Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) schaltet in der Frage der Vorratsdatenspeicherung den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein. In Behandlung österreichischer Anträge entstanden bei den Verfassungsrichtern Bedenken, dass die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung dem in der EU-Grundrechtecharta verankerten Grundrecht auf Datenschutz widersprechen könnte. [...]
Deshalb wurden dem EuGH Fragen zur Vorab-Entscheidung vorgelegt. Anlass dafür sind Anträge der Kärntner Landesregierung, eines Angestellten eines Telekommunikationsunternehmens sowie zusammengefasst von mehr als 11.000 Privatpersonen gegen das österreichische Telekommunikationsgesetz über die Vorratsdatenspeicherung. Dieses Verfahren wird mit dem Vorlagebeschluss an den EuGH unterbrochen, es bleibt aber bis auf Weiteres in Kraft. Denn der VfGH kann es nicht von sich aus vorläufig außer Kraft setzen.
Der VfGH ist – nach dem irischen – der zweite Gerichtshof, der den EuGH mit der Frage der Vorratsdatenspeicherung befasst. Der VfGH werfe in seinem Ersuchen aber „mehr und detailliertere Fragen“ auf, erklärte Präsident Gerhart Holzinger am Dienstag. Er hofft auf eine rasche Antwort des EuGH, verwies Holzinger auf die durchschnittliche Dauer von 16 Monaten.
Der VfGH hat sich an den EuGH gewandt, weil er Zweifel an der Gültigkeit bzw. Auslegung des EU-Rechts hat – nämlich ob die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit dem in der Grundrechtecharta verankerten Grundrecht auf Datenschutz vereinbar ist. Ob dies der Fall ist, ist eine der sechs Fragen, die der VfGH dem EuGH vorlegte. Sollte der Luxemburger Gerichtshof einen Widerspruch erkennen, müsste er die Ungültigkeit der Vorratsdaten-Richtlinie feststellen, erläuterte Holzinger.
Die EU-Grundrechtecharta garantiere – wie die Europäische Menschenrechtskonvention und das österreichische Grundrecht auf Datenschutz -, dass jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten hat. Zwar sei dem VfGH bewusst, so Holzinger, dass die – als Anti-Terror-Maßnahme ergriffene – Vorratsdatenspeicherung die Ermittlung und Verfolgung schwerer Straftaten zum Ziel habe. Aber sie betreffe „fast ausschließlich Personen, die keinen Anlass für die Datenspeicherung gegeben haben“.
Wie Computerwelt.at bereits berichtete haben zudem Forscher der TU Darmstadt durch die Simulation von Kommunikationsnetzwerken herausgefunden, dass die Vorratsdatenspeicherung kein probates Mittel ist, um terroristische Anschläge zu verhindern. Dabei ist die präventive Identifizierung von Terroristen eines der Hauptargumente für eine standardmäßige Speicherung der Kommunikations-Daten. Laut den Forschern steigt die Wahrscheinlichkeit, einen Verbrecher durch die umstrittene sechsmonatige Speicherung der Daten zu finden, praktisch überhaupt nicht. (apa/rnf)
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