Sie steht für sachliche Kommunikation und wurde vielfach als "Gesicht der Corona-Aufklärung" bezeichnet: Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Leiterin des Zentrums für Virologie der Medizinischen Universität Wien und Mitglied der Corona Task Force, wurde heute Donnerstag als „Wissenschafterin des Jahres“ 2020 ausgezeichnet. [...]
Die Virologin steht nicht nur für wissenschaftliche Exzellenz, sondern auch für Aufklärung zum Corona-Virus im Rahmen der Erforschung der Pandemie. Elisabeth Puchhammer-Stöckl (58) forscht vor allem im Bereich der klinischen und translationalen Virologie.
Puchhammer-Stöckl zeigte sich bei der Online-Preisverleihung heute sichtlich gerührt und erfreut. Sie bedankte sich ausdrücklich bei ihrer Familie und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und zeigte auch sympatische Bescheidenheit: „Ich will den Preis mit den vielen Kolleginnen und Kollegen teilen, die auch versucht haben, zu informieren und aufzuklären. Imaginär gehört ihnen allen ein Stück von dieser Kugel.“
Elisabeth Puchhammer-Stöckl wurde in Wien geboren, studierte hier Medizin und promovierte 1986 zum Doktor der Medizin. Sie begann 1987 als Assistentin am Institut für Virologie und absolvierte die Ausbildungen zur Fachärztin für Hygiene und Mikrobiologie sowie zur Fachärztin für Virologie. Sie entwickelte neue Technologien für die Virusdiagnostik, erhielt dafür nationale und internationale Preise (Welcome Award, Preise der Höchst Foundation) und habilitierte 1994 für das Fach Virologie. Nach der Geburt ihrer beiden Töchter arbeitete sie etliche Jahre in Teilzeit. Im Jahr 2000 wurde sie außerordentliche Professorin am Institut für Virologie. Sie war 2001-2010 Vizepräsidentin der österreichischen Aids-Gesellschaft, ist Leiterin der österreichischen HIV-Referenzzentrale, Mitglied der Kommission für sexuell übertragbare Erkrankungen des Gesundheitsministeriums und im Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP). Seit Beginn der Coronapandemie ist die Leiterin des Zentrums für Virologie der Medizinuni Wien Mitglied der Corona Taskforce des Gesundheitsministers. Seit 1. Dezember 2020 ist sie zudem ordentliche Professorin für Virologie der Meduni Wien.
„Die neuen Impfstoffe muss man sicher noch besser erklären. Aufklärung ist der Schlüssel zum Erfolg“
Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Wissenschafterin des Jahres 2020
Puchhammer-Stöckl sorgt auch unaufgeregt und sachlich für fundierte Kritik am politischen Vorgehen, zuletzt vergangenen Sonntag bei einem ZIB2 Interview, wo sie Kritik am sogenannten „Freitesten“ übte. Im Gespräch mit Armin Wolf sagte sie, dass Virologen bereits mit dem Terminus „Freitesten“ ein Problem hätten. „Ein Antigen-Test bedeutet für den Einzelnen, dass er genau an dem Tag negativ ist, wo er negativ ist. Und am nächsten Tag kann es schon wieder ganz anders ausschauen“, so Puchhammer-Stöckl. Tests unmittelbar vor einer Veranstaltung zu machen, habe durchaus Sinn, über einen Zeitraum von Tagen gelte das aus virologischer Sicht aber nicht.
Bedeutung von IT und Digitalisierung
Von der Computerwelt zu Ihrer Einschätzung von IT und Digitalisierung für Ihre Arbeit befragt, betonte sie kurz und klar die Bedeutung: „Wir Wissenschafter sind schon seit vielen Jahren weltweit gut vernetzt. Es gab natürlich auch in den vergangenen Monaten sehr viele Videokonferenzen. Da hat sich sehr vieles verändert.“ Nominiert zum Wissenschafter des Jahres war übrigens auch Simulationsforscher und Informatiker Niki Popper von der TU Wien, der einzige IT-Experte der Corona Task-Force.
Würdigung durch Klub der Wissenschaftsjournalisten
„Kaum jemals hatte die Vermittlung von Wissen so viel Bedeutung wie im Jahr 2020, in dem ein neues Virus die Welt überrascht hat, das zugleich entschlüsselt, gezähmt, behandelt und immer noch eingedämmt werden muss. Wohl noch nie haben Forschende aus aller Welt so intensiv zusammengearbeitet und so rasch verlässliche Ergebnisse geliefert wie heuer. Zugleich waren Wissenschafter und Wissenschafterinnen gefordert, ihre Erkenntnisse am laufenden Band zu vermitteln. Elisabeth Puchhammer-Stöckl ist es exzellent gelungen, den Forschungsstand zum Coronavirus und zur Pandemiebekämpfung verständlich und sachlich auf den Punkt zu bringen“, betonte Eva Stanzl, Vorsitzende des Klubs der Wissernschaftsjournalisten, bei der Preisverleihung, die via Online-Übertragung im Presseclub Concordia stattfand.
Mit der Auszeichnung, die heuer bereit zum 27. Mal von den Mitgliedern des Klubs der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten verliehen wurde, wird das Bemühen von Forscherinnen und Forschern gewürdigt, die ihre Arbeit und ihr Fach einer breiten Öffentlichkeit verständlich machen wollen. Eine Aufgabe, die in Zeiten einer Pandemie besonders wichtig ist.
In den vergangenen Jahren haben die Historikerin Barbara Stelzl-Marx (2019), der Chemiker Nuno Maulide (2018), der Komplexitätsforscher Stefan Thurner (2017/MedUni Wien), die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer (2016/MedUni Wien) und der Archäologe Wolfgang Neubauer (2015) die Auszeichnung erhalten.
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