Die Corona-Krise hat zwar die Digitalisierung beflügelt. Aber gerade im Zuge der Lockerungsmaßnahmen sollten die Digitalisierungsmaßnahmen weiter im Fokus stehen. Business Continuity Management ist dabei ein entscheidender Faktor. [...]
„Geht es der Wirtschaft und den Unternehmen nicht gut, so spürt das natürlich auch die heimische ICT und Software-Branche“, warnt Peter Lieber, Präsident des Verband Österreichischer Software Industrie (VÖSI). Jedes dritte Unternehmen der IT– und Telekommunikationsbranche (31 Prozent) verzeichnete im März einen Nachfragerückgang, hat der deutsche bitkom Verband kürzlich berichtet „das ist eine Aussage, die wir auch für Österreich in etwa bestätigen können“, stellt Peter Lieber klar. Die Umsatzeinbußen gehen mit dem Lockdown der Wirtschaft einher.
Gerade auch für das zweite Quartal rechnen viele ICT-Unternehmen und IT-Berater mit enormen Umsatzeinbußen. Von den rund 50 VÖSI Mitgliedsunternehmen haben einige Unternehmen ihre Mitarbeiter zum Teil in Kurzarbeit geschickt, „auch wir nutzen in meinem Unternehmen derzeit alle Möglichkeiten von Corona-Kurzarbeit, um sicherzustellen, die aktuelle Krise finanziell zu überstehen“, legt Lieber offen die Situation bei SparxServices dar. Ebenso Kurzarbeit gibt es etwa bei den Betrieben der VÖSI Vorstände Klaus Veselko (CIS), Peter Fleischmann (InfraSoft) und Nahed Hatahet (HATAHET productivity solutions).
Anerkennung und Kritik am Krisen-Management
„Die heimischen IT-Betriebe haben zwar erfolgreich zur Business Continuity und zur raschen Realisierung von HomeOffice-Szenarien beigetragen – sind aber aufgrund der allgemeinen Wirtschaftskrise jetzt auch in einer angespannten Situation“, warnt Lieber. Der VÖSI stellt dem Vorgehen der Regierung im Zuge der Corona-Situation insgesamt zwar ein gutes Zeugnis aus, äußert aber auch Kritik: „Die Entscheidungen erfolgten zwar rasch, wenngleich nicht immer mit der gewünschten Transparenz und Verhältnismäßigkeit und im gewünschten Umfang“, stellt Peter Lieber fest.
„Die reale Umsetzung dieser Entscheidungen dauert viel zu lange – damit riskieren wir eine noch größere Wirtschaftskrise und Pleitewelle. Hier sollte mit Nachdruck und notfalls mehr Mitarbeitern beschleunigt werden“, fordert der VÖSI Präsident. „Die IT–Branche unterstützt so gut sie kann ihre Kunden und Partner in diesen herausfordernden Zeiten, auch mit diversen kostenlosen Angeboten und Aufschub für Zahlungen – trotzdem ist eines klar: Auch IT-Betriebe benötigen Umsatz und finanzielle Mittel, um überleben zu können. Österreich kann es sich daher nicht leisten, massenhaft heimische IT-Betriebe jetzt in der Krise zu verlieren. Die Krise hat gezeigt, dass die Wirtschaft dringend die heimische IT–Industrie zur Bewältigung der aktuellen Situation braucht.“
Probleme: Internet-Verfügbarkeit und Bandbreite
„Entgegen der allgemein vorherrschenden Meinung ist weder ein flächendeckendes Mobilfunknetz noch schnelles Internet überall in Österreich vorhanden. Und zwar nicht einmal in der direkten Wiener Umgebung. So haben wir Mitarbeiter im Homeoffice, nur 40km von Wien entfernt, die wir mobil nicht erreichen. Andere Mitarbeiter kämpfen zu Hause mit einer langsamen Internet-Verbindung. Up- und Downloads großer Datenmengen werden dann zum Problem“, schildert VÖSI Vorstand Peter Fleischmann. Der seit vielen Jahren geforderte Infrastruktur-Ausbau sollte daher dringend von der Regierung vorangetrieben werden, fordert der VÖSI.
Mehr auf Digitalisierung setzen
Die aktuelle Corona-Krise hat sich zum stärksten Treiber für Digitalisierung entwickelt – in rasantem Tempo wurde auf einmal Homeoffice in vielen Branchen realisiert und Schulen haben die längst fällige, rasante Reise ins (digitale) 21. Jahrhundert angetreten. „Auch gerade jetzt in der Phase der Lockerungsmaßnahmen sollten Wirtschaft, Bildungswesen und der öffentliche Sektor dringend auf einen Ausbau der Digitalisierungsmaßnahmen setzen“, mahnt VÖSI-Präsident Peter Lieber. „Sollte es eine zweite COVID-19-Welle geben, sind wir alle dann besser gerüstet“, ist Lieber überzeugt.
Was wir aus Corona lernen sollten
Homeoffice, sicheres Remote Arbeiten, Workloads in die Cloud verlagern, Videoconferencing und Online Collaboration – die Unternehmen mussten in der Krise massiv umdenken und rasch handeln – Vieles davon kann auch noch nach der aktuellen Krise sinnvoll sein. Betriebe sollten auch in „normalen“ Zeiten ihren Mitarbeitern flexibles mobiles Arbeiten, ob im Homeoffice oder von unterwegs, ganz selbstverständlich ermöglichen. Allerdings sollte dabei unbedingt auch an IT-Security-Maßnahmen und Mitarbeiter-Schulungen gedacht werden – die Zahl der Cyber-Angriffe nimmt schon jetzt rasant zu. Wichtig ist es auch den „digitalen Arbeitsplatz“ der Mitarbeiter regelmäßig zu evaluieren und up-to-date zu halten.
Stichwort Dienstreisen: viele Reisen können in Zukunft gestrichen und auf Online-Meetings verlagert werden. Das ist einerseits zeit- und kostensparender und zudem auch noch umweltfreundlicher. Es gilt, die Vorteile und Vorzüge der Digitalisierung in der Zukunft noch viel besser zu nutzen.
Business Continuity Management ist das Gebot der 2020er Jahre. Den Begriff gibt es seit vielen Jahren. Jedoch haben nur wenige Unternehmen ein strukturiertes und effektives Business Continuity Management (BCM) implementiert oder darauf bei ihrer Unternehmens–IT-Architektur geachtet. „Bei BCM Projekten wurde typischerweise nur auf Risiken durch Naturkatastrophen, Krieg oder Flugzeugabsturz Rücksicht genommen. Kaum ein Unternehmen hatte bislang einen Pandemieplan in der Schublade, geschweige denn ein Handbuch, wie mit einem Pandemie-Shutdown, der sowohl die eigenen Mitarbeiter als auch sämtliche Lieferketten betrifft, umzugehen ist. Das wird sich nun sehr rasch ändern. In der vernetzten wirtschaftlichen Welt werden Firmenkunden vermehrt darauf drängen, dass ihre Lieferanten eine Zertifizierung nach ISO 22301 (Business Continuity Management) vorweisen können um Lieferketten nicht zu gefährden“, ist VÖSI-Vizepräsident Klaus Veselko überzeugt.
Es werde auch zu einer Neubewertung der kritischen Infrastrukturen kommen müssen. Dazu werden in Zukunft nicht nur Banken, Wasser- und Energie-Versorger sowie Telekommunikationsbetreiber zählen (siehe dazu NIS-Gesetz), „sondern das wird künftig auch den Gesundheitssektor mit seinen kritischen Ausrüstungen – Stichwort: Masken, Schutzkleidung, Intensivversorgungs-Equipment, Medikamente, Impfstoffe etc. – aber auch in punkto IT-Ausstattung und IT-Nutzung, betreffen“, stellt Klaus Veselko fest.
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