverordnung. Ausserdem seien für die Aufsicht über ihre Einhaltung die Datenschutzbehörden und nicht Wettbewerbshüter zuständig.
Datenerhebung «als Gesamtpaket»
Das Bundeskartellamt untersucht bisher nur die Datensammlung ausserhalb der Facebook-Kernplattform – mit dem „Gefällt-mir“-Button oder dem Auswertungsdienst Facebook Analytics.
Ein zentraler Kritikpunkt der Wettbewerbshüter aus Bonn ist, dass man der Datenerhebung „als Gesamtpaket“ zustimmen muss, um Facebook überhaupt nutzen zu können.
Die anderswo gesammelten Daten verknüpfe Facebook dann mit Informationen über die Nutzer von der Plattform selbst und könne dadurch Nutzern und Werbekunden einen besseren Service bieten, betont das Bundeskartellamt.
Facebook wird für Advertiser unverzichtbar
Es sieht darin gleich mehrere Probleme. Zum einen könne sich der Nutzer der Zusammenführung der Daten nicht entziehen – weil er angesichts der Marktmacht wenig Alternativen zu Facebook habe. Deshalb betrachten die Wettbewerbshüter auch die Einwilligung zur Datenverarbeitung als nicht wirksam.
Zum anderen werde Facebook so „für Werbekunden immer unverzichtbarer“. Das könne dem Wettbewerb und den Werbekunden schaden, die auf einen „mächtigen Anbieter“ träfen, hiess es bei der vorläufigen Einschätzung.
Definition des Markes für soziale Netzwerke
Eine entscheidende Frage in dem Verfahren war, wie man den Markt für soziale Netzwerke überhaupt definiert – denn das ist nicht so eindeutig wie bei klassischen Industrien. Das Bundeskartellamt entschied sich für eine enge Auslegung und zählt Berufsnetzwerke wie Xing und LinkedIn, sowie Chat-Dienste wie WhatsApp, aber auch Plattformen wie Snapchat, Twitter oder YouTube nicht dazu.
Bei Netzwerken, die von der Funktionsweise letztlich wie Facebook sind, waren in den vergangenen Jahren diverse Konkurrenten wie StudiVZ oder Google+ nach und nach in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Aus Sicht von Facebook müssen aber die anderen sozialen Medien, die das Kartellamt aussen vor lässt, mit in die Rechnung einbezogen werden.
Facebook hat in Deutschland den Angaben zufolge rund 30 Millionen mindestens einmal im Monat aktive Nutzer, 23 Millionen greifen täglich auf den Dienst zu.
Das Bundeskartellamt zählt zu den «Drittquellen» für die Daten auch zum Facebook-Konzern gehörende Dienste wie WhatsApp und Instagram. Daten, die bei der Nutzung von Facebooks Kern-Plattform selbst anfallen, sind ausdrücklich nicht Gegenstand der Untersuchung.
Anfang des Jahres hatte Kartellamtspräsident Andreas Mundt Facebook mit Sanktionen gedroht. Wenn das soziale Netzwerk seine Praxis nicht ändere, müsse das Kartellamt das Sammeln und Verwerten von Daten aus Drittquellen ohne ausdrückliche Zustimmung der Nutzer verbieten, sagte er der «Rheinischen Post».
Stellungnahme von Facebook
Facebook selbst hat sich wie folgt zum aktuellen Urteil geäussert:
«Wir lehnen die Auffassung des Bundeskartellamts entschieden ab und werden Beschwerde gegen den Beschluss einlegen. Das Bundeskartellamt unterschätzt den starken Wettbewerb, dem wir in Deutschland ausgesetzt sind. Es bewertet unsere Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) falsch und läuft im Ergebnis Gefahr, jene Mechanismen zu unterlaufen, die das europäische Recht zur Sicherstellung konsistenter Datenschutzstandards für die gesamte EU bereithält», so Yvonne Cunnane, Head of Data Protection, Facebook Ireland, und Nikhil Shanbhag, Director and Associate General Counsel.
Und weiter: «Wir nehmen unsere DSGVO-Pflichten sehr ernst. Die Entscheidung des Bundeskartellamts aber wendet das Wettbewerbsrecht in verfehlter Weise an, indem es Sonderanforderungen aufstellt, die nur für ein einziges Unternehmen gelten sollen.»
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